Lebendiges Quartier wächst

Die Raiffeisen-Landesbank Tirol gestaltet mit ihrer neuen Zentrale „Das Raiqa“ Innsbrucks neue Mitte. Eine Baustellenbegehung zeigt die Dimension des Projekts, das Ende 2025 eröffnet werden soll.

Im Westen Österreichs wird gerade ein neues Leitprojekt realisiert: Die Raiffeisen-Landesbank Tirol baut zwischen Südtiroler Platz und Bozner Platz eine neue Zentrale und für Innsbruck ein lebendiges Quartier beziehungsweise eine neue Mitte – mit internationalem Vier-Sterne-Hotel, Handel, Gastronomie, Kunstraum und vielem mehr. Im Rohbau fertiggestellt ist jetzt der Bauteil B, er beheimatet die Shop- und Gastrowelt im Raiqa. Für das neue Haupthaus ist die Turm-Revitalisierung zum zentralen Tragwerk nahezu abgeschlossen, auf seiner Nordseite entsteht mit einem schwebenden Gebäudeflügel, dem sogenannten Hammerkopf, ein architektonisches Signature-Element des Quartiers. Der Rohbau wird seit Oktober des Vorjahres in 20 Monaten Bauzeit von der Strabag umgesetzt.

„Das Raiqa macht eine frühere Passage zum hochwertigen Lebensraum. Indem wir das Gelände unserer ehemaligen Zentrale nachhaltig und innovativ bebauen, schaffen wir Platz für die Menschen und eine ganze Vielfalt an Begegnungsräumen. Im Herzen des Quartiers ist das gemeinsame Foyer von Bank und Hotel mit seinem außergewöhnlichen Atrium einer dieser Dialogbereiche. Der fortschreitende Rohbau lässt die Besonderheit dieses Ortes schon jetzt erahnen und spüren“, freut sich Reinhard Mayr, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen-Landesbank Tirol. Für die Realisierung der Begegnungsräume im Quartier ist außerdem mit dem kürzlich fertiggestellten Rohbau für den Bauteil B – dieser betrifft die Handelszeile und das darüberliegende Terrassenrestaurant – ein großer Schritt getan. „Dieser Bauabschnitt dient der wirtschaftlichen Belebung des städtischen Raums“, betont Mayr. 

Thomas Wass (stv. Vorstandsvorsitzender RLB Tirol), Christof Splechtna (Vorstandsmitglied RLB Tirol), Christoph Pichler (Pichler & Traupmann Architekten). Reinhard Mayr (Vorstandsvorsitzender RLB Tirol), Markus Pfeifer (STRABAG Technischer Direktionsleiter Tirol & Vorarlberg) und Sabine Haselwanter (Technische Projektleiterin DAS RAIQA)
Thomas Wass (stv. Vorstandsvorsitzender RLB Tirol), Christof Splechtna (Vorstandsmitglied RLB Tirol), Christoph Pichler (Pichler & Traupmann Architekten). Reinhard Mayr (Vorstandsvorsitzender RLB Tirol), Markus Pfeifer (STRABAG Technischer Direktionsleiter Tirol & Vorarlberg) und Sabine Haselwanter (Technische Projektleiterin Das Raiqa) © RLB Tirol/Franz Oss

Mehr als 100 Fachkräfte sind auf der Baustelle täglich im Einsatz, um den gesamten Rohbau umzusetzen. Unterstützt werden sie von fünf Kränen, von denen der Hauptkran 53 Meter hoch in den Himmel ragt und Lasten bis zu 20 Tonnen bewältigt. Neben der Größe macht vor allem das nachhaltige Gesamtkonzept das Raiqa zu einem Leitprojekt. So wird etwa im Inneren des entstehenden Haupthauses aus alt neu gemacht. „Konkret trägt der in den letzten Monaten aufwendig zurückgebaute und revitalisierte alte Turm ressourcenschonend wesentliche Teile des zentralen Neubaus“, erklärt Mayr. Gegenüber einem konventionellen Totalabbruch mit folgender Neuerrichtung der Struktur reduziere dieser Ansatz die CO₂-Emissionen um 30 Prozent.

