Vom Fußball-Profi zum RV Steiermark

Gerald Säumel war Fußball-Profi unter anderem bei Sturm Graz und dem GAK und arbeitet jetzt als Teamleiter Human Resources beim Raiffeisenverband Steiermark. Vor dem ersten steirischen Liga-Derby seit 17 Jahren spricht er über beide Karrieren.

Herr Säumel, Sie haben 2019 mit dem Aufstieg des GAK in die 2. Liga Ihre aktive Fußballer-Karriere beendet. Wie kamen Sie dann zum Raiffeisenverband Steiermark?
Gerald Säumel: Ich habe schon neben der Fussballer-Karriere Rechtswissenschaften studiert mit Schwerpunkt Arbeitsrecht und kam im Mai 2021 zum Raiffeisenverband. Zusätzlich zu unserer Aufgabe als Bankenprüfer bieten wir neben dem Recruiting auch rechtliche Beratung für all unsere Genossenschaften an. Ich habe hier ein wunderbares Team mit drei Mitarbeiterinnen, wir bilden alle HR-Themen miteinander ab.

Viele Fußballer bleiben auch nach der Karriere dem Sport treu. War Ihnen schon immer klar, dass Sie etwas ganz anderes machen wollen?
Säumel: Schwer zu sagen, aber ich habe auch schon während meiner Laufbahn immer den Ausgleich gesucht. Der Sport ist ja doch sehr vereinnahmend, im positiven Sinne, aber ich habe immer schon gemerkt, dass mich auch andere Bereiche interessieren. Und als ich realisiert habe, dass es mit einer Karriere in der Bundesliga auch eng werden kann, wusste ich, dass ich etwas anderes brauche neben dem Sport. Mir war auch immer klar, dass ich einen klassischen Beruf brauche, wenn die Karriere mit 33 oder 34 Jahren zu Ende ist.

Direkt nach dem Ende Ihrer Laufbahn …
Säumel: … war ich beim GAK knapp ein Jahr im Vorstand noch als Sportkoordinator tätig. Aber das ist mir dann mit der Geburt meines zweiten Kindes zu viel geworden. Da ist mir die Zeit mit der Familie zu wertvoll, da ja auch der Beruf sehr fordernd ist. 

Sie sind mit 15 Jahren in die Akademie von Sturm Graz gekommen, wurden dort bis 2007 Profi und haben drei Jahre unter Mischa Petrovic bzw. Franco Foda gespielt. Wie sind Ihre Erinnerungen an die ersten Schritte im Profibereich?
Säumel: Grundsätzlich sehr schön. Das erste Mal mit den Profis trainieren zu können, die ersten Einsätze in der Bundesliga – das war natürlich ein Wahnsinn! Das lief ja noch parallel zur Matura ab. Da hatte man schon das Gefühl, ein großes Ziel erreicht zu haben, in dem Alter gab es für mich ja nur Fußball. Das waren große Emotionen.

Ihre Erinnerungen an Franco Foda, der ja später Meistertrainer und Teamchef wurde?
Säumel: An Herrn Foda – wir siezen uns nach wie vor – denke ich gerne zurück. Auch, weil er brutal ehrlich zu mir war. Es war zu der Zeit eine Art Knackpunkt für mich, weil ich den Sprung vom Ergänzungs- zum absoluten Stammspieler nicht geschafft habe. Zum damaligen Zeitpunkt habe ich die Ehrlichkeit, dass es schwer für mich würde, nicht so sehr geschätzt. Heute weiß ich, dass sie mir in meiner Entwicklung extrem geholfen hat. Foda ist jedenfalls ein Top-Trainer, wie auch sein weiterer Weg gezeigt hat. 

Gerald Säumel Porträt
© RV Steiermark

Heute ist Sturm amtierender Meister, Champions-League-Teilnehmer und hat in der letzten Bundesliga-Runde Liga-Krösus Red Bull Salzburg mit 5:0 besiegt. Hätte Ihnen das zu Ihrer Zeit jemand prophezeit …
Säumel: Nicht zu vergleichen, da ist viel Wasser die Mur hinuntergeflossen. Zu meiner Zeit war Sturm noch von den wirtschaftlichen Turbulenzen gezeichnet. Die Entwicklung von Sturm ist auch deshalb so sensationell, weil man nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich hervorragend dasteht, was ja an einigen Goldgriffen auf dem Transfermarkt liegt. Die handelnden Personen, Sportchef Andreas Schicker und Trainer Christian Ilzer, haben große Arbeit geleistet, auch wenn es spannend wird, wie es nach dem Abgang von Schicker nach Hoffenheim jetzt weitergehen wird. Ich kann mir vorstellen, dass sie in den nächsten Jahren zu den Top 3 in Österreich gehören, man sollte neben Salzburg auch
Rapid nicht außer Acht lassen.

