Der Knoten ist geplatzt

Mit seinem Staatsmeistertitel beim Ironman in Klagenfurt hat sich Triathlet Georg Enzenberger für die WM in Nizza qualifiziert. Es war ein emotionaler Sieg nach langer Durstrecke und ein Zeichen dafür, wie wichtig das passende Mindset für den Erfolg ist.

Bei einem Ironman-Bewerb hat oft derjenige die Nase vorn, der nach fünf, sechs oder sieben Stunden Qual noch einen hinreichend kühlen Kopf hat, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Georg Enzenberger hatte in Klagenfurt bereits 3,8 Kilometer Schwimmen und ein paar Dutzend Kilometer auf dem Rad in den Knochen, als er einen Entschluss fassen musste: Schließe ich mich der Ausreißergruppe an oder verbleibe ich im Hauptfeld? Wo sind die Chancen auf ein gutes Resultat größer? „Ich habe mich gut und frisch gefühlt, also bin ich mit zwei anderen Athleten ganz vorne mitgefahren“, erzählt er. „Das war letztlich der Grundstein für den Erfolg, da ich beim abschließenden Marathon meinen Vorsprung auf das restliche Feld verteidigen konnte.“ Konkret: Als bester Österreicher erreichte er im Gesamt-Klassement Rang drei. Und somit den bisher größten Erfolg in seiner Karriere, verbunden mit dem österreichischen Staatsmeistertitel und der Qualifikation für die Teilnahme bei der WM in Nizza im September.

Für Enzenberger war es allerdings viel mehr als das reine Ergebnis, das ihm eine tiefe Befriedigung verschaffte. Denn es war das erste Rennen seit Anfang 2021, bei dem endlich mal alles aufging. Kein technischer Defekt, keine Verletzung, kein Formtief zur Unzeit, das ihm eine gute Platzierung verhagelte. Das ist deshalb so wichtig, weil sich der Oberösterreicher mit Beginn der Saison 2021 entschied, nicht mehr als Amateur, sondern als Profi seine Rennen zu bestreiten. „Seitdem war irgendwie der Hund drin. Da fängst du schon an zu grübeln und hinterfragst alles. Umso schöner war es, in Klagenfurt die Bestätigung zu bekommen, dass ich meine guten Leistungen aus dem Training auch im Wettkampf umsetzen kann.“ 

Bei der Frage, warum es ausgerechnet jetzt geklappt hat, muss der 29-Jährige nicht lange überlegen. Denn seit geraumer Zeit arbeitet er mit einem Sportpsychologen zusammen, der ihm das passende Mindset mit auf den langen Weg gegeben hat. „Ich hatte mir bisher immer vorgenommen, ein gutes Ergebnis abzuliefern. Diesmal lag mein Fokus einzig und allein darauf, meine persönlich bestmögliche Leistung abzurufen. Der innere Druck, mir selbst etwas beweisen zu müssen, war dadurch weg.“ Was dazu führte, dass er bereits in den Tagen vor dem großen Rennen eine Gelassenheit verspürte, die er sonst bei sich nicht kannte. Und die ihm beim kräftezehrenden Dreikampf den nötigen Drive verlieh, um an seine Grenzen zu kommen.

Vom Amateur zum Profi

Denn rein sportlich hatte sich Enzenberger bis dahin nichts vorzuwerfen. Seit er 2015 seinen ersten Triathlon absolvierte, ging es stetig für ihn bergauf. Bereits zwei Jahre später stand er erstmals beim legendären Ironman auf Hawaii am Start und wurde Weltmeister in der Altersklasse der 18- bis 24-Jährigen. „Ich habe anscheinend ein Talent dafür, neue Abläufe schnell zu verstehen und umsetzen zu können. Auch dass ich mich ein Jahr für diesen Bewerb im Training quälen musste, hat mich nicht gestört. Im Gegenteil, es hat mir richtig viel Spaß gemacht.“