Bauen im Bestand

Wenn es um nachhaltige Quartiersentwicklung im Städtebau geht, setzt Strabag auf Bauen im Bestand. Also darauf, Gebäude zu sanieren, zu revitalisieren und sie einer neuen Nutzung zuzuführen, um wertvolle Ressourcen einzusparen sowie zusätzliche Bodenversiegelung zu vermeiden. Vor allem in Großstädten werden umfangreiche Entwicklungsprojekte mittlerweile ganzheitlich geplant und verschiedene Nutzungsformen wie Wohnen, Einkaufen und Arbeiten räumlich vereint. 

Auch die Raiffeisen-Landesbank Tirol verfolgte schon in der Planung den Ansatz, möglichst viele Teile des bestehenden Gebäudes wiederzuverwenden. Der sogenannte Turm, das ehemalige Bestandsgebäude der RLB, wurde bis auf sein Stahlbeton-Skelett behutsam zurückgebaut, während parallel bereits am Neubau gearbeitet wurde. Um das verbleibende Turmskelett werden später teilweise die Hotelzimmer in Holzhybridbauweise angeordnet. Das brachte einige Herausforderungen mit sich, wie Strabag-Direktionsleiter Markus Pfeifer erläutert: „Wir bauen hier im Herzen der Stadt, deshalb war es bisher besonders herausfordernd, die verschiedenen Projektphasen so zu koordinieren, dass Rückbau und Neubau gleichzeitig anlaufen konnten. Die beengten Platzverhältnisse erforderten also eine genaue Logistikplanung.“

Blick auf den Schalungstisch für den ab dem 6. Obergeschoß auskragenden Hammerkopf mit Unterstellungsmaterial von ca. 100 Tonnen.
Blick auf den Schalungstisch für den ab dem 6. Obergeschoß auskragenden Hammerkopf mit Unterstellungsmaterial von ca. 100 Tonnen. © RLB Tirol/Toni Rappersberger

Schwebender Hammerkopf

Hohe technische Ansprüche werden auch im Rahmen der entstehenden Neubauteile umgesetzt. Einer davon ist der sogenannte Hammerkopf, ein Architektur-Highlight im Haupthaus. Dieser lädt ab der Adamgasse in das Quartier und kragt ab dem sechsten Obergeschoß der insgesamt neun entstehenden Stockwerke aus. „Beim Hammerkopf sind besonders die statischen Anforderungen zu beachten. Denn da es sich um einen auskragenden Baukörper handelt, arbeiten wir gerade mit einer hochkomplexen Unterstellung aus 100 Tonnen Stahl, die den Hammerkopf so lange stabil hält, bis die Bauarbeiten so weit fortgeschritten sind, dass er sich selbst tragen kann“, erklärt Pfeifer. 

In den vergangenen Wochen wurden der Schalungstisch – dieser liegt in rund 20 Metern Höhe und ist dicht mit Gerüsttürmen unterstellt – und der Bewehrungsstahl zum Gießen der Bodenplatte für den Hammerkopf vorbereitet. Mit dem Hammerkopf im Vollausbau wird diese schließlich ein Gesamtgewicht von rund 1.800 Tonnen tragen können. Dann wird der Hammerkopf 16 der insgesamt 161 Hotelzimmer beheimaten, gänzlich ohne Stützen auskommen und scheinbar schweben. „Der schwebende Gebäudeflügel ist sowohl ein öffnendes als auch ermöglichendes und Raum schenkendes Element“, ist Architekt Christoph Pichler von Pichler & Traupmann von dessen multipler Funktion überzeugt. 

Das Atrium im neuen Haupthaus bietet über eine Höhe von 35 Metern einen freien Blick auf die erhaltene Stahlbeton-Skelettstruktur des ehemaligen Hochhauses und - dank Glasüberdachung - in den Himmel.
Das Atrium im neuen Haupthaus bietet über eine Höhe von 35 Metern einen freien Blick auf die erhaltene Stahlbeton-Skelettstruktur des ehemaligen Hochhauses und – dank Glasüberdachung – in den Himmel. © RLB Tirol/Toni Rappersberger

