Es sollte ein Tag des Triumphes werden: Nachdem im Vorjahr die Erstbesteigung des Großglockners aufgrund der schlechten Wetterlage beim Kleinglockner abgebrochen werden musste, gelang es einer Gruppe von Männern erstmalig am 28. Juli 1800 den ersehnten Gipfel zu erreichen. Finanziert worden war die Expedition – die sich aus Geistlichen, Wissenschaftlern sowie Bauern zusammensetzte – vom Kärntner Fürstbischof Franz Xaver von Salm-Reifferscheidt.
Im Gepäck hatte die Mannschaft neben mehreren wissenschaftlichen Messinstrumenten auch die Längs- und Querbalken eines vier Meter hohen Kreuzes, das von vier Zimmerleuten in 3.798 Metern Höhe befestigt werden sollte. Ein Unterfangen, das einen Tag nach der Erstbesteigung planmäßig verwirklicht wurde. 80 Jahre lang prangte das Kreuz am Gipfel, bevor es 1880 anlässlich der Silberhochzeit des Kaiserpaares abgetragen und durch ein neues ersetzt wurde. Beständig trotzt das sogenannte Kaiserkreuz (abgesehen von seiner Renovierung im Jahr 2000) seitdem den unterschiedlichen Wind- und Wetterlagen.
Mit der Aufnahme in die Liste der unter Schutz stehenden Kulturgüter im Februar 2024 wurde das 145 Jahre alte Kaiserkreuz zudem offiziell zum höchstgelegenen Denkmal Österreichs erklärt. Neben seinem Wert als historisches Erbe ist es vor allem ein Symbol: Zum einem zeugt die Kreuzsetzung auf einem der damals höchsten (heute der höchste) Berggipfel des Landes offenkundig von einer religiösen Botschaft, vielmehr ist es jedoch ein Zeichen des alpinistischen Eroberungswillens jener Zeit.
Gedenken an Gebirgsschlachten
Galt das Gebirge den Menschen der Jahrhunderte zuvor als unberechenbare Gewalt, von der man sich besser fernhielt, so wurden im 19. Jahrhundert immer mehr Berggipfel zunächst von wagemutigen Pionieren und Schritt für Schritt auch für den Tourismus erschlossen. Im Ersten Weltkrieg sollte zudem so mancher Bergkamm zum tragischen Austragungsort von kämpferischen Handlungen werden. Noch heute zeugen beispielsweise Relikte wie ein Drahtverhau auf dem Laresgletscher in der Adamellogruppe in Norditalien von den blutigen Kämpfen. Jenen Soldaten hat der italienische Gemeindeangestellte Giovanni Pellizzari in den 1980er-Jahren ein 1,70 Meter hohes Gipfelkreuz auf dem Corno di Cavento aus Eisenstangen und Stacheldraht von der einstigen Front gesetzt. Links und rechts zieren ein italienischer und ein österreichischer Soldatenhelm das Mahnzeichen.
Obwohl das Kreuz in seiner Ausführung einzigartig sein dürfte, stellen den Opfern der Weltkriege gewidmete Kreuze dennoch keine Seltenheit dar. Als sogenannte „Heimkehrerkreuze“ erinnern sie noch heute auf den unterschiedlichen Berggipfeln – vom Habicht über die Birkkarspitze bis hin zum Großen Solstein – an das Leid der ehemaligen Soldaten. Mit den Jahren gesellten sich auch Kreuze, die individuellen Schicksalen gedenken, hinzu. Es kann sich dabei beispielsweise um ein Zeichen des Dankes handeln, noch einmal mit dem Leben davongekommen zu sein (wie beispielsweise das von Luggi Philipp errichtete Kreuz auf der Mittleren Guslarspitze in den Ötztaler Alpen) oder manchmal jedoch bloß um den Wunsch, dem heimischen Berggipfel einen besonderen Abschluss zu verleihen. So keimte beispielsweise im Jahr 1968 in einer Gruppe von jungen Tiroler Burschen das Verlangen auf, den immer höher werdenden Gipfelkreuzen der Umgebung noch eins draufzusetzen. Das Ergebnis dürfte mit über 17 Metern das höchste Gipfelkreuz des Landes sein.
Weitaus kleiner, doch nicht minder auffällig, nimmt sich das Kreuz des Anton Thuswaldner aus. Für die Schönfeldspitze schnitzte der Kapruner Bildhauer eine Pietà aus Holz. Anders jedoch als in den meisten Darstellungen, in denen der Sohn eher schlaff in den Armen seiner Mutter ruht, liegt dieser Jesus ungewohnt steif in den Armen Marias. Ein Anblick, der einiges an Kritik einstecken musste.