Triathlet Georg Enzenberger beim Laufen
© APA/EXPA/DOMINIK ANGERER

Als er 2019, wieder auf Hawaii, in der Altersklasse 25 bis 29 Jahre Zweiter wurde, reifte langsam der Entschluss, das Dasein als Amateur hinter sich zu lassen und sein Glück als Profi zu versuchen. Also reduzierte er seinen Job als Produktentwickler bei Guschlbauer Backwaren von 40 auf 20 Stunden und investierte noch mehr Zeit und Gehirnschmalz in sein Training. „Gott sei Dank habe ich in meiner Firma tolle Chefleute, die immer sehr viel Verständnis für meine Situation aufbringen und mir Freiheiten einräumen, wann ich meine Aufgaben erledige. Das hilft mir bei meinen Planungen enorm.“ Was nicht heißt, dass der Doppelpass zwischen Job und Sport nicht auch anstrengend ist. Da die Trainingszeiten in der Schwimmhalle auf der Gugl vorgegeben sind, werden Lauf- und Radeinheiten flexibel drumherum geplant und mit den Regenerationszeiten möglichst optimal abgestimmt. 

Es gibt aber noch einen anderen, viel größeren Unterschied zwischen dem Amateur- und Profistatus – und zwar in der Herangehensweise bei den Rennen. „Profi-Bewerbe haben eine ganz andere Dynamik, weil sie viel taktischer geprägt sind“, erzählt Enzenberger. „Bei Amateur-Rennen will jeder nur sein Bestes geben, um am Ende möglichst weit vorne zu sein. Bei den Profis geht es darum, an den richtigen Stellen auch mal Kräfte zu sparen, um in den entscheidenden Momenten seine Stärken ausspielen zu können.“ So wie es ihm in Klagenfurt bei seiner Entscheidung auf dem Rad gelungen war.

Vorbereitungen auf WM 

Das soll natürlich auch die Devise für das kommende Highlight sein. Denn ab sofort ist der Fokus auf die Weltmeisterschaft gerichtet, die am 10. September in Nizza stattfindet. Vor allem beim Schwimmstart sieht er bei sich selbst noch Verbesserungspotenzial, auch auf der 42,195 Kilometer langen Laufstrecke ist noch Luft nach oben. Beim Trumer Triathlon Mitte Juli will Enzenberger zur Vorbereitung auf der (deutlich kürzeren) Mitteldistanz starten, ein weiterer Wettkampf ist nicht geplant. „Da fahre ich lieber im August nach Nizza, um mir die Gegebenheiten vor Ort anzuschauen und ein Gefühl für die Strecke zu bekommen. Das bringt mir mehr.“

Triathlet Georg Enzenberger beim Schwimmen
© EXPA/APA/picturedesk.com

Eine konkrete Platzierung, die er an der Côte d’Azur anstrebt, will er sich nicht entlocken lassen. Wäre ja auch blöd, schließlich hat genau die Abkehr von diesem Druck dafür gesorgt, dass der Knoten bei ihm geplatzt ist. Außerdem ist allein die WM-Teilnahme als Profi bereits die Erfüllung eines Traumes. „Um von einem Stockerlplatz dort reden zu können, müsste ich mein Umfeld noch einmal mehr professionalisieren und komplett auf meinen Job verzichten, sonst ist das kaum möglich“, verrät er. Ein Risiko, das es gut zu kalkulieren gilt. Momentan ist die Rechnung so: „Mit meinem Verdienst im Job finanziere ich mein Leben, mit meinen Einnahmen aus Sponsoring den Sport.“ So ist mit der Raiffeisenbank Region Eferding, mit der er bereits im vierten Jahr kooperiert, ausgemacht, dass diese im Rahmen einer Partnerschaft die Kosten für die Trainer deckt, Enzenberger dafür das Logo mit dem Giebelkreuz in die Welt trägt. Ein Agreement, von dem beide Seiten profitieren. Noch mehr, wenn er aus Nizza mit einem starken Ergebnis zurückkommt. 

Und eins ist auch klar: Auf der Ironman-Distanz kommt er erst in das beste Alter, denn gerade da spielt die Erfahrung eine riesige Rolle. Und eben die Fähigkeit, auch in den ärgsten Stresssituationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

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