Raum für Begegnung

Ein weiteres architektonisches Signature-Element entsteht im Hauptgebäude mit dem Atrium im gemeinsamen Foyer. Es wurde im Rahmen der Rohbauarbeiten bzw. der Revitalisierung des alten Turms auf einer Grundfläche von 440 m², mit einem Volumen von 16.800 m³ und über eine Höhe von 35 Metern aus dessen Mitte herausgelöst und zeigt einen freien Blick auf die erhaltene Stahlbeton-Skelettstruktur des ehemaligen Hochhauses bis an die höchste Stelle des neuen Gebäudes beziehungsweise – dank Glasüberdachung – bis in den Himmel. „Wir haben im Zuge unserer Analyse des Turms 78 beeindruckende, über 15 Meter frei gespannte Träger entdeckt. Im Atrium schaffen sie als freigelegte historische Struktur nun Identität. Damit spielt Freiraum im Atrium eine wichtige Rolle, von ebensolcher Bedeutung ist das Atrium aber auch als Kommunikationsstruktur – den Raum für Dialog und Verbindung schaffen Treppen, Lifte, Podeste und sogar eine Brücke“, so Pichler.

Bau und Kosten im Plan

Im Oktober 2022 wurden die Rohbauarbeiten für das Raiqa gestartet, bis zum Sommer des nächsten Jahres sollen sie abgeschlossen sein. „Der Plan hält, der Rohbau läuft wie am Schnürchen“, berichtet Christof Splechtna, das zuständige RLB-Vorstandsmitglied. Im Detail sind im Rohbau zum aktuellen Zeitpunkt rund 22.000 m³ Beton und rund 3.000 Tonnen Baustahl und damit bei beiden Baustoffen rund 70 Prozent des gesamten Materialeinsatzes integriert. Der Holzbau, der ab dem Frühjahr 2024 auf das vierte Obergeschoß aufgesetzt wird, wird eine Kubatur von rund 30.000 m³ umfassen. „Bis zum Ende dieses Jahres werden noch zentrale Elemente des Haupthauses wie etwa das Stiegenhaus im Norden, die RLB-Bankstelle im Foyer und der Veranstaltungssaal im vierten Obergeschoß im Rohbau fertiggestellt“, informiert Splechtna. Im Plan ist das Großprojekt auch bei den Kosten. Dank professionellem Bau- und Kostenmanagement wird das Budget eingehalten, insgesamt werden rund 155 Mio. Euro investiert.

Der sogenannte Turm, das ehemalige Bestandsgebäude der RLB, wird bis auf das Stahlbeton-Skelett aus 78 beeindruckenden über 15 Meter frei gespannten Trägern behutsam zurückgebaut, parallel entstehen die Neubauteile.
Der sogenannte Turm, das ehemalige Bestandsgebäude der RLB, wird bis auf das Stahlbeton-Skelett aus 78 beeindruckenden über 15 Meter frei gespannten Trägern behutsam zurückgebaut, parallel entstehen die Neubauteile. © RLB Tirol/Toni Rappersberger

Vermietung startet

Im Rohbau bereits fertiggestellt ist der Bauteil B im Nordosten des Quartiers. Dieser beheimatet Flächen für Retail und Gastronomie, die hochwertig ausgebaut werden. Dabei ist im ersten Obergeschoß und damit der Dachlandschaft des Bauteils ein Restaurant mit einer Fläche von rund 560 m² untergebracht. Dieses ergänzt das gastronomische Angebot des Rooftop-Restaurants und der Skybar im Hotel und verfügt selbst über eine Terrasse von rund 240 m², welche vom Hammerkopf zum Teil natürlich beschattet wird. Handelsflächen mit einer gemeinsamen Gesamtfläche von 1.040 m² werden im Erdgeschoß des Bauteils B vermietet. Splechtna berichtet: „Wir gehen mit den Retailflächen jetzt in die Vermarktung. Bespielen möchten wir diese mit Handel, der Genießer anzieht, und Handwerk. Ebenso mit einem Fokus auf regionale Anbieter und Produkte, die zu einem lebenswerten Morgen beitragen. Der rundum nachhaltige Ansatz des Raiqa soll sich auch im Handelsmix widerspiegeln.“

AusgabeRZ48-2023

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