Schalke 04: Neue Wege der Finanzierung

Wie können Fußballvereine wirtschaftlich stabil bleiben, ohne ihre Seele an Investoren zu verkaufen? Diese Frage stellte man sich auch beim deutschen Traditionsverein Schalke 04. Im Zuge der Corona-Pandemie kamen zu sportlichen auch noch finanzielle Turbulenzen. War Schalke in den Jahren zuvor noch Dauergast in den internationalen Bewerben, folgte 2021 nach 30 Erstligajahren der Abstieg. Obwohl man in der öffentlichen Wahrnehmung viel Strahlkraft verloren hat, ist der Rückhalt der Fans ungebrochen: Im September wurde die Marke von 200.000 Mitgliedern durchbrochen – Schalke ist damit der sechstgrößte Verein der Welt.

Kontrollierte Kapitalaufnahme

Dieses Potenzial habe man bei der Suche nach finanziellen Mitteln nutzen wollen, erklärte Schalke-CEO Matthias Tillmann im Gespräch mit Theresia Theurl, Genossenschaftsforscherin an der Universität Münster, beim Genossenschaftskongress. Denn nach wie vor belasten den Verein hohe Verbindlichkeiten, allein 2023 mussten über 16 Mio. Euro für Zins und Tilgung aufgewendet werden. „Wir wollen unsere Unabhängigkeit wahren und gleichzeitig in die Zukunft investieren“, so Tillmann. Deshalb sei die Idee entstanden, eine Genossenschaft zu gründen, die beides ermöglicht: Kapitalaufnahme ohne externe Investoren und unter voller Kontrolle des Vereins.

Gemeinsam mit dem Genoverband e.V. wurde im Dezember 2024 die Fördergenossenschaft „Auf Schalke“ offiziell aus der Taufe gehoben. „Der Verein ist stetig gewachsen, das ist auch das Ziel bei der Genossenschaft“, sagte Tillmann. Eine Vereinsmitgliedschaft ist Voraussetzung, um der Genossenschaft beizutreten. Zum Start der Anteilszeichnung am 22. Jänner 2025 sicherten sich binnen 72 Stunden über 4.000 Mitglieder 12.908 Anteile, wodurch 3,5 Mio. Euro generiert wurden. Langfristig erhoffen sich die Gelsenkirchener bis zu 50 Mio. Euro.

Schalker „Ewigkeitsprojekt“

Tillmann sieht die Fördergenossenschaft als „Ewigkeitsprojekt“, das auf Werte statt auf Rendite setzt und einen Teil zur gelebten Fankultur beiträgt: „Jeder kann einen Beitrag leisten, um Schalke nach vorne zu bringen.“ Ein Anteil kostet 250 Euro plus 75 Euro Eintrittsgeld. Als besonderen Anreiz hat der Klub zudem ein Förderturm-Denkmal vor dem Stadion errichtet – wer vier Anteile zeichnet, wird dort namentlich verewigt. Unternehmen können sich ohne Vereinsmitgliedschaft beteiligen, müssen allerdings 40 Anteile zeichnen und 500 Euro Eintrittsgeld aufwenden.

Das Schalker Modell könnte Schule machen, glaubt Tillmann: „Wir werden kein Einzelfall bleiben, wir sind es aktuell schon nicht.“ Der FC St. Pauli hat bereits vor fünf Jahren eine ähnliche Initiative vorangetrieben und ist den Schalkern im September 2024 mit der Gründung der Football Cooperative St. Pauli als erste Genossenschaft im deutschen Profifußball zuvorgekommen. Ebenfalls mit Erfolg: Mehr als 21.000 Menschen – eine Vereinsmitgliedschaft war nicht notwendig – haben bis Ende März Anteile im Wert von 27,2 Mio. Euro gezeichnet.

Bei Tillmann hätten sich inzwischen auch der Hamburger SV, der 1. FC Köln und Union Berlin über die Schalker Genossenschaftsstruktur informiert. „Die Genossenschaft kann ein Vehikel sein, die Fußballwelt ein Stück weit besser zu machen“, resümierte der Schalke-Vorstand.

AusgabeRZ44-2025

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Mehr lesen

Aktuelles

Die Welt der Raiffeisenzeitung

Banner für die Newsletter Anmeldung
Banner: