Christian Giefing will aufs Olympia-Stockerl

Junioren-Europameister. Sechster bei der Junioren-WM. Doch Schwimmer Christian Giefing hat ein noch viel größeres Ziel vor Augen: Der 17-jährige Burgenländer will bei den Olympischen Spielen 2028 das Stockerl erklimmen.

Wer ein klares Ziel vor Augen hat, tut sich oft leichter, Hürden zu überwinden – und seien sie auch noch so hoch. Montags zum Beispiel quält sich Christian Giefing in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett, damit er um 5.30 Uhr in der Südstadt ins Becken springen und seine Trainingsbahnen ziehen kann. Danach geht es in die Schule, um 14.30 Uhr ist nochmal Schwimmen angesagt, danach wartet die Kraftkammer auf ihn. Ein knallhartes Programm. „Es gibt schon manchmal Momente, in denen ich denke: Noch ein paar Minuten weiterschlafen wäre schön“, erzählt der 17-Jährige mit einem Schmunzeln. „Aber wenn ich dann daran denke, was ich in meiner Karriere erreichen möchte, stehe ich trotzdem auf und gehe zum Training.“

Eine Methode, die sich beim jungen Burgenländer bereits bewährt hat. Ein guter Schwimmer war er schon immer, das liegt in der Familie. Sein großer Bruder Sebastian schaffte es bis zu den Olympischen Jugendspielen (EYOF), auch seine ältere Schwester war eine talentierte Kraulerin, die Staats- und Landesmeistertitel gewann. Aber so richtig „Klick“ gemacht hat es bei Christian vor zwei Jahren, als er sich im Jugendbereich erstmals für eine Europameisterschaft qualifiziert hat. „Ich kam bei meiner ersten Teilnahme gleich ins Semifinale und ein Jahr später ins Finale. Da habe ich gewusst: Ich will es unbedingt schaffen, einmal den EM-Titel zu gewinnen.“

Und tatsächlich, in diesem Sommer war es so weit. Bei den kontinentalen Titelkämpfen in der Slowakei ging er zwar nicht als Top-Favorit ins Wasser, aber mit einem klaren Mindset: „Ich habe mir immer wieder klargemacht, dass ich den Bewerb gewinnen will und es auch schaffen kann. Und auch als ich gemerkt habe, dass es verdammt hart wird, dachte ich: Nur weil es hart wird, will ich mich davon nicht abbringen lassen.“

Im Fotofinish zum EM-Sieg

Und hart war es definitiv. Beim Rennen über 200 Meter Freistil lieferte er sich mit dem Litauer Tajus Juska ein Kopf-an-Kopf-Duell, am Ende lag Giefing um die Winzigkeit von 15 Hundertsteln vorne, das Fotofinish musste entscheiden. Ein Wimpernschlag, doch der lang gehegte Traum wurde in diesem Moment Wirklichkeit. „Ein Wahnsinnsgefühl“, erinnert er sich an seine Emotionen an diesem 2. Juli 2025. „Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen, als ich realisiert habe, dass ich es tatsächlich geschafft habe. Einfach genial!“

Die Erleichterung ist nachvollziehbar, schließlich war es der größte Erfolg seiner noch jungen Karriere, die bis dahin allerdings auch schon einige Highlights zu bieten hatte. Staatsmeistertitel im Nachwuchs, aber auch bereits in der allgemeinen Klasse, dazu das Pulverisieren einiger österreichischer Rekorde. Wie viele Bestleistungen er in den letzten Jahren geknackt hat, weiß er dabei gar nicht so genau. „Puh, schwer zu sagen, aber es werden wohl um die zehn sein“, sagt er mit einem gewinnenden Lachen, das viel Demut, aber keine Arroganz ausstrahlt. 

Was dagegen fix ist: Die meisten dieser Rekorde (wie zum Beispiel die EM-Siegerzeit von 1:46,88 über 200 Meter, auf die er besonders stolz ist) hat er im Kraul bzw. Freistil eingeheimst, seine Lieblingsdisziplin. Auf die hat er sich schon früh als seinen Favoriten festgelegt, wobei er bis heute alle Lagen schwimmt. „Es ist für die Entwicklung besser, wenn man alles gut kann. Die Spezialisierung kommt dann mit der Zeit automatisch.“ 

Richtige Dosierung

Genauso ist es mit der gesteigerten Erwartungshaltung. Denn sechs Wochen nach dem EM-Triumph fuhr Giefing zu den Junioren-Weltmeisterschaften nach Rumänien und erreichte auch dort das Finale der acht besten Nachwuchs-Schwimmer des Planeten. Am Ende wurde es Rang sechs, womit der ehrgeizige Athlet nicht ganz zufrieden war. „Ich hatte schon das Ziel, auch dort eine Medaille zu holen. Aber da die beiden Wettkämpfe zeitlich so nah beieinander lagen, kam ich mit dem Training nicht nach“, erklärt er. Bedeutet: Innerhalb der 40 zur Verfügung stehenden Tage war es ihm nur schwer möglich, die Formkurve zum für den ganz großen Erfolg nötigen Peak zu treiben. „Man muss erst Kraft und Ausdauer aufbauen, dann aber Richtung Wettkampf das Training dosieren, um genügend Power für den Tag X zu haben. Das war in diesem Fall echt schwer.“

Seit der Corona-Pandemie geht der (Noch-)Schüler, der ab dem kommenden Sommer als Heeressportler firmiert, für den Verein ASV2000, langjähriger Partner der Raiffeisenbank Stockerau, an den Start. Was damals in erster Linie pragmatische und vor allem erfolgsorientierte Gründe hatte: „Wir hatten zu der Zeit eine Ausnahmeregelung des Staates, was den Spitzensport betrifft, deswegen konnten unsere Athleten immer trainieren, auch als alles andere stillstand“, erklärt Obmann Christian Strambach. Weil sich alle Beteiligten miteinander wohlfühlten, blieb Giefing dem Klub erhalten und fährt seine Erfolge für die engagierten Niederösterreicher ein.

Großes Ziel Los Angeles

Und ein Ende der Fahnenstange ist nicht in Sicht. Denn Giefing, der im Dezember bei der Kurzbahn-EM in Polen in der allgemeinen Klasse antritt („Da ist mein Ziel das Erreichen des Finales“), hat schon seinen nächsten Traum vor Augen und macht aus seinen großen Ambitionen auch gar keinen Hehl. „Ich möchte 2028 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles dabei sein und dort auch aufs Stockerl schwimmen“, sagt er. 

Damit würde er sogar Felix Auböck überholen, den er neben seinem Bruder Sebastian als eines seiner großen Vorbilder bezeichnet und der es 2016 in Rio, 2021 in Tokio und 2024 in Paris zu drei Olympia-Teilnahmen brachte (Anm.: aktualisiert), allerdings ohne eine Medaille zu gewinnen (einmal wurde er Vierter). 

Ein mehr als ehrgeiziges Ziel, für das er noch oft früh aufstehen und so manches Mal den inneren Schweinehund überwinden muss. Aber Christian Giefing hat ja schon oft bewiesen: Wer sich traut, groß zu träumen, kann viele Hürden nehmen und am Ende als großer Gewinner dastehen.

AusgabeRZ41-2025

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