„Diversität ist nicht nur ein Lippenbekenntnis“

Unterschiedliche Perspektiven, Fähigkeiten, Erfahrungen und Bedürfnisse spielen bei Raiffeisen Capital Management eine große Rolle. Sabine Macha ist neue Diversitätsbeauftragte, die sich für die ganze Breite des Themas einsetzt.

Sie sind seit kurzem Diversitätsbeauftragte bei Raiffeisen Capital Management. Was hat Sie bewogen, diese Aufgabe zusätzlich zu Ihrem herkömmlichen Job als Leiterin des Produktmanagements zu übernehmen? 
Sabine Macha: Ich verstehe mich als Feministin der alten Schule. Wenn man etwas in der Gesellschaft ändern möchte – und dazu gehört auch das berufliche Umfeld, dann muss man sich auch engagieren. Ich bin schon viele Jahre in Frauenangelegenheiten sowohl innerhalb als auch außerhalb der Firma – beispielsweise als Obfrau-Stellvertreterin bei FAM Frauen im Asset Management – tätig. Gemeinsam mit einigen Kolleginnen und Kollegen aus ganz unterschiedlichen Bereichen versuchen wir das Thema Diversität voranzubringen. Unser Anliegen ist, dass sich jeder Mensch mit seiner ganzen Persönlichkeit am Arbeitsplatz einbringen können soll. Es ist ja erwiesen, dass diverse Teams resilienter und kreativer sind. Die Organisation wird gestärkt, die Leistung und die Qualität der Arbeit verbessert.

Was sind Ihre Aufgaben als Diversitätsbeauftragte?
Macha: Rahmenbedingungen schaffen, zu gewissen Themen Aktivitäten setzen, Informationsveranstaltungen organisieren, Ansprechperson für Mitarbeitende und auch den Betriebsrat sein. Diversität ist bei uns nicht nur ein Lippenbekenntnis. 

Welche konkreten Maßnahmen wurden gesetzt?
Macha: Als Erstes haben wir einen Diversitätsleitfaden mit der Geschäftsführung verabschiedet und versucht, ein gemeinsames Zielbild zu entwickeln, das man zumindest in Teilen messen und reporten kann. Da sind wir wieder bei einer Frauenquote. Diversität ist natürlich viel mehr, aber wir können nicht alles auf einmal bearbeiten. Heuer setzen wir sehr stark auf das Thema Inklusion. Wir hatten dazu bereits eine Informationsveranstaltung gemeinsam mit dem Behindertenverband, zu der ungefähr 60 Kollegen gekommen sind. Wir organisieren auch quartalsmäßig ein Frauenfrühstück, um uns über aktuelle Themen und Anliegen auszutauschen. Es gibt viele Bemühungen, Diversität in der Unternehmenskultur stärker zu verankern. Papa-Monat, Teilzeitarbeit für Führungskräfte und Homeoffice – solche Themen spielen ebenfalls eine Rolle und dafür gibt es jetzt ein klares Commitment der Geschäftsführung.

Es wurde hierzu auch ein Leitfaden entwickelt.
Macha: Ja, wobei auf dem Leitfaden nicht alle unsere Vorhaben abgebildet sind. So gibt es etwa beim Recruiting-Prozess konkrete Vorgaben, wie auf Diversität zu achten ist und welche Anstrengungen man unternehmen kann, wenn sich gar keine Frau auf eine ausgeschriebene Stelle bewirbt – was in unserer Branche durchaus vorkommen kann. Es ist uns auch ein Anliegen, dass man schon beim Student Support auf Diversität achtet, weil diese Studierenden am Ende der Ausbildung oft in die Organisation hineinwachsen. 

