RWA: „Wir müssen unsere Wertschöpfungskette vertiefen“

Nach der Rückholaktion der Anteile aus Bayern richtet die Raiffeisen Ware Austria den Fokus wieder auf das Kerngeschäft und will die Bereiche Saatgut und Futtermittel ausbauen.

Im ersten Halbjahr 2025 war die Baywa das alles beherrschende Thema bei der Raiffeisen Ware Austria (RWA), wie Vorstandsvorsitzender Johannes Schuster berichtet: „Wir haben alle Hände voll zu tun gehabt, damit das Feuer aus München nicht auf Korneuburg überspringt.“ Die Baywa habe sich „zu weit von der Gründungsidee wegbewegt“, analysiert Schuster. Überraschend seien im Restrukturierungsprozess auch die Baywa-Anteile an der RWA zum Verkauf gestanden. Anfang Mai hat man schlussendlich die strategische Allianz mit dem bayrischen Agrarkonzern aufgelöst und die 50 Prozent plus eine Aktie um den Kaufpreis von 176 Mio. Euro nach Österreich zurückgeholt. „Es war ein riesengroßer Kraftakt, aber gemeinsam – mit der Unterstützung aus der Großfamilie Raiffeisen – ist es gelungen“, betont Schuster. Die RWA ist nun wieder zu 100 Prozent österreichisch und zu 100 Prozent in genossenschaftlicher Hand. 

Nun arbeitet die RWA intensiv daran, aus dem Schatten der Baywa herauszutreten. „Wir verwenden unsere Ressourcen, Kräfte und Energien wieder für unseren Gründungsauftrag: die Unterstützung der Landwirtschaft und der ländlichen Regionen“, so Schuster. Mit einem Jahresumsatz von 3,5 Mrd. Euro sei die RWA, was der Werbeslogan verspricht: „Die Kraft fürs Land“. Die RWA ist der „verlängerte Arm“ zu den regionalen Lagerhaus-Genossenschaften und hat allein im Vorjahr 100 Mio. Euro in den ländlichen Raum reinvestiert. 

Ländliche Nahversorgung

Der Lagerhaus-Verbund in Österreich umfasst 70 Genossenschaften mit 100.000 Mitgliedern und zählt 13.000 Mitarbeiter und 1.200 Lehrlinge an 1.000 Standorten. „In jeder zweiten Gemeinde befindet sich ein Lagerhaus. Diese Mär, dass das Lagerhaus einen Standort nach dem anderen schließt, stimmt nicht“, betont Schuster. Im RWA-Lagerhausverbund – Niederösterreich, Oberösterreich, Burgenland und der Steiermark – habe sich die Anzahl der Standorte in den vergangenen zwanzig Jahren sogar erhöht. Österreichweit sind die Lagerhaus-Standorte um weniger als fünf Prozent zurückgegangen, während sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe im selben Zeitraum um 20 Prozent und die Zahl der Traktorenzulassungen um 30 Prozent reduzierte. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft mache eine Optimierung aus kaufmännischer Sicht da und dort notwendig, erklärt Schuster: „Wir sind Kaufleute und werden ständig an unserer Standortpolitik arbeiten.“ 

RWA-Vorstandsvorsitzender Johannes Schuster
© RWA/Sabine Klimpt

Wir verwenden unsere Ressourcen, Kräfte und Energien wieder für unseren Gründungsauftrag: die Unterstützung der Landwirtschaft und der ländlichen Regionen.

Johannes Schuster

Lukrative Produktion

Die Kostensteigerungen der vergangenen Jahre erfordern auch eine Optimierung der geschäftlichen Ausrichtung. Der Vorstandsvorsitzende skizziert die Strategie: „Wir wollen nicht nur Großhändler sein, sondern stärker auf unser Produktions-Know-how setzen.“ Vor allem der Saatgutproduktion und dem Futtermittelgeschäft werde man in den nächsten Jahren mehr Aufmerksamkeit widmen. Auch der Großteil der Investitionen werde dort hinfließen. „Wir müssen unsere Wertschöpfungskette vertiefen und dort, wo wir produzieren, können wir natürlich ganz andere Margen lukrieren“, so Schuster. In der Vermarktung liege die Handelsspanne bei rund einem Prozent, während man in der Produktion das Drei- bis Fünffache erzielen könne. 

Die RWA sei auch in umfassende Diskussionen mit den Lagerhaus-Genossenschaften eingetreten, um sich zukunftsfit aufzustellen und auch die nächsten 127 Jahre unverzichtbarer Partner der Landwirtschaft und ländlichen Region zu bleiben. 

