Regionalbank trifft internationale Innovationskraft

Die Raiffeisen-Landesbank Steiermark verstärkt ihr Engagement in der Start-up-Branche. Derzeit startet das zweite „Accelerator-Programm“ in Graz.

Vor rund einem Jahr wurde der „Techhouse-Accelerator“ im Grazer Unicorn, ein Raum für Innovation am Campus der Karl-Franzens-Universität Graz, gegründet. Die RLB-Steiermark war von Anfang an als Partner mit dabei. Stets im Fokus: Die Unterstützung des digitalen Wandels der Wirtschaft, mit Hilfe von Innovation, Kreativität und kalkulierbarem Risiko. Seit Anfang März 2022 stehen die neuen Teams fest, die sich den Aufgaben der Unternehmenspartner wie Amiblu, Nutrichem, Next Incubator, Hutchison Drei, und Christof Industries stellen werden. 

Gesucht werden Start-ups in den Bereichen Industrie 4.0, Gesundheitstechnologie, alles rund um Datensicherheit, Datenmanagement, Finanzdienstleistungen, IT-Lösungen im Bereich Nachhaltigkeit sowie neue Entwicklungen bei Blockchain- oder KI-Anwendungen.

Hannes Meixner, Innovationsexperte bei der „Taten-Bank“ der RLB Steiermark, begrüßte beim zweiten „Techhouse Accelerator Batch #2“ in einem kurzen Statement bis zu 44 Teilnehmer aus Kroatien, Slowenien, Argentinien, Indien, Israel, Deutschland und Österreich. „Was wir brauchen ist der internationale Austausch zwischen Menschen, Unternehmen und den Universitäten.“ 

Richtung Demo Day

Es qualifizierten sich fünf Unternehmen: Tina Ruseva aus Deutschland, die mit „Mentessa“ eine innovative und agile Plattform für Unternehmen und Menschen entwickelt hat. „Menschen und Aufgaben sind immer unterschiedlich, deshalb muss sich die Form der Kommunikation daran anpassen“, so Ruseva. „Ziel muss die bessere Kommunikation sein. Coaching und Mentoring werden massiv an Bedeutung gewinnen.“ 

Uri Dubin vom israelischen Unternemen „RobotAI“ konnte mit einer Software überzeugen, die es Robotern ermöglicht, durch „eine einzelne, einfache RGB-Kamera die räumliche Position eines Objekt zu bestimmen und entsprechend zu handeln“.

Vesna Babic aus Kroatien packt Gesundheitsakten in ihre App „Meddox“. „Covid hat das Tempo der Digitalisierung im Gesundheitswesen enorm beschleunigt. Es hat sich herausgestellt, dass alle Daten zentral vorhanden sein müssen“, so Babic bei der Präsentation ihres Start-ups. Im Spätsommer des Vorjahres ging Meddox online, nach zwei Monaten gab es bereits über 4.000 User. „Bei Meddox hat jeder User die medizinische Dokumentation auf dem Mobiltelefon leicht bei der Hand“, so Babic. Mit der App sollen, so das Ziel der Unternehmerin, die „Menschen die Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten übernehmen, ihr Verständnis für Gesundheitsinformationen verbessern und damit insgesamt die Gesundheitskompetenz steigern.“

Lucija Velican Markovic, ebenso aus Kroatien, setzt mit „Ruth“ auf ganz neue Prozesse in der Suche nach neuen Mitarbeitenden. Es gehe um neue Bedürfnisse, „denn was für die einen eine Bedrohung ist, bietet anderen eine Chance“. 

Der indische Softwarespezialist Avinash Kaushik, Gründer und CEO von Waka World Metaverse, konnte mit seinem rein virtuellen Unternehmen überzeugen. Mittels Virtual-Reality-Brille kann man in dem von ihm geschaffenen Metaverse beispielsweise in einem Sportgeschäft für einen Avatar ein Unikat eines Markenschuhes kaufen.

