Scannen, bearbeiten, drucken: Oliver Larics Werke sind Kopie und Original zugleich. Anhand digitaler Methoden verformt, verzerrt und inszeniert der Tiroler Künstler kunstgeschichtliche Objekte und transportiert sie so in die Gegenwart. Ausgewählte Skulpturen und Videoarbeiten des Gewinners des Kunstpreises der Raiffeisen-Landesbank Tirol sind noch bis 7. November im Ferdinandeum zu sehen. Die Sonderausstellung erzählt dabei vom Umgang des Künstlers mit Autorenschaft und Authentizität sowie dem stetigen Wandel der Kunst und der Welt.
Vervielfältigte Originale
Im Werk von Oliver Laric ist jede Kopie ein Unikat. Anhand moderner Technik scannt er kunsthistorische Objekte und Skulpturen. Die 3D-Scans werden mittels spezieller Bildbearbeitungsprogramme verändert. Per 3D-Drucker werden die einzelnen Teile gedruckt und zu einer neuen Plastik zusammengesetzt. Das Ergebnis ähnelt der historischen Vorlage äußerlich, ist aber in Dimension, Farbe oder Material dennoch verändert. Charakteristisch für Larics Skulpturen ist dabei jedenfalls die Verwendung verschiedener leichter Materialien. Im Zusammenspiel mit der perlmuttartigen oder auch perforierten Beschaffenheit der Stoffe wirken die Werke beinahe schwerelos.
Drei der vier 3D-Modellierungen, die Laric bei seiner Sonderausstellung im Ferdinandeum präsentiert, sind Skulpturen aus den Sammlungen der Tiroler Landesmuseen nachempfunden. Die Werke transportieren die historischen Vorlagen in die Gegenwart und stellen in diesem Zuge die zeitlichen Dimensionen von Kunst und Museum in Frage. Darüber hinaus spiegeln die Arbeiten Larics Verständnis von Kunst als offenen Austausch wider. Mit der Website threedscans.com trägt der Tiroler Künstler diese Idee seit 2012 in die Öffentlichkeit, indem er all seine Scanvorlagen frei zur Verfügung stellt. Larics kopierte Originale zeugen damit umso mehr von einem ironisch-kritischen Spiel mit Autorenschaft und Authentizität.
Gemeinschaftsarbeiten
Die 3D-Modellierungen, die die Sonderausstellung zum RLB Kunstpreis 2020 im Ferdinandeum zeigt, gehen auf Originale aus Marmor und Bronze zurück. So präsentiert Laric zum einen zwei neue Werke, bei denen schon die Vorlagen verblüffende Ähnlichkeiten zueinander aufweisen: Francesco Antonio Franzonis „Gruppe mit zwei Wildhunden“ (ca. 1770–1790) aus der Älteren Kunstgeschichtlichen Sammlung der Tiroler Landesmuseen und das Hundepaar „The Townley Greyhounds“ (1. oder 2. Jahrhundert n. Chr.) aus dem British Museum in London. Mit seinem Skulpturenpaar „Pair of Dogs“ will Laric die zeitlichen Ebenen hinter den Kunstwerken hinterfragen. Betrachtet man eine Plastik aus dem 18. Jahrhundert heute als weniger authentisch, nur weil sie sich an einem anonymen Werk der Antike orientiert?
Zwei weitere Objekte in der Ausstellung weisen einen näheren Bezug zu Innsbruck auf, denn sie entstammen berühmten Denkmälern der Stadt. So ist Larics „Oceanus“ einer Bronzefigur des Leopoldbrunnens nachempfunden, die sich ein paar Räume weiter in der Rotunde des Ferdinandeums befindet, während sein „Theodoric“ eine authentische Fassung des schwarzen Manders „Theoderich des Großen“ in der Hofkirche ist. Die beiden Originale aus Bronze entstanden im 17. und 16. Jahrhundert als Gemeinschaftsarbeit mehrerer Kunstschaffender. Diese Herangehensweise findet sich auch in Larics Arbeit wieder, denn er sucht international nach Personen, die ihn unterstützen, seine Skulpturen aus unterschiedlichen, hochtechnologisch hergestellten Materialien zu gestalten. Derartige Brüche hinsichtlich des Materials stellen insgesamt ein typisches Merkmal von Larics Werken dar.
Unendliche Übergänge
Neben seinen Skulpturen ist Oliver Laric auch für seine Videoarbeiten bekannt, in denen er die naturwissenschaftliche und die populäre Bildsprache zeichnerisch verknüpft. Im Ferdinandeum präsentiert er „Betweenness“ von 2018 mit seiner neuen Arbeit „Untitled“. Die Schwarz-Weiß-Animationen in „Betweenness“ bestehen aus einzelnen Linien und entfalten in ihrer Abfolge meditative Szenarien: Pilze wachsen, Menschen verwandeln sich in Tiere oder halten sie in ihren Händen. Dabei loten die einzelnen Linien im stetigen Übergang von einer Szene zur nächsten ihre Wandelbarkeit aus. Die Arbeit „Untitled“ wiederum verweist auf Wachstum, Zerfall und Verwesung. Im Rhythmus des Lebens, der sich als flimmernde Zeichnung entfaltet, sind die drei Prozesse miteinander verbunden. Die Animationen erinnern mal an den Blick in ein Mikroskop, mal an komplexere Lebensstadien, wobei der Übergang zwischen den Darstellungen die ständige Entwicklung in lebenden Organismen veranschaulicht.
Oliver Laric ging 2020 als Sieger des RLB Kunstpreises hervor. Der Preis wurde 2004 von der Raiffeisen-Landesbank Tirol zur Förderung der jüngeren Tiroler Künstlergeneration gegründet. Der Preis für bildende Kunst wird alle zwei Jahre vergeben. Er richtet sich an alle im Bundesland Tirol geborenen oder lebenden Künstler bis zum 40. Lebensjahr. Vergeben werden ein Hauptpreis zu 10.000 Euro und zwei Förderpreise zu jeweils 4.000 Euro. Mit dem Hauptpreis verbunden ist eine Ausstellung im Ferdinandeum Innsbruck. Die Schau wird in Kooperation mit der RLB Tirol umgesetzt.