Zu lange bläst die Menschheit schon unbedarft Treibhausgase in die Atmosphäre. Das lässt die Durchschnittstemperatur der Erde kontinuierlich steigen. Und die Auswirkungen dieser Erderwärmung sind massiv: In Kärnten werden Täler überschwemmt, in Niederösterreich kämpft man mit Trockenheit auf den Feldern und in Tirol schmelzen die Gletscher!
Die Notwendigkeit das Energiesystem von fossilen auf erneuerbare Energieträger umzustellen, ist also nicht mehr wegzudiskutieren. Zielvorstellung einer grünen Zukunft ist aber nicht nur die Energiewende, sondern auch mit den natürlichen Ressourcen – Sonne, Wasser, Wind – den Energiebedarf möglichst zu decken. Gerade jetzt unterstreichen die Auswirkungen der Ukraine-Krise die Bedeutung einer solchen (Energie-)Unabhängigkeit.
Damit diese Vorstellung Realität werden kann, muss „die Elektrifizierung forciert werden, also das Energiesystem komplett auf Strom umgebaut werden“, weiß Nikolaus Fleischhacker, CEO von FEN Research und Mitbegründer des Green Energy Centers Europe (GEC) in Innsbruck, eine privatwirtschaftlich organisierte Codex-Partnerschaft von Playern aus der Industrie und Start-ups.
Enormes Speicherpotenzial
Wesentlicher Vorteil des elektrischen Stroms ist, dass man mit ihm alle möglichen Prozesse hocheffizient umsetzen kann. Sei es beispielsweise das Heizen mit einer Wärmepumpe, batterieelektrische Mobilität oder das Befeuern von Industrieprozessen, erklärt Fleischhacker. Dass sich Strom aber nicht direkt speichern lässt, erschwert den Weg in eine grüne Zukunft. „Die direkte Stromnutzung, also der Power-on-Demand-Prozess, ist auch ein wesentlicher Kostenfaktor beim Strom. Die Netzbetreiber müssen stets dafür sorgen, dass immer genügend Leistung vorhanden ist, wenn sie gebraucht wird“, erläutert der Experte.
Die in Österreich vorhandenen Pumpspeicherkraftwerke schaffen dabei natürlich Abhilfe, sind aber bei Weitem nicht ausreichend. Es brauche mindestens um den Faktor 10 bis 20 mehr an Speicherapazität, weiß Fleischhacker. Und hier kommt Wasserstoff ins Spiel. Eine seiner größten Stärken ist auch sein Energiespeicherpotenzial. „Mit Wasserstoff können wir im Sommer Energie einlagern, die den Bedarf für den Winter deckt und dafür auf die bestehende Erdgasinfrastruktur mit Pipelines und Speichern zurückgreifen“, betont Fleischhacker.
Vorteile im Verkehr
Im Individualverkehr wird der Wasserstoff nicht die batterieelektrische Mobilität ersetzen. Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge mit Akku ist voll im Gange und kann den Mobilitätsbedarf gut abdecken. Viel mehr Potenzial hat der Wasserstoff aber im Bereich der Logistik, des Personen-Nah- und -Fernverkehrs sowie der Schwerlasttransporte.
„Überall dort, wo große Lasten über weite Strecken transportiert werden müssen und kurze Betankungszeiten notwendig sind, da kann Wasserstoff seine Stärke ausspielen“, sagt Fleischhacker. Die Batterie für einen Elektro-LKW ist bei vielen Einsatzgebieten zu groß, zu schwer und braucht zu viel Zeit zum Laden. Mittlerweile wird deshalb an Wasserstoff-LKWs, -Bussen, -Pistenraupen, -Muldenkippern, -Traktoren bis hin zu -Drohnen und -Flugzeugen gearbeitet.
Laufende Forschung
Da Wasserstoff nicht einfach abzubauen ist wie andere Rohstoffe, muss er hergestellt werden. Die wesentlichste Technologie dafür ist die Elektrolyse. Dabei wird Wasser mittels Strom in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Sinn macht das Ganze natürlich nur, wenn der Strom dafür aus erneuerbaren Quellen kommt.
Wie so etwas funktionieren kann, wird im Projekt „HyWest“ erforscht. Dabei werden komplementär entwickelte Wasserstoff-Projekte beim Lebensmittelhersteller und Nahversorger MPREIS, den Zillertaler Verkehrsbetrieben und der TIWAG-Tiroler Wasserkraft zusammengeführt. Ziel ist es, grünen Wasserstoff mit Hilfe von Pioniertechnologien und regionalen Ressourcen in der richtigen Menge und Qualität zu minimalen Kosten zur richtigen Zeit bedarfsgerecht verfügbar zu machen. Bei MPREIS wird bereits grüner Wasserstoff gewonnen, der dann als Treibstoff für die LKW-Flotte dienen soll. Begleitet wird das Projekt vom Green Energy Center.