Strabag: „Es wird viel zu wenig gebaut“

Der österreichische Baukonzern hat trotz der Konjunkturflaute Rekordauftragsbestände.

Eine funktionierende Infrastruktur, sichere Straßen, eine zuverlässige Energieversorgung, schnelles Internet, Schulen und Spitäler sind für Strabag-CEO Stefan Kratochwill, der seit Februar im Amt ist, die Lebensadern einer modernen Volkswirtschaft. Was passiert, wenn man diese vernachlässigt, könne man an Deutschland als abschreckendem Beispiel beobachten. „Je weniger in Instandhaltung investiert wird, desto mehr wird es in Zukunft kosten“, warnt Kratochwill. Die Asphaltproduktion sei in Deutschland, aber auch in Österreich so niedrig wie selten zuvor. Die Baukonjunktur sei nach der Pandemie noch nicht in Schwung gekommen. Österreich stehe vor Herausforderungen – die Investitionsdynamik stocke. Auch das EU-Budgetdefizitverfahren sei kein Motor für die Baukonjunktur. Allerdings seien von der Politik die klaren Zeichen gekommen, dass in die Infrastruktur weiter investiert werde. 

Heuer investiert die Republik Österreich insgesamt knapp 10 Mrd. Euro auf Bundesebene in die Infrastruktur – das entspricht etwa 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Jeder in die Infrastruktur investierte Euro bringe ein Vielfaches für die Wirtschaft und schaffe sowohl direkte als auch indirekte Arbeitsplätze, betont Kratochwill. Ein Sorgenkind sei seit geraumer Zeit der Wohnbau. „Es wird viel zu wenig gebaut“, konstatiert Kratochwill. Die Baubewilligungen befänden sich im Keller. „Das letzte Jahr ist es wieder etwas besser geworden.“ In der Regel seien das aber alte Projekte, neue Projekte gäbe es kaum. Um wieder mehr leistbaren Wohnraum zu schaffen, setzt Strabag auf serielle Produktion. Damit kann man die Baukosten auf unter 2.000 Euro je Quadratmeter drücken. „Wenig Planungskosten und das Produkt immer wieder gleich hinstellen“, lautet dabei das Prinzip.

„Kompensieren Bauflaute“

Strabag versucht, die schwächelnde Baukonjunktur über andere Sparten wettzumachen. In Deutschland kann man die Delle „super kompensieren, wir haben Stromtrassen mit weit über 1 Mrd. Euro im Auftragsbestand“, berichtet der Strabag-CEO. Zudem werde künftig das angekündigte Sondervermögen von 500 Mrd. Euro zur Modernisierung der Infrastruktur für einen Boost sorgen. Die Investitionen seien insgesamt auf zwölf Jahre ausgelegt. Die Weichen seien dafür im Wesentlichen gestellt, allerdings verzögere sich die Umsetzung aktuell noch und werde Ende 2026 oder wahrscheinlich 2027 anlaufen. „Die Planungsprozesse und die Genehmigungen werden sich beschleunigen müssen“, so Kratochwill. 

Wenig Freude hat der Baukonzern mit seinem aufgrund des Ukraine-Krieges sanktionierten russischen Aktionär Rasperia. Das frühere Aktienpaket des Oligarchen Oleg Deripaska ist samt 386 Mio. Euro Dividendenansprüchen eingefroren und bei der Strabag als Rückstellungen eingebucht. „Uns wäre es natürlich lieber, einen nicht sanktionierten ,Shareholder’ zu haben – es gibt immer wieder Projekte, wo wir nicht zum Zug kommen, weil wir einen russischen ,Shareholder’ haben“, vermutet der Strabag-CEO. Dessen ungeachtet habe die Strabag „relativ viel“ mit dieser Causa zu tun. Das Thema müsse allerdings auf europäischer Ebene gelöst werden. 

Die US-Zölle treffen den Konzern kurzfristig nicht direkt. „Das Baugeschäft ist ein lokales Geschäft“, betonte der CEO. Langfristig könnte aber auch der Baukonzern mögliche Folgen der US-Zollpolitik zu spüren bekommen. „Wenn es unseren Auftraggebern schlecht geht, ist das auch für uns nicht gut“, verdeutlichte der Strabag-CEO.

Geringe Marktanteile

Zwar gilt die Strabag als führendes Bauunternehmen in Österreich, doch beträgt ihr Anteil im Heimatmarkt – im Verkehrswege- und Hochbau – lediglich 5 Prozent und in Deutschland sind es gar nur 2 Prozent. Trotz der Bauflaute legte der Baukonzern im ersten Halbjahr 2025 bei der Bauleistung deutlich zu: Diese stieg um 7 Prozent auf 8,9 Mrd. Euro. Der Auftragsbestand belief sich Ende Juni auf 28,4 Mrd. Euro, was einem Zuwachs von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) kletterte um 58 Prozent auf 129,4 Mio. Euro. Unterm Strich erzielte die Strabag, an der die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien beteiligt ist, ein Konzernergebnis von 94,9 Mio. Euro – ein Plus von 4 Prozent im Jahresvergleich.

AusgabeRZ43-2025

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Mehr lesen

Aktuelles

Die Welt der Raiffeisenzeitung

Banner für die Newsletter Anmeldung
Banner: