„Wir wollen in der Region Akzente setzen“

Bergbahnen, Biomasse, banknahe Dienstleister, Immobilien, Modelleisenbahn und mehr – der Raiffeisenverband Salzburg (RVS) will seine Beteiligungen nachhaltig miteinander verschränken. Wie die Strategie aussieht, erklärt Andreas Derndorfer, RVS-Geschäftsleiter für Unternehmenssteuerung.

Eine Kollage aus vier Bildern: das TEchno-Z, ein Hobex Terminal, Holzschnitzel und eine Snow-Space-Flachau-Gondel
© Techno-Z; Hobex; Adobe Stock; Snow Space Flachau/Christian Schartner

Der Raiffeisenverband Salzburg hat etwa 70 Unternehmen im Beteiligungsportfolio. Welchen Stellenwert hat dieser Geschäftsbereich?
Derndorfer: Neben dem klassischen Bankgeschäft ist es eines unserer Kerngeschäftsfelder. Abgesehen von unserer Beteiligung an der Raiffeisen Bank International sind wir im Bundesland sehr stark unternehmerisch tätig. Seit jeher führen wir das Salzburger Lagerhaus als Abteilung des Raiffeisenverbandes, daher sind wir nicht nur Bank. Grundstücke kaufen, Expansionspläne machen, Strategien formulieren – wir waren immer auch Unternehmer. 

Wie ist man zu den Beteiligungen gekommen?
Derndorfer: Im Bereich Biomasse waren es Kreditengagements, die nicht mehr zurückgeführt worden sind. Nachdem sich auch die Bundesforste zurückgezogen haben, sind wir gemeinsam mit der Kelag, dem lokalen Energieversorger aus Kärnten, übriggeblieben und haben die Biomassewerke saniert. Heute schreiben alle schwarze Zahlen und passen perfekt in unsere Nachhaltigkeitsstrategie und perfekt zur Regionalität des Raiffeisenverbandes. Was gibt es Schöneres, als in der Region aus regionalem Rohstoff Wärme und Strom zu erzeugen?

Und wie haben sich die Beteiligungen bei den Bergbahnen aufgebaut?
Derndorfer: In Wagrain hat sich Mitte der 90er-Jahre ein Kapitalbedarf ergeben und zu wenige in der Region wollten oder konnten zeichnen, also sind wir auch dort Aktionär geworden. 2018 haben wir dann die Flachauer Bergbahnen übernommen und gemeinsam die Marke „Snow Space Salzburg“ kreiert.

Das Beteiligungsgeschäft hat also mit Sanierungsfällen begonnen?
Derndorfer: Nein, begonnen hat es mit unserer Lagerhaus-Schiene und das war eine bewusste Entscheidung. Dort kommt auch unser unternehmerischer Zugang her. Der Rest ist individuell entstanden. Die Therme Tauern Spa Kaprun, wo wir gemeinsam mit der RLB Oberösterreich beteiligt sind, war eine bewusste Entscheidung. Auch die eine oder andere Bergbahn-Beteiligung. Wir beteiligen uns oft aktiv, um die Region zu stärken. Wären wir in Wagrain nicht eingestiegen, hätte es keine Weiterentwicklung gegeben und man wäre nicht prosperierend in die Zukunft gegangen. So haben wir das Skigebiet übernommen und rückblickend ist daraus eine Erfolgsgeschichte entstanden.

Welche Strategie verfolgt der RVS mit seinen Beteiligungen?
Derndorfer: Wir wollen in der Region wirtschaftspolitische Akzente setzen, dort wo wir glauben, dass es richtig ist. Das ist einerseits im Wintertourismus und in weiterer Folge im Sommertourismus. Andererseits auch in der Versorgungsstruktur mit unseren Biomassewerken.

Was war die jüngste Beteiligung und nach welchen Kriterien wird ausgewählt?
Derndorfer: Seit 2019 sind wir am Skigebiet Dachstein-West beteiligt, das war unsere letzte große Beteiligung, die wir aktiv eingegangen sind. Da war ebenfalls die Fragestellung, wie kann man sicherstellen, dass das Skigebiet im Tennengau eine positive Zukunft hat. Wenn wir nicht eingestiegen wären, wäre vermutlich heute dort kein Skigebiet mehr. 

Andreas Derndorfer im Gespräch
© RVS/Waltraud Dorn

Wie stark steigt man als Raiffeisenverband ein? Strebt man Mehrheitsbeteiligungen an?
Derndorfer: Wir sagen nicht, ohne Mehrheit machen wir es nicht. In Wagrain haben wir lange 43 Prozent der Aktien gehalten und das war auch gut. An den Aberg Bergbahnen halten wir auch 41 Prozent. In der Regel macht man es mit den Menschen in der Region und wenn die mitbeteiligt sind, ist das umso besser. Eine frische Beteiligung ist auch das Nahversorgungszentrum – ein Immobilienprojekt in der Stadt Salzburg – wo Ende Februar der Rohbau fertig sein wird. Das Zentrum entsteht gegenüber vom Techno-Z, das übrigens ebenfalls uns gehört. Wir sind auch ganz groß bei Büroimmobilien.

