Julian le Play: „Diese Erkenntnis war wie eine Erleuchtung“

Reduzierte Arrangements mit alten Hits und neuen Liedern stehen im Zentrum des Albums „le Play unplugged“ von Julian le Play, das am 24. Oktober erscheint.

Es sei ein Fan-Album, meint der Sänger und Gitarrist Julian le Play im Interview, mit sehr persönlichen Facetten seiner Musik und mit Songs von jedem seiner bisher veröffentlichten fünf Studio-Alben. Begleitet von der Band und einem kleinen Orchester führt „le Play unplugged“ mit Hits sowie wiederzuentdeckenden Juwelen auf drei CDs beziehungsweise vier LPs durch die drei großen Kapitel des Lebens: das Suchen, das Finden und das Loslassen. 

„le Play unplugged“ ist nicht nur ein Live-Album, sondern auch ein Konzept-Album mit drei unterteilten Kapiteln. Hattest du da Vorbilder wie z. B. Frank Sinatra mit „Trilogy: Past, Present & Future“ oder Bob Dylan mit „Triplicate“ oder Prince mit „Emancipation“, die einen ähnlichen Ansatz verfolgten?
Julian le Play: Nein, gar nicht. Ich kenne diese Alben nicht, aber es macht natürlich Sinn, dass die es gemacht haben – ich glaube, als Künstler hast du oft das Bedürfnis, deine Musik dramaturgisch irgendwie in einen Rahmen zu gießen. Dass es jetzt am Album so ist, ist die Folge davon, dass es auf der Bühne so war. Dieses Konzept habe ich mir überlegt für diese Live-Konzerte, weil ich wusste, ich möchte eine Art Zäsur machen nach fünf Alben, die mit jedem Album lauter und schriller und poppiger und mit mehr Produktion wurden. Beim letzten Album „Tabacco“ mit „Woodstock“ wurde die E-Gitarre ausgepackt, und es ist alles immer expressiver und lauter geworden. Meine erste Entscheidung war daher zunächst einmal ein Stopp der Steigerungen. Gleichzeitig kam die Frage auf, wie es weitergehen soll und da dachte ich mir: zurück zum Anfang, zum Singer-Songwriting. Die nächste Überlegung betraf die Konzerte, wenn ich in Theaterhäusern auftrete. So kam es zur Idee mit den Akten, wie es sie in Theaterstücken gibt. Gleichzeitig beschäftigte ich mich persönlich mit dem Thema Loslassen. Es gibt ja diesen Satz, „das einzig Beständige auf der Welt ist die Veränderung“ …

… und wer die Veränderung nicht will, der will auch nicht das Leben …
Le Play: Ja, genau! Das sehen wir auch an den Jahreszeiten. Es kommt, es geht, es kommt, es geht – ähnlich wie in einem Zyklus, der sich immer wiederholt – Suchen, Finden, Loslassen. Diese Erkenntnis war für mich fast schon wie eine Erleuchtung. In allem, was uns Menschen ausmacht, gibt es diese drei Kapitel. Ich dachte mir dann, das sind die drei Themen, mit denen ich arbeiten will. Ich habe mir meine Musik angehört und konnte innerhalb kürzester Zeit jeden Song, den ich je geschrieben habe, in eines dieser Kapitel einordnen.

Das klingt nach einem philosophischen Zugang. Dein Künstlername kommt ja auch vom Ökonomen und Sozialtheoretiker Pierre Guilleaume Fréderic Le Play, der von einer idealen Gesellschaftsordnung geschrieben hat …
Le Play: Es steckt kein philosophischer Zugang dahinter, sondern mein Weg aus einer persönlichen Krise, als ich mich mit dem Thema Loslassen beschäftigen musste. Im Erkennen, dass das einfach der normale Ablauf unseres Lebens ist. Und dass es nicht darum geht, das jetzt wegzuschieben und zu sagen, ich will das nicht. Wir müssen uns immer wieder verabschieden. Und einen Zugang dazu zu finden, war mein persönliches Bedürfnis, sonst wäre ich in einer Verzweiflung geendet …

… oder im Nihilismus …
Le Play: … genau! Und mein Ziel war halt, nicht abzustumpfen. Viele Leute machen auch zu, weil sie diese Emotionen nicht spüren wollen und verschließen sich.