Fokus auf Agrar

Fix ist: Agrar ist und bleibt der Gründungsauftrag und die wichtigste Sparte, neben den anderen Kernsparten: Technik, Energie, Haus & Gartenmärkte und Baustoffe. Allein bei der heurigen Sommerernte konnten 300.000 Tonnen im Getreidepool übernommen werden, dafür wurden rund 60 Mio. Euro an Akonto-Zahlungen zur Verfügung gestellt. Inklusive Bio- und Herbsternte sind es rund 90 Mio. Euro, die ausbezahlt werden, bevor die RWA selbst die Mengen vermarkten kann. „Mit dem Getreidepool leben wir unseren genossenschaftlichen Förderauftrag“, unterstreicht Schuster. Die heurige Ernte sei leicht überdurchschnittlich, allerdings „bewegen sich die Preise maximal seitwärts“. 

Der wichtigste Bereich in der Agrarsparte ist das Saatgut, erklärt RWA-Vorstand Christoph Metzker. Rund 35 Prozent der österreichischen Felder werden mit RWA-Saatgut bestellt. In Korneuburg und Lannach sowie an sieben Standorten in Zentral- und Osteuropa werden mehr als 400 Sorten Saatgut – auch in Bioqualität – produziert. Die RWA ist in Österreich an der Saatzucht Edelhof und der Saatzucht Gleisdorf beteiligt und arbeitet aktuell mit 111 internationalen Züchtern zusammen. Jedes Jahr werden 50.000 Testparzellen angelegt. Insgesamt ist der Bereich Saatgut stark gewachsen und hat im Vorjahr rund 255 Mio. Euro zum Konzernumsatz beigetragen, berichtet Metzker. Österreichisches Saatgut wird auch international geschätzt, so ist die RWA beispielsweise in Serbien Marktführer bei Saatgut. 

Willkommen in CEE

„Wir haben das Ohr am Kunden und den Blick auf die internationalen Märkte“, beschreibt Metzker die Rolle der RWA. Im Lagerhaus-Verbund ist man mit 3,5 Mio. Tonnen Getreide der größte Händler in Zentral- und Osteuropa (CEE). Der Fokus liege zwar klar auf Österreich, aber auch in den Nachbarländern bieten sich Chancen, etwa in den vertrauten Geschäftsfeldern wie Saatgut und Düngemittel. „Wir sind dort willkommen. Unsere CEE-Ausrichtung ist schon richtig, aber am Ende des Tages muss es immer einen Effekt oder Synergie für die österreichischen Bauern geben“, betont Metzker. Das Auslandsgeschäft sei wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit für die Eigentümer, also die österreichische Landwirtschaft, sicherzustellen. Die Bedeutung von CEE unterstreichen auch die Zahlen, so vermarktet die RWA etwa von den jährlich 850.000 Tonnen Düngemittel nur rund 250.000 Tonnen in Österreich.  

RWA-Vorstand Christoph Metzker
© RWA/Sabine Klimpt

Unsere CEE-Ausrichtung ist schon richtig, aber am Ende des Tages muss es immer einen Effekt oder Synergie für die österreichischen Bauern geben.

Christoph Metzker

Die RWA ist derzeit in sieben Märkten in CEE unterwegs und einer kleinen Saatgutproduktion in der Ukraine. Das Agrargeschäft in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Serbien und Rumänien trage aktuell unter 600 Mio. Euro zum Gesamtumsatz bei, das ist weniger als der Umsatz im „starken Agrarland“ Niederösterreich, setzt Schuster die Auslandsaktivitäten in Relation. Das CEE-Engagement sei deshalb auch kein Widerspruch zur als Baywa-Großaktionär geforderten „Rückbesinnung auf den bayrischen Agrarmarkt“, so Schuster mit Verweis auf deren Aktivitäten in Neuseeland und Übersee. 

Gedämpfter Ausblick

Für das Jahr 2025 erwartet der RWA-Vorstand preisgetrieben einen Rückgang des Gesamtumsatzes um 4 bis 5 Prozent. Herausfordernd seien momentan der Markt für Pflanzenschutzmittel und geringere Absätze im Weinbau. Auch die Sparte Energie verändert sich: Konjunkturbedingt wird weniger Diesel verbraucht, klimabedingt weniger Heizöl benötigt und der Markt bei Holzpellets sei überversorgt. Im Gegenzug steige die Nachfrage nach Photovoltaik-Anlagen. Bei der Baukonjunktur sehe man „erste Funken“, aber noch keinen klaren Auftrieb und auch bei Haus & Garten könne man an die guten Zahlen in den Corona-Jahren nicht anschließen. Weiterhin unter Druck sei zudem der Traktorenmarkt. 

Im Betriebsergebnis 2025 werden sich auch Zinsaufwendungen für den Baywa-Rückkauf zu Buche schlagen. Schuster prognostiziert: „Wir werden den Schnitt der vergangenen drei Jahre nicht erreichen können und sind froh, wenn wir auf 20 Millionen Euro Ergebnis vor Steuern kommen können.“

AusgabeRZ37-2025

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