Diese fünf Unternehmen starten nun in die 15-wöchige Intensivphase der Acceleration. Auf der Tagesordnung stehen unzählige Kundeninterviews, Arbeit am Geschäftsmodell und den angebotenen Services. Ziel ist es erste Umsätze zu generieren, um dann zum Abschluss der Phase, am Demo Day, ein attraktives Angebot für Investoren stellen zu können.

Voller Tatendrang

„Als Regionalbank haben wir ein extrem großes Interesse an Start-ups und findigen Unternehmern – von diesem Pioniergeist profitieren wir enorm“, begründet Hannes Meixner die Kooperation der RLB Steiermark mit Techhouse. Meixner sieht es als eine Art Standortversicherung für die Regionen, wenn ein fruchtbares Ökosystem zwischen Universitäten, Start-ups und Unternehmen entsteht und diese Investitionen für neue und nachhaltige Ideen gewinnen können.

Erste Schritte in diese Richtung durch die RLB Steiermark hat es bereits im Sommer 2018 mit der Gründung der „Taten-Bank“ gegeben. Generaldirektor Martin Schaller sagte damals zu den Beweggründen: „Durch die Unterstützung des Techhouse-Accelerators bündeln wir die Kräfte und fördern Unternehmertum und Innovation in der Steiermark. Das stärkt den Wirtschaftsstandort und die regionale Wertschöpfung. Wir in der RLB Steiermark profitieren von den Kollaborationen mit den Start-ups durch die Umsetzung vieler gemeinsamer Ideen in unserer Bank.“ Auf Basis der Programmergebnisse werde sich die RLB Steiermark auch mit entsprechendem Wachstumskapital an den Start-ups beteiligen.

Ariane Pfleger, Transformationsvorständin der RLB Steiermark, erläutert: „Durch die Bündelung innovativer Kräfte und die gezielte Förderung von Entrepreneurship in der Steiermark wird der Wirtschaftsstandort mit seiner regionalen Wertschöpfung nachhaltig gestärkt. Davon profitieren Unternehmer, Gesellschaft und wir gleichermaßen – etwa durch die Umsetzung von Ideen in unserer Bank, die gemeinsam mit den Start-ups entstanden sind.“

Hannes Meixner, bei dem sich alle Innovationsagenden in der RLB Steiermark bündeln, verweist gerne auf Erfolgsgeschichten des ersten Durchgangs des Accelerator-Programms: „Dazu gehört beispielsweise ‚Felloz‘. Mit dem von Raphael Marton in Graz gegründeten Start-up wird der Spendenprozess digital, transparent und kundenfreundlich. Spender bekommen ein positives Gefühl vermittelt, was mit ihrem Geld bewirkt wird. Denn jährliche Berichte zu veröffentlichen reicht schon lange nicht mehr aus. Es braucht vielmehr hochwertige Informationen für die Spender und einmal mehr eine Art Erlebnis, wie beim Kauf eines schönen Pullovers.“

Den Sprung über den Atlantik schaffte „Syntactic“ aus Indien, das Unternehmen konzentriert sich auf die Aufbereitung von Bits and Bytes für Data Science Anwendungen. „Der Knackpunkt bei Data Science Anwendungen liegt oft weniger in der Modellierung als in der Strukturierung der Daten. Das ist eine Tätigkeit, die eigentlich niemand wirklich machen möchte. Syntactic automatisiert diesen Schritt sehr erfolgreich.“ Leider war aufgrund der Covid-Situation die ursprünglich in Österreich angedachte Firmengründung nicht möglich – die Expansion nach Amerika wurde vorgezogen. Syntactic verfügt bereits über Kunden in den USA, wird eine weitere Kapitalrunde vollziehen und in einem nächsten Schritt nach Europa kommen.

Für Meixner ist die Quintessenz des Accelerator-Programms der internationale Austausch. „Nur Ökosysteme, die über den eigenen Tellerrand hinausblicken, werden mittelfristig erfolgreich sein.“

AusgabeRZ10-2022

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