Höllerer: „Es wird ein spannendes Jahr“

Zentrale Sektoren der österreichischen Wirtschaft stottern. Raiffeisen-NÖ-Wien-Generaldirektor Michael Höllerer sieht einigen Reformbedarf für das „Geschäftsmodell Österreich“.

Österreich droht heuer ein drittes Rezessionsjahr in Folge. Vor dieser „sehr angespannten Wirtschaftslage“ müsse man das „Geschäftsmodell Österreich“ hinsichtlich der Wirtschaft, der Politik und der Struktur hinterfragen, sagt Michael Höllerer, Generaldirektor der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Im ersten Quartal 2025 merke man bei der Kreditnachfrage der Unternehmen nach wie vor eine Zurückhaltung und eine wirtschaftliche Unsicherheit. Der Bankbetrieb laufe derzeit trotz der branchenweit angestiegenen Risikokosten „sehr gut“. Dennoch: „Es wird ein spannendes Jahr“, prognostiziert der Banker.

Der Reformbedarf sei groß, das Gebot der Stunde sei „eine ordentliche Pensionsreform“, um die betriebliche und private Altersvorsorge zu stärken. Außerdem sollte die überbordende Bürokratie eingedämmt werden: „Dabei geht es nicht unbedingt darum, etwas abzuschaffen oder zu streichen. Uns als Kreditwirtschaft wäre schon sehr geholfen, wenn wir kein Gold Plating hätten“, betont der Banker. Noch besser wäre eine regulatorische Verschnaufpause, also wenn zum Beispiel zwei Jahre lang überhaupt keine neuen Regelungen erlassen würden, um der Wirtschaft ein Durchatmen zu ermöglichen.

Leadership gefragt

Die derzeit relativ hohe Sparquote in Österreich sei ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Entwicklung und Unsicherheit. Höllerer geht davon aus, dass diese weiterhin auf dem hohen Niveau bleiben dürfte. Das auf den Sparbüchern geparkte Vermögen gehöre aber wachgeküsst, um einen funktionierenden Kapitalmarkt zu schaffen. Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen der Staat steht, und der leeren staatlichen Kassen könne man nicht erwarten, dass der Staat „alles bezahlen bzw. fördern wird“.

Gerade in herausfordernden Zeiten seien Leadership und Transparenz in der Politik, aber auch in der Wirtschaft wichtig, um die Menschen auf einen Reformweg mitzunehmen. Dafür brauche es Zuversicht und Mut, die man mit einer klaren Strategie und einem konkreten Pfad erzeugen könne. Entscheidend sei, voranzugehen und die Dinge anzupacken. Sich hinzustellen und Zuversicht zu fordern, ohne etwas zu tun, werde aber nicht ausreichen, warnt der Banker.

„Operativ gutes Jahr“

Auch für die Finanzwirtschaft werde das Umfeld angesichts der sinkenden Zinsen und der steigenden Risikokosten rauer. „Wenn man wachsen will, braucht man Investitionsfinanzierungen. Das wird in Österreich sehr herausfordernd werden“, weiß der Generaldirektor. Für Raiffeisen NÖ-Wien war 2024 operativ „ein sehr, sehr gutes Jahr“. Die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien erzielte ein Konzernergebnis nach Steuern von etwas über 434 Mio. Euro. Trotz der volatilen Zeiten habe man die Kapitalquote seit 2022 um insgesamt 4 Prozentpunkte bzw. 1 Mrd. Euro auf 24 Prozent ausgebaut. „Wir sind gut aufgestellt und werden unseren Weg weitergehen. Ich hoffe, dass uns die Politik und Regulatorik arbeiten lassen, dann bin ich durchaus zuversichtlich“, sagt Höllerer.

Seit Jahresbeginn gab es „signifikante“ Zuwächse bei den Wohnimmobilienkrediten. Diese seien „wesentlich höher“ ausgefallen als erwartet. „Das ist sehr gut und sehr positiv“, freut sich Höllerer. Natürlich sei man noch immer weit von Niveaus von vor der Pandemie entfernt. Zur steigenden Wohnkreditvergabe hätten das sinkende Zinsniveau, aber auch die Ankündigung, die umstrittene sogenannte KIM-Verordnung zur Jahresmitte 2025 auslaufen zu lassen, beigetragen. Diese hatte den Banken strikte Vorgaben bei der Kreditvergabe vorgeschrieben. Wie sich eine eventuelle Nachfolgeregelung auswirken werde, lasse sich noch nicht abschätzen.

„Gesundes Wachstum“

Im Beteiligungsgeschäft erzielten einige Zukäufe der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien im Medienbereich Aufmerksamkeit, wie etwa die Einstiege beim Fachmagazin Börsianer, bei der Wirtschafts-Onlineagentur Opinion Leaders Network oder zuletzt beim Falstaff-Verlag, aber auch die Aufstockung des Anteils beim Niederösterreichischen Pressehaus.

„Wir haben eine Vorwärtsstrategie aufgesetzt, mit dem Ziel eines gesunden Wachstums“, betont Höllerer. Die Medienbeteiligungen hätten sich auch im letzten Jahr trotz Transformation und Herausforderungen „sehr, sehr gut geschlagen“ und einen Ergebnisbeitrag von 10 bis 15 Mio. Euro gebracht. Klar sei aber auch, dass dieser bei Weitem der kleinste Beitrag im gesamten Beteiligungsportfolio sei. Medien würden zur strategischen Positionierung aber gut dazu passen.

„Wir denken stark in Ökosystemen und Lebenswelten“, so Höllerer. Dazu passend peile man auch eine Kooperation mit dem Kundenbindungsprogramm JÖ des Rewe-Konzerns an. Sie soll bis zum Jahresende in trockene Tücher gebracht werden. 

AusgabeRZ22-2025

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