Welchen Ergebnisbeitrag haben die Beteiligungen im Vorjahr geliefert?
Derndorfer: Im Jahr 2022 waren es rund 18 Mio. Euro und das ohne RBI-Dividende. Im Jahr 2021 hatten wir 12 Mio. Euro – mit RBI-Dividende –, aber aufgrund von Verlustzuweisungen aus den Coronajahren bei den Bergbahnen. Der Staat hat zwar sehr umfangreich und großzügig unterstützt, was bei den Hoteliers ausgereicht hat, aber nicht bei den großen Bergbahnen. 

Wie läuft die aktuelle Wintersaison?
Derndorfer: Wir steuern auf einen Rekordwinter zu, aber leider gibt es in der Öffentlichkeit eine verzerrte Wahrnehmung. Es wurde vom fehlenden Winter, hohen Preisen und von einer schwierigen Zukunft berichtet. Wenn man allerdings große Skigebiete betreibt, sieht man das Verhalten ist wie eh und je. Die Skipisten sind in einem perfekten Zustand und die Umsätze sprudeln. Viele Hüttenwirte berichten vom besten Jänner aller Zeiten. Natürlich ist heuer der Schnee etwas später gekommen, aber es gab davor weiße Skipisten, wo das Skifahren perfekt möglich gewesen ist. Als Gast hatte man keine Einschränkungen – außer, dass man ins grüne Tal schauen musste. 

Nachhaltigkeit im Alpentourismus hat bei Ihnen einen hohen Stellenwert, warum?
Derndorfer: Wir haben die größte Bergbahn in Salzburg und damit auch Verantwortung. Es geht auch um unsere Geschäftsgrundlage, darum muss man schauen, dass das auch in Zukunft funktioniert. Man muss das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst nehmen. Es gibt auch Umfragen, dass für Skiurlauber neben der Größe und der Erreichbarkeit auch die Nachhaltigkeit entscheidend ist. Als großes Unternehmen muss man hier Antworten liefern können. Wir verkaufen deshalb mit jedem Skiticket eine kostenlose Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mit.

Wir haben die größte Bergbahn in Salzburg und damit auch Verantwortung. Man muss das Thema Nachhaltigkeit sehr ernst nehmen.

Andreas Derndorfer

Snow Space Salzburg hat sich zum Ziel gesetzt bis zur Saison 2025/26 ein klimaneutrales Skigebiet zu werden.
Derndorfer: Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel, für das es auch die Industrie braucht. Schon heute kommt der Strombedarf ausschließlich aus Ökostrom. Die andere Hälfte des Energieverbrauchs geht allerdings für die Pistenpräparierung drauf. Da haben wir heuer ein Wasserstoffgerät getestet, wo man schauen muss, ob der Pistengerätehersteller das bis 2025 in die Serie bringen kann und es zu diesem Zeitpunkt auch lokal verfügbaren grünen Wasserstoff gibt. 

Wie hoch sind die Investitionen, um dieses Ziel zu erreichen?
Derndorfer: Das kann man nicht sagen, weil es noch keine Antworten gibt, wie man 2025/26 Pisten präpariert. Wir sind jedenfalls bereit, auch mögliche Mehrkosten zu tragen. 

Der Klimawandel schreitet trotz allem weiter voran. Machen Sie sich Sorgen, dass es irgendwann keinen Schnee mehr gibt?
Derndorfer: Nein. Es gibt in Salzburg für jedes Skigebiet eine ZAMG-Studie und über alle Skigebiete ist der Sucus, dass man 2050 im Kernwinter – von Weihnachten bis Ende März – immer noch Skifahren kann. Die Zeit davor und danach wird in Tallagen schwieriger, aber ab 1.200 Meter sollte das problemlos bewerkstelligbar sein. Der Aufwand für die technische Beschneiung wird weiter steigen, das sehen wir heuer schon, aber es ist das Geschäftsmodell grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Es ist auch keine Option zu sagen, man hört jetzt damit auf, sondern man muss den Wintersport verantwortungsvoll in die Zukunft entwickeln. Die wenigen Einnahmeausfälle aus dem Winter sollten wir durch mehr Sommertourismus egalisieren.

Will der RVS das Beteiligungsgeschäft generell weiter ausbauen?
Derndorfer: Dort wo es Sinn macht. Wenn Eigenkapital von einem verlässlichen Partner notwendig ist, um die Region zu unterstützen, dann machen wir das. 

Trennt man sich auch von Beteiligungen?
Derndorfer: Ja, wenn sie nicht mehr zu unserer strategischen Ausrichtung passen. Zum Beispiel waren wir jahrelang an der Salzburg München Bank beteiligt, aber das Deutschland-Geschäft hat für uns im Retailbereich wenig Bedeutung, sondern mehr im Private Banking- und Firmenkundenbereich und da betreuen wir von der Stadt Salzburg aus. Diese Beteiligung haben wir verkauft. Auch vom Schlachthof Salzburg haben wir uns vor Jahren getrennt und an ein Unternehmen verkauft, das eine ganz andere Wertschöpfungskenntnis hat, um hier gewinnbringend tätig werden. 

