Rund 15.000 Menschen engagieren sich als Funktionär oder Funktionärin in einer der etwa 1.500 Raiffeisen-Genossenschaften in Österreich. In Oberösterreich zählt man alleine bei den Raiffeisenbanken 2.312 dieser Mitinhabervertreter. Um der Kundenstruktur mehr gerecht zu werden und sich zukunftsfit zu positionieren, versucht man verstärkt junge Menschen – und vor allem Frauen – für ein Ehrenamt bei Raiffeisen zu begeistern. Dafür wird in Oberösterreich im Rahmen der Initiative „Raiffeisen next“ des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV) das Landesforum abgehalten.
Dabei kommen Interessierte aus ganz Oberösterreich zusammen. Manche der Teilnehmer haben bereits eine Funktion für eine Raiffeisenbank übernommen, andere befinden sich als Delegierte auf dem Weg dorthin, für ein paar wenige war das Landesforum erst der Start in die Welt von Raiffeisen und das Genossenschaftswesen. Ziel des Seminars ist es, die künftigen „Mitinhabervertreter zu ermutigen, nicht nur Verantwortung zu übernehmen, sondern diese auch wirklich zu leben, um mitgestalten und mitbestimmen zu können“, sagt Helmut Kern, Leiter des Geschäftsbereichs Strategie RBG OÖ & Sektorkoordination in der Raiffeisenlandesbank OÖ.
Dieser brachte den etwas mehr als 20 Teilnehmern die Anforderungen, aber auch die Aufgaben eines ehrenamtlichen Funktionärs näher. So sei ein „Interesse an der Weiterentwicklung der Lebensqualität in der Region“ unabdingbar als Mitinhabervertreter: „Die Vernetzung und Verankerung in der Region sind von großer Bedeutung für eine Raiffeisenbank. Als Funktionär sind Sie das Ohr an der Basis“, betont Kern. Neben dem Willen mitzubestimmen und zu entscheiden, braucht es auch die Bereitschaft zur Weiterbildung und natürlich die Identifikation mit der regionalen Raiffeisenbank als auch der Raiffeisen-Idee und ihren Werte.
„Als Funktionär sind Sie das Ohr an der Basis“
Helmut Kern
Was Raiffeisen von anderen Banken unterscheidet, erklärte Norman Eichinger, Geschäftsführer des Raiffeisenverbandes OÖ: „Dass die Kunden die Eigentümer sind, gibt es nur bei einer Genossenschaft. So kann kein Interessenkonflikt zwischen Eigentümer und Kunden entstehen. Bei Raiffeisen bleiben zudem die Gewinne in der jeweiligen Region. Die Entscheidungen treffen die Funktionäre, da gibt es keinen fernen Dritten.“
Noch mehr veranschaulichte Eichinger das Konzept der Genossenschaft und die dazugehörenden Werte anhand von Beispielen, wie der Bürgergenossenschaft St. Stefan-Afiesl. Dort haben engagierte Bürger gemeinsam mit der Gemeinde und der örtlichen Raiffeisenbank eine Genossenschaft gegründet, um das Dorfgasthaus am Leben zu halten. Weiters verwies der Verbandsdirektor auf den aktuellen Gründungsboom im Energiesektor. Die Gründung von einer „Erneuerbaren Energiegemeinschaft“ (EEG) ermöglicht es, als Produzent erneuerbarer Energie den nicht selbst verbrauchten Strom im regionalen Netz zu vermarkten. „Ein Idealfall für die Genossenschaft als Rechtsform“, wie Eichinger festhält. Die Stadt Steyr hat beispielsweise gemeinsam mit der örtlichen Raiffeisenbank die erste EEG als Genossenschaft in Oberösterreich gegründet.
Aber nicht nur die „Raiffeisen-Grundlagen“ wurden beim Landesforum vermittelt, auch bankfachliche Einblicke gewährt sowie betriebs- und volkswirtschaftliche Themen besprochen. Eine zentrale Rolle spielten zudem die aktuellen und künftigen Herausforderungen im Bankensektor: Von den Auswirkungen des Russland-Ukraine-Krieges über Bankstellenschließungen und Fusionen bis hin zum digitalen Wandel.
Anita Straßmayr, Vorsitzende des Funktionärinnen-Beirats des ÖRV, freute sich besonders über den Frauen-Anteil von knapp einem Drittel unter den Teilnehmern des Landesforums. Sie bekräftigte dennoch die Notwendigkeit des Beirats und forderte einen klaren Fokus auf Diversität und Vielfalt in den Raiffeisen-Gremien.
„die Entscheidungen sind umso besser, je diverser diese Gruppe ist“
Norman Eichinger
„Raiffeisen lebt davon, dass sich Menschen engagieren und Entscheidungen treffen. Und die Entscheidungen sind umso besser, je diverser diese Gruppe ist“, unterstreicht auch Verbandsdirektor Eichinger, der sich auch bei den Teilnehmern bedankte, dass sie sich in ihrer Freizeit für Raiffeisen engagieren. „Wir freuen uns, dass Sie sich die Zeit nehmen, um sich für die Mitglieder, die Sie gewählt haben, einzusetzen. Jeder von Ihnen ist ein wichtiges Zahnrad im großen Raiffeisen-Gefüge, das nie funktionieren würde, gäbe es diese vielen engagierten Menschen nicht.“
Zum Abschluss des Landesforums wurden die Teilnehmer zu einem abendlichen Kamingespräch mit RLB-Generaldirektor Heinrich Schaller und RLB-Aufsichtsratsvorsitzenden Volkmar Angermeier eingeladen. Der persönliche Austausch mit der oberösterreichischen „Sektorspitze“ soll vor allem die Verbundenheit bei Raiffeisen demonstrieren, aber auch die Wichtigkeit der neuen Generation an Funktionären für den Sektor verdeutlichen.