Den Mutigen gehört die (Rad-)Welt

Das während der Corona-Pandemie gegründete Cycling Team Weichberger – KTM hat sich schnell zu einer der herausragenden Rad-Mannschaften Österreichs im Amateurbereich entwickelt. Mitgründer und Fahrer Julian Gruber erklärt, warum so ein „waghalsiges Unterfangen“ nur mit starken Partnern gelingen kann.

Oft ist es ja so, dass die erfolgreichsten Projekte aus der Not heraus geboren werden. Das war auch bei Julian Gruber der Fall, als er im Herbst 2020 nach fünf Jahren als Profi-Radfahrer an einem Scheideweg stand. Der Wieselburger brauchte ein neues Team, Corona nagte wie ein lästiger Biber an der Sportwelt, noch dazu hatte er ein spannendes Angebot, einen Job als Filialleiter eines großen Radgeschäfts annehmen zu können. Was also tun? Den Traum vom Profi, der es zu den großen Rundfahrten schafft, aufgeben? Weiter nach einem Team fahnden, bei dem die Gagen schmal und der Aufwand riesig sind? Oder einen ganz anderen Weg gehen?

Was machten also er und sein ebenso Radsport-begeisterter Bruder Patrick: Sie gründeten einfach ein eigenes Team, eines mit Amateur-Status, mit dem man weiterhin an Rennen teilnehmen kann, ohne aber zwanghaft seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen. Und das mitten in der Corona-Zeit, als niemand wusste, wie lange die Pandemie die Welt noch in Atem hält und ob der Sport überhaupt wieder so werden wird, wie er vor dem März 2020 war. „Das war schon ein waghalsiges Projekt“, kann der erst 25-Jährige heute über seine Unbekümmertheit von damals lachen. „Aber wir haben schnell gemerkt, dass wir bei vielen Partnern und Sponsoren auf offene Ohren stoßen und dass es den Bedarf für ein Team, wie es uns vorschwebte, tatsächlich gibt.“

Regionaler Fokus

Einer dieser Partner war die Raiffeisenbank Mittleres Mostviertel, die sich gleich zu dem Projekt bekannte und von Tag eins an als Dressensponsor mit an Bord war. Wobei die Idee der beiden Rad-Enthusiasten auf Partnerschaften dieser Art zielgenau ausgerichtet war. Denn man wollte ein Team zusammenstellen, das aus Fahrern aus der Region besteht und das vorwiegend an Rennen in Österreich teilnimmt, wo die Partner auch ihre Kernmärkte haben. „Wir haben in erster Linie Fahrer aus Nieder- und Oberösterreich unter Vertrag genommen und verzichten bewusst darauf, Leute aus dem Ausland oder auch aus viel weiter entfernten Bundesländern zu holen“, erzählt Gruber. „Es geht uns schon in erster Linie darum, auch etwas für den Radsport in unserer Region zu machen.“

Und: Es ist ein Team, das die gesamte Palette des Radsports abdeckt. Straßenrennen, Bahnrad oder Rad-Marathons mit dem Mountainbike – all das wird vom Cycling Team Weichberger – KTM bespielt. „Wir haben auch einen Fahrer, der erfolgreich bei Gravel-Meisterschaften mitfährt, das ist eine ganz junge Kategorie“, spielt Gruber auf die derzeit angesagte Mischform aus Mountainbike und Straßenrennrad an. Entwicklungen, mit denen man keine Berührungsängste hat.

„Ziehen an einem Strang“

Ein Booster des Projekts war natürlich, dass sich schnell Erfolge einstellten und das Team dadurch wachsen konnte. In der Premieren-Saison ging man mit fünf Akteuren an den Start, im zweiten Jahr waren es bereits sieben. Mit Paul Moser und Jakob Brandl stießen zwei Top-Athleten dazu, die zuletzt so gut wie alle Titel abgeräumt haben, die man in diesem Segment gewinnen kann. „Sie waren schon gut, bevor sie zu uns kamen, aber noch keine Siegfahrer. Seit sie bei uns sind, wo alle Team-Mitglieder an einem Strang ziehen, haben sich die beiden extrem gesteigert und sind die Top-Leute im Amateurbereich in Österreich“, freut sich Gruber, der selbst jede Woche zehn bis 17 Stunden ins Training investiert und an vielen Rennen teilnimmt. Ein insgesamt riesiger Aufwand, der nicht zu unterschätzen ist. Für sich selbst zieht er ein durchwachsenes Fazit der in diesen Tagen zu Ende gehenden Saison. „Ich habe den Amateur-Cup in den Top 10 abgeschlossen, bin auch öfter unter den besten zehn Fahrern in den Ergebnislisten gewesen. Was mir gefehlt hat, war ein Sieg. Daher sage ich: Es war eine solide Saison.“

Amateuer-Meister Jakob Brandl
Amateuer-Meister Jakob Brandl © Martin Bihounek

Sportliche Erfolge 

Während die meisten Fahrer, die als Amateure allesamt einem Beruf nachgehen (Gruber: „Bei uns ist vom Polizisten bis zum Krankenpfleger alles vertreten.“), das Rad nach der Saison für ein paar Wochen in den Keller stellen, stehen für die Gruber-Brüder Aufgaben im organisatorischen Bereich an: Material bestellen, Trainingslager planen, Sponsorenverträge verlängern, Rennpläne aufstellen. Und sich Gedanken machen, wie nach drei Jahren die Erfolgsgeschichte des Teams fortgeschrieben werden kann. 

So gut Wachstum auf der einen Seite ist, mehr als zehn Fahrer sollen es dann doch nicht werden, um den organisatorischen Aufwand nicht ausufern zu lassen. Und auch sportlich gibt es nicht mehr übertrieben viel Spielraum. Vier von fünf Meistertiteln hat man in der abgelaufenen Saison eingeheimst, der letzte noch fehlende im Bergfahren scheint außer Reichweite zu sein, „da es in dem Bereich mit Rene Pammer einen übermächtigen Konkurrenten gibt.“

Und natürlich hofft man, bei der Rekrutierung frischer Fahrer auf den neuen Felix Gall oder den noch unentdeckten Patrick Konrad zu stoßen, die beide schon bei der Tour de France für Furore gesorgt haben. Gruber: „Eines unserer großen Ziele ist es, für junge Athleten ein Sprungbrett zu sein, damit sie es zu einem Profi-Team schaffen können, mit dem sie auf der Kontinental-Tour mitfahren können.“ Wobei er selbst am besten weiß, wie hart das Brot ist, das man auf diesem Wege kauen muss. „Leider gibt es in Österreich in dem Bereich nicht viele Chancen, die Verdienstmöglichkeiten sind zudem sehr gering. Ich selbst habe den Schritt, nurmehr auf Amateur-Niveau zu fahren, jedenfalls nie bereut“, betont Gruber.

Immerhin waren er und sein Bruder mutig genug, mitten in der Corona-Zeit ihr eigenes Team zu gründen, mit dem sie dem Radsport erhalten bleiben und bei den Rennen mittendrin statt nur dabei sind. „Worauf wir stolz sind: Jeder der Partner, der sich am Anfang zu uns committet hat, ist auch heute noch dabei. Das zeigt uns, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben.“ Und es beweist: Den Mutigen gehört die Welt, zumindest die Welt des Radsports.

AusgabeRZ40-2023

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