Neues Kapitel in der Energieversorgung

Josef Plank, Leiter der Abteilung für Wirtschafts-, Agrar- und Europafragen im Österreichischen Raiffeisenverband (ÖRV), analysiert die aktuellen Entwicklungen am heimischen Energiemarkt.

Strommasten (Symbolbild)
(c) Pixabay

Österreich steht wie viele europäische Länder vor immensen Herausforderungen in der Energieversorgung. Der Ukraine-Krieg hat dem langjährigen Verlassen auf billige fossile Energiequellen ein jähes Ende bereitet. Nun rächt sich, dass wertvolle Jahre für den Umbau der Wirtschaft in Richtung erneuerbare Energiequellen nicht genutzt wurden. Aus diesen Fehler muss man lernen. Denn anstatt 10 bis 12 Mrd. Euro dürfte Österreich heuer für die Öl- und Gasversorgung etwa das Doppelte ausgeben. Neben den enorm gestiegenen Kosten steht seit der Drosselung der russischen Gaslieferungen nach Westeuropa sogar die grundsätzliche Verfügbarkeit von Erdgas im Raum. Aktuell sind die heimischen Speicher zu etwa 42 Prozent gefüllt. Bei der hohen österreichischen Abhängigkeit von fast 80 Prozent von russischem Gas könnten drastische Bewirtschaftungsmaßnahmen unausweichlich werden, um gut durch den Winter zu kommen. 

Das Klima- und Energieministerium hat bisher keine Bewirtschaftungspläne veröffentlicht bzw. Szenarien mit den betroffenen Wirtschaftszweigen durchgespielt, was nicht gerade zur Beruhigung der angespannten Lage führt. Aktuell werden mögliche Gas-Auktionen als eine Option für die Wirtschaft diskutiert. Damit soll jenen Betrieben geholfen werden, die Gas zu einem höheren Preis beschaffen müssen. Viele Betriebe versuchen in der Zwischenzeit eigenverantwortlich mit alternativen (alten) Versorgungsstrukturen (Erdöl) für den Notfall vorzusorgen. Die dazu erforderliche Rohstoffbeschaffung bindet Kapital, sofern Ersatzbrennstoffe überhaupt logistisch zu beschaffen sind. Alles in allem sind viele Fragen in dieser unsicheren Lage offen, die nun unter Zeitnot gelöst werden müssen. 

Porträt von Josef Plank, Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Agrar- und Europafragen im Österreichischen Raiff­eisenverband
Josef Plank, Leiter der Abteilung Wirtschafts-, Agrar- und Europafragen im Österreichischen Raiff­eisenverband (c) ÖRV/Sabine Klimpt

Der notwendige Umstieg auf erneuerbare Energie bekommt durch die akuten mehrfachen Herausforderungen einen neuen Rückenwind. Es ist aber allen klar, dass das Lösen aus der Umklammerung der fossilen Energieträger Zeit braucht, trotzdem muss das Tempo nun vernünftig erhöht werden. Um kurzfristig in der Versorgung mit Strom Sicherheit zu schaffen, sind schon vergangen geglaubte Technologien wie Kohlekraft leider ein notwendiges Übel, das man in Kauf nehmen muss, um noch größere wirtschaftliche und gesellschaftliche Verwerfungen zu vermeiden. Klar ist aber auch, dass das kein Weg in die vergangenen Energiezeiten ist, sondern die Notwendigkeit und Dringlichkeit des Umstiegs noch verstärkt.

Dazu werden alle ausgereiften Technologien gebraucht. Der größte erneuerbare Energieträger beim österreichischen Energiemix ist Biomasse und der erweist sich als sehr stabiler Faktor und kann seine Stärke bei der Wärme voll ausspielen. In der öffentlichen Diskussion fehlt diese Würdigung häufig. Effiziente Bioenergie wird neben der Solarenergie, der Windkraft und der Wasserkraft eine starke Komponente im klimafreundlichen Energiemix spielen. Zusätzlich müssen aber auch die Potenziale beim Energiesparen und der Energieeffizienz schnell gehoben werden – die Verteuerung der Energie beschleunigt diesen entscheidenden Prozess.

Österreich hätte in den letzten Jahren mehr Erneuerbare schaffen können. Umso ärgerlicher ist es aber, wenn jetzt ehemalige Spitzenpolitiker oder Vertreter von Regulatoren es schon immer besser gewusst haben. Genau jene, die damals erneuerbare Energie als zu teuer abgetan haben. Sie reden nun viel vom grünen Gas, standen aber nicht selten im Wege, sonst wäre Österreich in diesem Bereich schon weiter. Mit viel Engagement konnte immerhin verhindert werden, dass zum Beispiel Biogas als Teil des zukunftsträchtigen grünen Gases in Österreich nicht vollends abgedreht wurde. Insgesamt hat Österreich beim Thema grüner Energiemix sowohl technologisch und mengenmäßig in den letzten Jahren einiges versäumt, um technologisch, aber auch mengenmäßig am vorgezeichneten Klimaweg weiter zu sein. 

Der Raiffeisensektor sieht sich jedenfalls als stabiler und offensiver Partner für diesen Weg gut aufgestellt, um auch den heimischen Energiemarkt in die richtige Richtung zu entwickeln und Teil der Lösung zu sein – von der Finanzierung als Dienstleister im ländlichen Raum bis zur Übernahme der regionalen Verantwortung in den neuen Energiegenossenschaften. Gemeinsam können und müssen wir ein neues Kapitel in der Energieversorgung aufschlagen.