Hattest du auch Angst, schon irgendwie abzustumpfen?
Le Play: Ja, total.

Wie hat sich das geäußert? Auf kreativer oder auf menschlicher Ebene?
Le Play: Ich glaub, das geht einher, aber ich kann da nur für mich sprechen. Natürlich hatte ich die Angst, denn bei jeder Enttäuschung im Leben ist ja die Frage, ob du jetzt abstumpfst oder irgendwie negativ wirst, oder ob du es als ein weiteres Learning begreifst. In dieser Phase war ich letztes Jahr. Zeitgleich war die Unplugged-Tour bereits geplant. Da hat sich quasi meine persönliche Welt mit meiner beruflichen total überschnitten.

Die Lieder mussten für diese Tour komplett neu arrangiert werden. Wie kamen diese Arrangements zustande?
Le Play: Es gab ein sehr inspirierendes Event im letzten Jahr, da habe ich mit Reinhard Summerer, dem Arrangeur von den Wiener Symphonikern, zusammengearbeitet. Ihn habe ich dann gefragt, ob er sich vorstellen kann, die Unplugged-Arrangements für Streicher und Trompete zu machen. So wurden zuerst die klassischen Arrangements ausgearbeitet. Dann sind wir mit diesen Arrangements in den Proberaum und haben als Band unser Arrangement mit Gitarre, Akkordeon, Ukulele, Klavier etc. gemacht und dann alles miteinander vermischt. Prinzipiell war es also eine Gruppenarbeit.

Julian le Play
© Florian Moshammer

Nachdem du dich mit deiner eigenen musikalischen Vergangenheit wieder intensiv auseinandergesetzt und deine Alben wieder gehört hast: Wie war das für dich?
Le Play: Natürlich gibt es bei den 120 Liedern ein paar Ausreißer, wo ich mir nicht sicher bin, was ich mir dabei gedacht habe, aber in erster Linie hat es mich eigentlich sehr positiv beeindruckt. Oft mit dem Gefühl, wow, was habe ich mir mit 20 Jahren schon für Gedanken gemacht, wo kam denn das bitte her, da habe ich ja noch nichts erlebt.

Wie machst du die Qualitätskontrolle, in welcher Form die Texte dann Bestand für dich haben und auch diese Weitsicht sozusagen gleichzeitig zu fühlen, dass du dich dann eben in 20 Jahren oder wann auch immer nicht genierst dafür?
Le Play: (lacht) Die Grundregel ist einfach immer nur: Berührt es mich, dann hat es zumindest die Chance, wen anderen ebenfalls zu berühren oder zu begeistern.

Die Produktionsweise verändert sich derzeit massiv durch die Anwendung von Künstlicher Intelligenz. Wie gehst du damit um?
Le Play: Was das Komponieren betrifft, wäre mein Zugang, es als Inspirationshilfe zu sehen. Meine Grundprämisse ist, dass ich im Studio Spaß und eine gute Zeit mit Leuten habe, die ich mag. So habe ich auch mit der Musik begonnen, als ich 16 war. Wenn es mir in Zukunft Spaß macht, mit der KI gemeinsame Musik zu machen, dann passt es eh. Aber ich weiß, es wird immer auch Spaß machen, mit Leuten in einem Raum zu sitzen und eine gute Zeit zu haben. Deswegen mache ich Musik. Am wenigsten gefährlich wird mir KI als Sänger und Bühnenperformer. Ich glaube nicht, dass wir irgendwann alle dastehen und uns nur noch Hologramme auf den Bühnen anschauen.

AusgabeRZ43-2025

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