Ebenfalls auf Gegenwind stieß 2012 das Projekt des ehemaligen Obmanns des Tourismusverbandes (TVB) Kitzbüheler Alpen-Brixental, Toni Wurzrainer. Sein Plan, ein begehbares Kreuz auf der Buchensteinwand in den Kitzbüheler Alpen zu errichten, konnte dennoch realisiert werden. Der als Jakobskreuz bekannte und mit der Bergbahn Pillersee zudem bequem zu erreichende Kreuz-Turm bietet den Besuchern nicht nur Ausblicke auf die umliegende Berglandschaft, sondern auch Platz für Seminare der unterschiedlichsten Art und Hochzeiten.
Symbol für europäische Einheit
Etwas mehr Bewegung verlangt hingegen der Aufstieg zum Gipfelkreuz auf dem Alberfeldkogel im Höllengebirge. Errichtet wurde das aus 25 Stahlblechwürfeln zusammengesetzte Kreuz 2006 von den Schülern der Technischen Lehranstalt Wels als Symbol für die Einheit und Vielfalt der Mitgliedstaaten der Europäischen Union – wobei in jedem Würfel ein landestypischer Stein aus einem EU-Mitgliedstaat (unter anderem ein Stück vom Wiener Stephansdom für Österreich) eingebaut ist. Auf dem Boden verteilte Steine sollen zukünftige Mitglieder symbolisieren. Mit den Symbolen von neun unterschiedlichen Religionen gedenkt das Gipfelkreuz-Arrangement auf dem Kleinen Gilfert in den Kitzbüheler Alpen auch der Vielfalt der in der Welt praktizierten Religionen.

Immer öfters lassen sich auf Tiroler Gipfeln aber auch buddhistische Gebetsfahnen ausmachen. Bergsteiger haben die Gebetsfähnchen auf ihren Touren durch die Berglandschaft des Himalayas kennengelernt und auch nach Österreich gebracht. Neben Fahnen und Kreuzen finden sich auch „Stoanmandln“ – kleine, von Hand aufgeschichtete Steintürme, die eine alte Form des Weg- oder Vermessungszeichens darstellen oder auch zur bloßen Zierde errichtet wurden. Dass diese gar bereits in der Zeit der Kelten angelegt worden sein sollen, davon erzählt man sich in den Sarntaler Alpen, wo über 100 solche Steinanhäufungen auf der Hohen Resch eine ganz eigene Stimmung verbreiten. In Österreich ist das Gipfelplateau auf dem Petersköpfl in den Zillertaler Alpen für sein Steinmänner-Panorama bekannt.

Eine Besonderheit aus Stein hat seit einigen Jahren auch die Seekarlspitze im Rofangebirge zu bieten. Das von den Steinmetzbrüdern Walser in 700 Arbeitsstunden aus purem Granit geschaffene Gipfelkreuz wartet mit stolzen 2.700 Kilo auf und soll das einzige, aus einem einzigen Stück Stein gemeißelte Gipfelkreuz Österreichs sein. Wenn auch nicht für die Ewigkeit, so mag es doch vielleicht für die nächsten Hunderte von Jahren bestehen.