Wie steht es um die Milchwirtschaft in Zeiten der Teuerung?
Johann Költringer: Die Preisanstiege in der Milchwirtschaft waren kostengetrieben. Energie, Treibstoffe, Rohstoffe, Dienstleistungen, Verpackungsmaterial, Löhne etc. wurden massiv teurer, dazu die Ängste um die Versorgungssicherheit infolge des Ukrainekrieges. Diese einzigartige Teuerungswelle hat die gesamte Milchwirtschaft erfasst, vom Landwirt bis zum Verarbeiter, und somit auch die Preise für Milchprodukte. Ein internationaler Vergleich zeigt aber, dass die Teuerung bei Milchprodukten in Österreich geringer und auch später als im EU-Durchschnitt oder in Deutschland eintrat, obwohl die Gesamtinflation in Österreich höher ist, was auch die Kosten der Milchwirtschaft betrifft. Auch sind mittlerweile Produkte wie Butter billiger als vor einem Jahr. Der Vorwurf angeblich überhöhter Preise für Milchprodukte in Österreich ist daher nicht gerechtfertigt.
Wie gestaltet sich die wirtschaftliche Situation in der Branche?
Költringer: Eine Auswertung der Bilanzen der Molkereien vom letzten Jahr zeigt sehr knappe Ergebnisse. Die Mehreinnahmen wurden zur Abdeckung der gestiegenen Kosten in den Molkereien und zur Erhöhung der Milchpreise verwendet. Diese wurden von der großteils genossenschaftlich organisierten Milchwirtschaft in Österreich 2022 um ca. 30 Prozent erhöht, zumal auch die Landwirte mit erheblichen Kostensteigerungen konfrontiert waren. Aktuell sind die Preise aufgrund geänderter Marktverhältnisse wieder rückläufig, was auch bereits zu Senkungen bei den Erzeugerpreisen führte und bei anhaltend hohen Kosten und laufenden Steigerungen zum Beispiel bei Lohnkosten eine problematische Entwicklung zeigt.
Nachhaltigkeit ist das Zukunftsthema der gesamten Wirtschaft. Wie ist die österreichische Milchwirtschaft hier aufgestellt?
Költringer: Milch aus Österreich ist nachhaltig, schon jetzt. Die österreichische Milchwirtschaft setzt seit langem auf eine breite Nachhaltigkeitsstrategie: Eine auf Grünland- und Raufutter basierte Fütterung, der Verzicht auf problematische Futtermittel wie Soja aus Übersee oder Palmöl, die mit Abstand höchsten Bioanteile in der EU, klein- und mittelbäuerliche Strukturen, eine angepasste Züchtung und strenge Tierwohlauflagen ergeben bereits heute die EU-weit besten Klimaschutzwerte für die österreichische Milchwirtschaft. Auch wissen wir um die hohen Leistungen der Milchwirtschaft für die Landschaftspflege und -erhaltung, die Artenvielfalt und die Ernährungssicherheit für unser Land.
Aktuell wird auch der bereits jetzt sehr hohe Tierwohl-Standard, aufgrund der gestiegenen Erwartungen der Gesellschaft bzw. der Erfordernisse aus dem Markt, weiter ausgebaut. So wird im Rahmen des AMA-Gütesiegels ab 2024 keine Milch aus dauernder Anbindehaltung mehr vermarktet. Weiters wird an einem Tierwohlkennzeichnungssystem gearbeitet, das modernen Tierwohlstandards entspricht, aber auch auf die strukturbedingten Besonderheiten in Österreich Rücksicht nimmt.
Wir wissen aber, die Entwicklung geht rasant weiter: verschärfte Gesetze, neue Auflagen, verpflichtende Reduktionsziele bei Treibhausgasen und neue Anforderungen vom Markt. Wir werden auch in Zukunft gefordert sein, neuen gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen und am Markt erfolgreich zu sein. Wir sehen auf Basis der bisher erreichten Erfolge in der Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie unsere Chance darin, den Österreichern und unseren Kunden im Ausland auch in Zukunft qualitativ hervorragende und nachhaltig produzierte Milchprodukte anzubieten, diese mit Erfolg zu vermarkten und so die besten Voraussetzungen für eine positive Weiterentwicklung der heimischen Milchwirtschaft zu schaffen.