Stresstest: Große Banken trotzen Krisenszenarien

Die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems wurde von den europäischen Bankenaufsehern geprüft. Alle Banken nahmen die Hürde für verbindliche Kapitalanforderungen, darunter auch zwei Raiffeisen-Institute.

Erhöhte geopolitische Spannungen und national ausgerichtete Handelspolitiken, die zu steigenden Energiepreisen, fragmentierten globalen Lieferketten und schließlich zu einem deutlichen Rückgang des realen Wirtschaftswachstums führen, unter diesen Vorzeichen wurden europäische Banken einem Stresstest unterzogen. Im adversen Szenario rechnete man mit drei Krisenjahren – einem BIP-Rückgang von 6,3 Prozent bis 2027 – und daraus abgeleitet mit zunächst steigenden Marktzinsen, die eine höhere Volatilität und erhebliche Korrekturen bei Vermögenspreisen und Immobilienbewertungen nach sich ziehen. 

Verbesserte Kapitalquoten

Trotz negativer Szenarien kommt die Europäische Bankenaufsicht zu durchwegs positiven Resultaten. Im Euroraum fällt die harte Kernkapitalquote (CET1-R) im adversen Szenario zwischen Ende 2024 und Ende 2027 um 4,0 Prozentpunkte auf 12,0 Prozent. Zum Vergleich: Beim letzten Stresstest im Jahr 2023 ergab sich eine Reduktion um 5,0 Prozentpunkte auf 10,4 Prozent. Obwohl die Verluste aus dem Kreditrisiko im Vergleich zu 2023 von 548 auf 628 Mrd. Euro Ende 2027 ansteigen dürften, sollten die Banken stärker aus dem Stress-Szenario hervorgehen. „Dies spiegelt die Widerstandsfähigkeit wider, die die Banken in den vergangenen Jahren aufgebaut haben“, heißt es von der federführenden Europäischen Bankenaufsicht (EBA). Banken verfügen dank ihrer guten Ertragslage über solide Puffer gegen höhere prognostizierte Verluste.

Umfassende Übung

Der euroraumweite Stresstest findet alle zwei Jahre für die größten 96 europäischen Banken statt und umfasst gemessen an der Bilanzsumme etwa 83 Prozent des Bankensektors. Für 51 Großbanken läuft der Stresstest unter der Führung der EBA, für die anderen 45 mittelgroßen Banken unter der Leitung der Europäischen Zentralbank (EZB). Während die EBA bereits detaillierte Ergebnisse auf ihrer Website veröffentlicht hat, hat die EZB nur ausgewählte Daten publik gemacht. Wie die EZB betont: „Bei dem Stresstest geht es nicht darum, ob eine Bank den Test besteht oder nicht. Ebenso wenig wird ein Schwellenwert festgelegt, der über den Erfolg oder Misserfolg einer Bank entscheidet. Vielmehr hilft der Test den Banken, ihr Risikomanagement zu verbessern. Der Aufsicht hilft er, die Widerstandsfähigkeit der Banken zu beurteilen.“

Österreich im Mittelfeld

Auch die fünf teilnehmenden Banken aus Österreich zeigen sich krisenresistent: Erste Group Bank, Raiffeisen Bank International, Addiko, Raiffeisenlandesbank OÖ und Volksbanken. BAWAG und Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien wurden aufgrund struktureller Änderungen von dieser Übung ausgenommen. Im Aggregat landen die geprüften heimischen Banken mit einem Rückgang der Kapitalquote von 3,6 Prozentpunkten auf 13,0 Prozent harte Kernkapitalquote im europäischen Mittelfeld. Damit fällt auch für Österreich der Rückgang der Kapitalquote geringer aus als im Jahr 2023, allerdings nur um rund 0,4 Prozentpunkte.

Heterogene Performance

Auf Einzelbanken-Ebene ist die Performance heterogen, es erfüllen jedoch alle österreichischen Banken selbst im Stress-Szenario die gesetzlichen Kapitalanforderungen. „Gerade in Zeiten großer Ungewissheit erwarten wir von den Banken weiterhin eine solide Kapitalbasis. Die Wirtschaft wird auch in den nächsten Jahren mit unvorhersehbaren Herausforderungen zu tun haben und ist daher auf einen stabilen Bankensektor als Partner angewiesen“, betont FMA-Vorstandsmitglied Helmut Ettl. 

„Die aktuellen Ergebnisse unterstreichen die Widerstandsfähigkeit des österreichischen Bankensektors“, ergänzt OeNB-Direktor Thomas Steiner die Veröffentlichung der Ergebnisse. „Gleichzeitig nehmen schwer quantifizierbare Cyberrisiken und geopolitische Unsicherheiten zu – daher beobachten wir als Aufsicht die individuellen Risikoprofile der Banken mit besonderer Aufmerksamkeit.“ 

Die Ergebnisse des Stresstests fließen an verschiedenen Stellen in die Tätigkeiten der Bankenaufsicht ein, insbesondere in den aufsichtsrechtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozess (SREP). Darunter fallen zum Beispiel die Bewertung von Governance, Risikomanagement und Datenqualität der teilnehmenden Banken sowie die sogenannte „Säule-2-Empfehlung“ (P2G). Sie gibt an, wie viel Kapital die Bank nach Auffassung der EZB zusätzlich zu der für sie verbindlichen Kapitalanforderung vorhalten sollte, um sicherzustellen, dass das Eigenkapital potenzielle Verluste aus Stress-Szenarien auffangen kann. Weiters werden identifizierte Mängel bei einzelnen Banken im Nachgang des Stresstests weiterverfolgt, beispielsweise durch Vorprüfungen. 

Parallel zum Stresstest durch EBA und EZB führen OeNB und FMA auch einen Stresstest für jene österreichischen Banken durch, die nicht vom EU-weiten Stresstest erfasst sind. Aggregierte Ergebnisse werden von der OeNB Mitte November 2025 im Financial Stability Report 50 veröffentlicht. 

Kein Zurücklehnen

Das starke Abschneiden der europäischen Banken im Stresstest 2025 sei zwar beruhigend, erklärte die EBA. Doch sollte dies weder die Finanzinstitute noch die Aufsichtsbehörden dazu verleiten, sich zurückzulehnen: „Die Aufrechterhaltung einer angemessenen Kapitalausstattung ist weiterhin unerlässlich, um sicherzustellen, dass das EU-Bankensystem die Wirtschaft auch unter widrigen Bedingungen unterstützen kann und nicht zu einer Quelle der Krisenverstärkung wird.“

AusgabeRZ33-2025

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