Welche internen Zielquoten wurden festgeschrieben?
Macha: Der Frauenanteil in Führungspositionen allgemein soll in den nächsten Jahren von derzeit 35 auf 45 Prozent angehoben werden. Im Unternehmen insgesamt sind Männer und Frauen ungefähr 50:50. Im Fondsmanagement direkt liegt der Branchenschnitt beim Frauenanteil ungefähr bei einem Viertel. So auch bei uns, allerdings haben wir traditionell einen hohen Anteil an Frauen in Führungspositionen im Fondsmanagement und insbesondere mit Karin Kunrath auch eine weibliche CIO. Es gibt noch mehr konkrete Teilziele, aber man muss immer bedenken: Wir sind keine Großorganisation: Wir haben rund 300 Mitarbeiter und wenig Fluktuation. Wenn jemand in Pension geht, ist es deshalb umso wichtiger, dass bei der Nachbesetzung entsprechend darauf geachtet wird.  

Wie divers ist Raiffeisen Capital Management aktuell – abgesehen von Frauen?
Macha: Die anderen Themen sind datenschutzrechtlich heikel. Natürlich gibt es begünstigte Behinderte, so nehmen etwa chronische Erkrankungen und Schwerhörigkeit altersbedingt zu. Wie in unserer Branche durchaus üblich, haben wir einen breiten Mix aus unterschiedlichen Nationalitäten. In den letzten Jahren haben wir auch viele junge Kollegen aufgenommen, da gibt es momentan eine interessante Dynamik mit den Älteren.

Sabine Macha im Interview
© Alexander Ziegler

Wie werden die neuen Diversitätsbemühungen im Alltag der Mitarbeiter spürbar? 
Macha: Wir hatten schon erste Veranstaltungen und es wird im Herbst noch eine größere Unternehmensveranstaltung geben, wo wir das Diversitäts-Team noch einmal vorstellen möchten. Wir organisieren quartalsweise Frühstücke, bei denen wir konkret besprechen, was wir vorhaben. Jeder, der sich einbringen möchte, Ideen oder Anliegen hat, kann gerne mitmachen.

Wie werden Führungskräfte für das Thema sensibilisiert?
Macha: Das Thema Diversität wird aktuell in der Führungskräfteausbildung adressiert. Zum Beispiel beim Recruiting-Prozess denkt man sehr stark an die Personalabteilung, aber in Wahrheit schreibt der oder die Vorgesetzte meistens die Anforderungen. Es ist ein Klassiker, dass sich Frauen erst bewerben, wenn sie die allermeisten Anforderungen erfüllen, während Männer das deutlich entspannter sehen. Zu diesem Phänomen gibt es viele interessante Studien. Da muss man einfach sensibilisieren und gegensteuern, wo dies möglich ist.

Der Leitfaden verspricht ein integratives Arbeitsumfeld; diskriminierendes Verhalten wird nicht geduldet. Was passiert, wenn es zu einem Fehlverhalten oder Vorwürfen kommt?
Macha: Wir haben eine Betriebsvereinbarung, wie hier vorzugehen ist, aber das fällt in die Zuständigkeit von Betriebsrat, Managementboard und der jeweiligen Abteilung, da sind wir nicht involviert. Einem Diversitätsteam geht es eher um die Rahmenbedingungen und die Kultur. Ein Diskriminierungsfall kann natürlich darauf Rückschlüsse geben, aber ein strukturelles Fehlverhalten ist mir nicht bekannt. 

Es gibt also keinen konkreten Auslöser für den neuen Diversitätsleitfaden?
Macha: Nein. 

Wann sehen Sie Ihre Arbeit als Diversitätsbeauftragte als erledigt an? 
Macha: Da sind wir noch sehr weit entfernt, denn das Thema wird immer breiter und viele Aspekte sind in Österreich noch gar nicht angekommen, wie zum Beispiel Wechseljahre am Arbeitsplatz. Auch beim Thema Behinderung denken viele an sichtbare Behinderungen, aber es kann auch eine chronisch psychische Erkrankung sein. Vielfalt wird immer mehr erkannt und die gilt es in die Arbeitswelt zu übertragen. Es ist also ein fortwährender Aushandlungsprozess von Interessen und wir wollen diesen laufenden Dialog führen. 

AusgabeRZ31-2025

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