Ihre weiteren Stationen nach Sturm waren Leoben, Gratkorn, Kalsdorf und zweimal der GAK. Das kann man echte Steiermark-Treue nennen. 
Säumel: Heute sage ich, dass es natürlich schon reizvoll gewesen wäre, in ein anderes Bundesland oder auch ins Ausland zu wechseln. Wobei grad Letzteres ja nicht so einfach zu bewerkstelligen ist. Aber ich habe dann auch in Graz studiert, da war die Nähe zu der Stadt schon nicht ganz unwichtig.

2014 kehrten Sie zum GAK zurück, wo Sie 2012 schon mal kurz unter Vertrag standen und der zwischenzeitlich aufgrund des finanziellen Chaos in die achthöchste Liga zurückgestuft wurde. Mit den „Rotjacken“ gelang Ihnen der Durchmarsch bis in die 2. Liga. War es so märchenhaft, wie es klingt? 
Säumel: Es war eine tolle Zeit, aber für ein Märchen steckte dann doch zu viel Arbeit dahinter (schmunzelt). Nicht nur für uns Spieler, sondern für das gesamte Umfeld. Was ich richtig cool fand: Es war nach zehn Jahren als Profi so etwas wie „back to the roots“ für mich. Selber Wäsche waschen, Schuhe putzen, mit Spielern zusammenspielen, die man nie motivieren musste, weil sie es einfach geil fanden, für den GAK zu spielen. Wir haben damals zum Teil vor 3.000 Leuten gespielt, das hast du als Amateur-Fußballer ja sonst nie. Diese ganze Aufbruchstimmung war eine tolle Erfahrung.  

Mit dem Aufstieg in die 2. Liga 2019 haben Sie etwas geschafft, was die wenigsten hinbekommen: aufzuhören, wenn es richtig schön ist.
Säumel: Ich wollte ursprünglich schon ein Jahr früher aufhören, weil ich gemerkt habe, dass es körperlich und mental schon ganz schön eng für mich wird. Und die Regionalliga ist wirklich hart, das darf man nicht unterschätzen. Wir haben dann eine etwas andere Rolle für mich gefunden, in der es mehr darum ging, als Kapitän für eine gute Stimmung und ein gutes Klima in der Mannschaft zu sorgen. Dass es mit dem Aufstieg gekrönt wurde, war nicht geplant, aber umso schöner. Fans, Mannschaft Verein, alle Beteiligten haben mir einen wunderbaren Abschied bereitet. 

Nach Ihrem Abgang ist der GAK vergangene Saison sogar in die Bundesliga aufgestiegen, wartet nach neun Runden aber noch auf den ersten Sieg. Grund zur Panik?
Säumel: Finde ich nicht! Das Team ist nicht so weit weg, wie es der Tabellenplatz widerspiegelt, es waren Spiele dabei, in denen mehr drin gewesen wäre. Was die Mannschaft dringend benötigt, ist ein Erfolgserlebnis in Form eines Sieges, damit jeder endlich sieht: Okay, wir können auch in der Bundesliga gewinnen!

Nun ist das nächste Spiel das Derby gegen Sturm, das erste in der Bundesliga seit 17 Jahren und das Duell Ihrer Ex-Klubs. Ich habe aber schon eine GAK-Affinität bei Ihnen herausgehört …
Säumel: Das stimmt, ich bin ein „Roter“. Und so ein Derby hat ja wirklich seine eigenen Gesetze, da kann alles passieren. Es gab zuletzt zwei Cup-Spiele zwischen diesen Teams, da hat der GAK bewiesen, dass er durchaus mithalten kann. Am wichtigsten ist aber, dass es ein friedliches Derby wird, das beiden großartigen Fanlagern dieser Klubs auch gerecht wird. Die Steiermark und die Stadt Graz haben sich dieses tolle Duell verdient.

Welche Rolle spielt der Fußball heute noch in Ihrem Leben?
Säumel: Ich habe noch Verbindungen über Freunde oder meinen Bruder Jürgen (Anm.: war als Profi unter anderem bei Sturm, in der italienischen Serie A und Nationalspieler, heute Trainer bei den Sturm-Amateuren), bin aber nur noch Fan. Für mich stehen Familie und Beruf im Vordergrund. Aber als interessierter Anhänger verfolge ich das Ganze schon und freue mich, wenn der Verein, mit dem ich sympathisiere, einen Erfolg feiert. 

AusgabeRZ42-2024

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