Stabilitätsanker Genossenschaft

Die Raiffeisen-Genossenschaften in Oberösterreich haben ihren Erfolgskurs 2022 fortgesetzt. Neue Genossenschaften sind auf dem Vormarsch.

Blick ins Publikum. Mehr als 400 Funktionären, Führungskräften und Mitarbeitern aus der oö. Genossenschaftsfamilie nahmen am Landesgenossenschaftstag im Design Center Linz teil.
Mehr als 400 Funktionären, Führungskräften und Mitarbeitern aus der oö. Genossenschaftsfamilie nahmen am Landesgenossenschaftstag im Design Center Linz teil. © Foto Strobl

In der aktuellen Zeit großer politischer und wirtschaftlicher Verwerfungen sowie massiver gesellschaftlicher Herausforderungen leisten die über 250 oberösterreichischen Raiffeisen-Genossenschaften einen wesentlichen Beitrag für Sicherheit und Stabilität im Bundesland. „Aus einer Position der Stärke heraus basierend auf einer sehr gesunden wirtschaftlichen Substanz haben alle unsere Genossenschaften eine stabile Entwicklung gezeigt“, zog Genossenschaftsanwalt Walter Lederhilger beim diesjährigen OÖ. Landesgenossenschaftstag zufrieden Bilanz. In Zeiten, in denen Versorgungssicherheit nicht mehr selbstverständlich sei und wirtschaftliche Unabhängigkeit einen immer stärkeren Wert bekomme, wirken Genossenschaften stabilisierend und unterstützen Wirtschaft und Gesellschaft. „Die Grundwerte einer Genossenschaft sind nicht nur tragfähig und zukunftsfähig. Subsidiarität, Solidarität, Wertschätzung und Zusammenhalt sind Grundsätze, die wir heute mehr denn je brauchen“, ist Lederhilger überzeugt. 

Auch Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer sieht in den Prinzipien und im Wesen der Genossenschaft einen Garant für die hohe Lebensqualität des Landes. „Das Miteinander ist gerade in Oberösterreich ein Grundkonzept des Erfolges. Genossenschaften leben das vor und machen daraus wirtschaftlichen Erfolg“, so der Landeshauptmann. 

Die führende Rolle der oö. Genossenschaften in den Finanzdienstleistungen und der Lebensmittelerzeugung sprach auch der neue Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV), Johannes Rehulka, in seinen Grußworten an: „Die 250 Genossenschaften in Oberösterreich stehen im Eigentum von über 350.000 Mitgliedern und sind damit ein starkes Zeichen für die Idee der Genossenschaft: Entscheidungen fallen vor Ort und die Wertschöpfung bleibt in der Region.“ Gerade die Eigeninitiative der Genossenschaftsmitglieder wäre auch in der Gesellschaft heute gefragt. Nach dem Staat zu rufen, gehöre nicht zum Selbstverständnis von Genossenschaften, so Rehulka, der sich bei den zahlreichen ehrenamtlichen Funktionären für ihr Engagement ausdrücklich bedankte. 

„Genossenschaften sichern als Nahversorger den finanziellen Blutkreislauf unserer Wirtschaft, sie leisten als starker Partner der Landwirtschaft einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit, sie sind ein regionaler und nachhaltiger Energieversorger, und vieles mehr“, unterstrich Verbandsdirektor Norman Eichinger. Gerade in Zeiten multipler Krisen könne man die Stärke des Genossenschaftswesens gut gebrauchen. „In Zeiten großer Unsicherheit braucht es Konstanten, auf die man sich verlassen kann“, so Eichinger, „Genossenschaften geben Sicherheit“. 

Finanzieller Blutkreislauf

Als Marktführer seien die 70 Raiffeisenbanken mit einer Bilanzsumme von 31,5 Milliarden Euro das starke Herz des finanziellen Blutkreislaufs in Oberösterreich. Insgesamt werde mit einem starken Betriebsergebnis von über 340 Mio. Euro und einem guten Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Höhe von 230 Mio. Euro gerechnet. 

Die Lagerhausgenossenschaften haben 2022 die 1-Milliarde-Euro-Schallmauer bei der Betriebsleistung erstmals durchbrochen und erwarten ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis, welches das Eigenkapital voraussichtlich auf über 210 Mio. Euro steigern wird. Sie seien mit 117 Filialen und knapp 2.000 Mitarbeitern eine wichtige Kraft am Land. 

Genauso bedeutend für die Versorgungssicherheit seien die Molkereigenossenschaften. Diese verzeichneten 2022 einen Anstieg der Betriebsleistung von knapp 24 Prozent auf 1,44 Mrd. Euro. Trotz stark gestiegener Energiepreise konnten die Milchauszahlungspreise deutlich gesteigert werden.

Dass Genossenschaften aktuell eine Renaissance erleben, zeigt die Gründung zahlreicher neuer Genossenschaften, vor allem im Energiebereich. „Genossenschaften zeigen vor, wie man durch regionale Wirtschaftskreisläufe die Abhängigkeit von importierter Energie reduziert, klimaschonend agiert und die regionale Wertschöpfung fördert“, zeigte sich Eichinger zufrieden. So sorgen etwa die 84 Biomasse-Genossenschaften für regional produzierte Energie vor Ort. Zudem wurden 2022 die ersten Erneuerbaren Energiegemeinschaften auf Basis des Erneuerbaren Ausbaugesetzes in Genossenschaftsform gegründet. Diese nützen die neuen rechtlichen Möglichkeiten im Strombereich, um die Wertschöpfung aus regional erzeugter erneuerbarer Energie zur Gänze vor Ort zu belassen. In diesen neuen Energiegenossenschaften profitieren alle Teilnehmer wirtschaftlich und gleichzeitig wird ein wichtiger Beitrag gegen den Klimawandel geleistet. Der Raiffeisenverband Oberösterreich sieht hier noch ein enormes Potenzial für Genossenschaften – zahlreiche Projekte befinden sich in Planung. 

Neue Genossenschaften 

Nicht nur im Energiebereich bietet die Genossenschaft einen wirksamen Rahmen für neue Initiativen zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen – auch etwa bei der Sicherung der Infrastruktur in den Regionen durch den Weiterbetrieb von Gasthäusern oder Nahversorgern. Auch in Schulen hat die Genossenschaft mit der Gründung der ersten drei Schülergenossenschaften Eingang gefunden. „Eine Genossenschaft verbindet die Stärke einer GmbH mit der Flexibilität eines Vereins“, fasste der Verbandsdirektor zusammen.