„Das Who’s who der Gegenwartskunst versammelt“

Das Kunsthaus Bregenz (KUB) feiert heuer sein 25-jähriges Bestehen. Direktor Thomas D. Trummer im Gespräch.

Welches Resümee lässt sich nach 25 Jahren Kunsthaus Bregenz ziehen?
Thomas D. Trummer: Es hat sich auf jeden Fall zu einer sehr erfolgreichen Kunstinstitution entwickelt. Schon der Start war großartig, denn das von dem Schweizer Architekten und Pritzker-Preisträger Peter Zumthor entworfene Gebäude wurde ja mehrfach – unter anderem mit dem Mies van der Rohe-Award – ausgezeichnet. 1997 eröffnet, zählt es bis heute es zu den bedeutendsten Museumsbauten der zeitgenössischen Architektur. Was es so herausragend macht, ist, dass es als Tageslichtmuseum konzipiert wurde. Dafür wurde der Betonkern mit Glas ummantelt, zudem gibt es eine abgehängte Decke aus Glas. Das lässt zu, dass das Tageslicht in das Gebäude eindringen kann. Dabei entstehen sehr schöne Lichtstimmungen, die sich je nach Tageszeit verändern, am Nachmittag ist das Licht eher gelblich und am Abend eher bläulich. Man kann aber beispielsweise auch wahrnehmen, wenn eine Wolke vorbeizieht.

Bei der Eröffnung war das Gebäude in der lokalen Bevölkerung sehr umstritten. Hat sich das seither verändert?
Trummer: Tatsächlich war das Kunsthaus anfangs umstritten, es ist ein architektonisch exponierter Bau, der die Seefront der Stadt wesentlich prägt. Dies war wohl gewöhnungsbedürftig. Heute ist die Bevölkerung stolz auf „ihr“ Kunsthaus. Auch weil seine internationale Bekanntheit das Ansehen der Stadt maßgeblich prägt.

Sie konnten viele international renommierte Künstler wie Donald Judd, Louise Bourgeois oder aktuell Jordan Wolfson im Kunsthaus Bregenz zeigen. Wie konnte ein Museum in einer relativ kleinen Stadt wie Bregenz eine so hohe internationale Strahlkraft entwickeln?
Trummer: Das liegt einerseits an der Architektur, aber auch an dem ambitionierten Programm. Meine Vorgänger haben hier alle sehr erfolgreiche Arbeit geleistet und so ist eine Liste zusammengekommen, die das Who’s who der Gegenwartskunst versammelt. Das Haus hat sich insbesondere seit dem Jahr 2000 sehr gut etabliert, wo wir begonnen haben, die Künstler einzuladen, ortsspezifische Arbeiten zu entwickeln. Ein Beispiel ist etwa Ólafur Elíasson, der 2000 alle vier Stockwerke durch Geruch, Nebel, Wasser, Pflanzen und Erde in einen Parcours „der Erfahrung und des Bewusstseins dieser Erfahrung“, wie er selbst sagte, verwandelt hat. Anders als in einem Museum, wo man ein Werk nach dem anderen betrachtet, betritt man hier einen Raum, der als Ganzes ein Kunstwerk ist. Das Kunstwerk umfängt Sie.

Neben den „big names“ zeigen Sie aber auch weniger bekannte Künstler. Warum? 
Trummer: Es sind oftmals die jüngeren Künstlerinnen und Künstler, die die Fragen der Gegenwart offener und schonungsloser benennen. Ich denke an Bunny Rogers, an Raphaela Vogel und andere. Es ist uns wichtig, diesen aufstrebenden Künstlern eine Bühne zu geben.

Porträt von Direktor Thomas D. Trummer
(c) Kunsthaus Bregenz/Miro Kuzmanovic

Konnte das Kunsthaus den Kunststandort Bregenz befruchten?
Trummer: Bregenz ist ein sehr lebendiger Kunststandort. Es gibt auch andere, sehr engagierte Institutionen und dadurch wird das Kunstleben gesteigert. Ein Faktor ist auch, dass die Künstler, die wir einladen, eng mit den lokalen Handwerkern zusammenarbeiten. Die Künstler sind meist in der letzten Vorbereitungsphase über einen längeren Zeitraum hier – Anna Boghiguian zum Beispiel wird nun vier Monate in Bregenz sein – und in einer Stadt dieser Größe sind die Künstler viel greifbarer. Man trifft sie auf der Straße oder im Café. Das ist ein großer Vorteil, denn in New York müsste man 1.000 US-Dollar bezahlen, um bei einem Dinner mit einem dieser Künstler dabei zu sein. 

Anlässlich des Jubiläums haben Sie heuer eine Ausstellung mit Arbeiten von Otobong Nkanga und Anna Boghiguian im Zuge der Venedig-Biennale gezeigt. Werden dieser noch weitere Schauen an nur temporär bespielten, internationalen Orten folgen?
Trummer: Ob das eine Fortsetzung findet, werden wir sehen, aber auf jeden Fall war es ein richtiger Schritt, eine andere Öffentlichkeit zu suchen und zu zeigen, was wir und unsere Künstler können.

Was das Kunsthaus Bregenz schon lange macht, ist, dass es auch Kunstprojekte im öffentlichen Raum realisiert. Was ist das Ziel dahinter?
Trummer: Das wurde insbesondere vor 10, 15 Jahren gemacht, mit den Projekten wollen wir einen Beitrag zur kulturellen Identität der Region leisten. Aus ökonomischen Gründen machen wir das mittlerweile weniger, wobei wir erst letztes Jahr eine permanente Installation des Schweizer Künstlers Roman Signer im Montafon auf über 2000 Meter Höhe realisiert haben. Dabei wurde ein Bach, der unter einer Brücke in den Bieler Stausee fließt, gestaut und als bogenförmige Fontäne über den Weg hinweg wieder in den See geführt. Der Bach bildet also einen Wasserbogen und zugleich eine Brücke. Diese absurde Manipulation – ein flüssiges Element zu einem statischen Gebilde und damit zur Skulptur – ist charakteristisch für Signers Arbeiten.

Ihr Vertrag ist bis 2025 befristet. Welche Weichenstellungen legen Sie für die Zukunft des Kunsthauses Bregenz? 
Trummer: Der bisherige Kurs war sehr erfolgreich und den sollte man auch beibehalten: mit Kunstwerken, die einmalig sind, mit Immersionen, also Raumeindrücken, von denen man überwältigt wird; und man sollte auch weiterhin Künstler in einer Mixtur aus altbewährten Größen und jüngeren Kunstschaffenden, die das erste Mal die Chance bekommen ein so großes Haus zu bespielen, einladen.

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