Beim schnellen Blick in den Geschäftsbericht der Raiffeisen-Landesbank Tirol sticht einem gleich die gesunkene Bilanzsumme ins Auge: Mit 10,3 Mrd. Euro verzeichnet man um rund 580 Mio. Euro weniger als im Jahr 2021. Das liege an der Rückführung von Refinanzierungslinien der EZB, wie Risikovorstand Christof Splechtna erklärt. Alle anderen Positionen würden sich aber „im Rahmen des Wirtschaftsverlaufs bewegen“. So erhöhten sich die Ausleihungen auf 3,4 Mrd. Euro (2021: 3,3 Mrd. Euro), während die Einlagen auf rund 2,3 Mrd. Euro (2021: 2,2 Mrd. Euro) stiegen.
„Die fehlende RBI-Dividende tut weh“, sagt Splechtna. Die im Vergleich zum Vorjahr 14 Mio. Euro weniger, habe man aber durch einen höheren Zinsertrag und ein besonders gutes Risikoergebnis auffangen können. Insgesamt erwirtschaftete die RLB Tirol ein Betriebsergebnis von 32,3 Mio. Euro und ein EGT von in Höhe von 28,5 Mio. Euro (2021: 31,2 Mio. Euro). Das sei zwar weniger als im Vorjahr, „aber immerhin das zweitbeste Jahr in der RLB-Geschichte“, unterstreicht Splechtna.
Das Kernkapital umfasst Mittel in Höhe von 487 Mio. Euro (2021: 467,7 Mio. Euro) und wurde aus dem Jahresgewinn mit 12 Mio. Euro zusätzlich dotiert. Damit steigt die Kernkapitalquote auf 15,8 Prozent (2021: 15,5 Prozent).
Positive Entwicklung
„Sehr dynamisch“ habe sich das Firmenkundengeschäft mit einem Kreditwachstum von 4,6 Prozent gezeigt, sagt Thomas Wass, stellvertretender Vorstandsvorsitzende und Vertriebsvorstand der RLB Tirol: „Die Nachfrage war aktiv und hoch. In Unternehmen jeder Größe haben ausgehend von der Corona-Pandemie regionale Verankerung und Partnerschaft, insbesondere aber persönliche Ansprechpartner, an Bedeutung gewonnen. Selbst für uns als Marktführer liegt darin noch Wachstumspotenzial.“
Im Privatkundengeschäft sei mit der Zinswende der EZB wieder eine gewisse Normalität eingezogen: „Sparprodukte werfen für Anleger wieder etwas ab. Das war mit der jahrelangen Nullzins-Politik der EZB lange nicht so. Es ist ein gutes Gefühl, dass die Einlagen unserer Kunden wieder verzinst werden“, so Wass.
„Das letzte Jahr war nicht nur geprägt vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, von der Energiekrise und von hoher Inflation, sondern auch von vielen positiven Entwicklungen wie etwa der erfolgreiche Abschluss unseres umfassenden Strategieentwicklungsprozesses“, betont RLB-Vorstandsvorsitzender Reinhard Mayr: „Deshalb bin ich auch überzeugt, dass wir gemeinsam alle Herausforderungen meistern werden, die wir uns vorgenommen haben.“
Neue Spitze
Der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Michael Misslinger leitete heuer zum letzten Mal die Hauptversammlung der RLB Tirol. Nach 47 Jahren bei Raiffeisen, davon 14 Jahre im RLB-Aufsichtsrat und 9 davon als dessen Vorsitzender legt er sein Mandat pensionsbedingt nieder. Hermann Kuenz, Obmann des Raiffeisenverbandes Tirol, ehrte Michael Misslinger für sein langjähriges und außerordentliches Engagement für die Raiffeisenorganisation das Ehrenzeichen des Raiffeisenverbandes Tirol. Auch die RLB-Vorstände bedankten sich mit einer Ehrenurkunde bei dem „wirkungsvollen Vermittler, Vordenker und großen Strategen, der das genossenschaftliche Bankwesen von der Pike auf gelernt, verinnerlicht und gelebt hat“.
Mit Misslingers Ausscheiden beginne nun eine neue Zeitrechnung, mit Johannes Peter Bachler, Geschäftsleiter und Vorstandsvorsitzende der Raiffeisenbank Kitzbühel-St. Johann, habe man aber einen würdigen Nachfolger gefunden.