Biomassewerke sind derzeit im Aufwind. Wie viele gibt es und werden neue errichtet? 
Derndorfer: Wir haben aktuell fünf Beteiligungen und ja, wir überlegen und schauen mit lokalen Energieversorgern, ob neue Biomassewerke Sinn machen und wo wir Anknüpfungspunkte finden können. Noch sind aber keine Entscheidungen gefallen, aber sie passen perfekt zu unserer nachhaltigen Ausrichtung. 

Der RVS hat auch einige Spezialbeteiligungen wie die Roco Modelleisenbahnen. Wie läuft diese Beteiligung?
Derndorfer: Die Modelleisenbahn ist wirtschaftlich saniert. Unsere Aufgabe war es, das Unternehmen zu stabilisieren und zukunftstauglich zu machen. Es ist nicht unsere Kernaufgabe, dass wir dauerhaft eine Modelleisenbahn betreiben. Unsere Kernaufgabe war es, dass wir das Unternehmen sanieren und drittmarkttauglich machen. 

Auch die Hobex wird vom Raiffeisenverband maßgeblich geführt. Wie entwickelt sich diese Beteiligung?
Derndorfer: Die Hobex ist eine Erfolgsstory und hat sich in den vergangenen Jahren super entwickelt, weil im Zahlungsverkehr immer öfter bargeldlos bezahlt wird. Im laufenden Geschäftsjahr haben wir bei der Hobex einen Umsatzzuwachs bei den Kundenumsätze von 25 Prozent gehabt. Im Durchschnitt der vergangenen sechs Jahre waren wir bei 20 Prozent jährlichen Steigerungen. Der Trend zu bargeldlosen Bezahlen ist ungebrochen. 

Andreas Derndorfer im Gespräch
© RVS/Waltraud Dorn

Welche Beteiligung macht Ihnen am meisten Freude?
Derndorfer: Snow Space Salzburg, weil es eine Idee war, die ich mitgeprägt habe.

Sehen Sie dort noch Erweiterungsmöglichkeiten?
Derndorfer: Jetzt sind wir gerade dabei, dass wir die Fusion Alpendorf Bergbahnen mit Snow Space vollenden. Damit zählt das Unternehmen zu den Top 3 der österreichischen Seilbahnen, viel mehr kann man nicht mehr holen. Wir sind mit dem Status-quo sehr zufrieden und sehen aufgrund der Umsätze, die bis jetzt da sind, dass das Geschäftsmodell wirklich gut funktioniert. Im Vergleich zum Vorjahr liegen wir aktuell bei den Umsätzen über 50 Prozent vorne. Es ist ein schöner Winter 2022/23, damit hat man die Corona-Verluste ausgleichen können.

Man merkt Ihr Herz schlägt stark für den Tourismus. Sind Sie schon mehr Touristiker als Bankmanager?
Derndorfer: Nein, ich bin schon noch Bankmanager, aber südlich von Hallein gibt es nur sechs Großbetriebe, die vom Salzburger Wintertourismus wirklich unabhängig sind, wobei Atomic einer davon ist. Wintertourismus ist die Lebensgrundlage unseres Bundeslandes, darum schauen wir natürlich mit Argusaugen drauf. Ein Banker muss Interesse daran haben, dass es der Region gut geht und die Wirtschaft floriert – und das basiert in Salzburg ganz stark auf Tourismus.

Die Aufseher sehen Beteiligungsgeschäfte von Banken stets kritisch. Sie sind ja auch Risikomanager, wie viel Sorgen bereitet dieses Kerngeschäft?
Derndorfer: Eine Beteiligung ist per se kein Risiko. Es kommt darauf an, wie man die Beteiligungen in den Büchern hat und wie man sie gestioniert und da sind wir seit jeher sehr risikoavers. 

Aber der gemischte Verband in Salzburg wird sich dennoch auflösen, oder?
Derndorfer: Wir sind ja auch wegen der Revision ein gemischter Verband und die lösen wir nicht heraus. Aber ja, unsere schönste Beteiligung wird in Zukunft das Salzburger Lagerhaus sein, die wir aufgrund der Umstellung auf Eine IT herauslösen. 

Noch zum Ausblick: Wie wird das Beteiligungsgeschäft mittelfristig aussehen? 
Derndorfer: Den Bereich Biomasse möchte ich stärker mit den Notwendigkeiten aus dem Wintertourismus verschränken, Stichwort grüner Wasserstoff. Vielleicht gibt es noch das eine oder andere neue Biomassewerk, um die Unabhängigkeit von russischem Erdgas sicherzustellen und auch um den regionalen Rohstoff Holz zu verarbeiten. Insgesamt müssen wir schauen, dass unsere Beteiligungen untereinander stärkere Anknüpfungspunkte finden.