„Der Überlegte ist der Klügere“

Michael Traindt weiß, wie man einem verbalen Angriff elegant ausweicht, wie man den Ball zurückspielt oder sich über einen Untergriff mit Leichtigkeit hinwegsetzt.

Comic Illustration eines Schlages
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Sie sagen, Schlagfertigkeit ist nicht gleich Schlagfertigkeit.
Michael Traindt: Genau, es lassen sich drei Arten von Schlagfertigkeit unterscheiden. Die eine ist – wie es oft verstanden wird – die „Lustige“, also wie kann ich im Freundeskreis möglichst lustig auf einen „Schmäh“ antworten. Die andere ist das klare und deutliche „Zurückschlagen“, wenn mir einer „blöd kommt“. Diese beiden Arten behandle ich nicht in meinem Buch. Ich möchte viel mehr zeigen, wie man sachlich und professionell bleiben und sich schützen kann, wenn man persönlich angegriffen, provoziert oder beleidigt wird. Denn nicht der Schnellere ist der Stärkere, sondern der Überlegte ist der Klügere. Schlagfertigkeit ist für mich die Fähigkeit, in einer schwierigen Situation souverän und stark zu reagieren. 

Welche Situationen sind das?
Traindt: Wirklich schwierig wird es bei Themen wie Alter, Herkunft, Geschlecht, Kompetenz und Aussehen – all das, wo es persönlich wird, wird oft dazu verwendet, um Druck aufzubauen oder abzulenken und die sachliche Ebene zu verlassen.

Aus welchen Gründen greift man andere überhaupt an?
Traindt: Es kommt immer auf Situation und Kontext an. Wenn sich mein bester Freund über mein Gewicht lustig macht, ist das etwas anderes, weil wir uns seit dem Kindergarten kennen. Im beruflichen Umfeld wäre das eher eine Kränkung oder eine Beleidigung. Aber warum macht man das? – Sehr oft ist es die eigene Unsicherheit. Angreifer sind vielleicht selber überfordert oder nicht kompetent genug. Das wollen sie dann mit besonders starkem oder arrogantem Auftreten überspielen. Oder sie nutzen ihre Machtposition aus. Das ist für mich jedoch kein Zeichen von Stärke. Jemand, der souverän und selbstsicher ist, braucht keine persönlichen Angriffe, weil er sich aufgrund seiner Sicherheit und Kompetenz inhaltlich ohnehin durchsetzt. 

Eine große Rolle spielt also der Selbstwert dabei … 
Traindt: Es ist wichtig zu erkennen, dass, egal wie mich andere behandeln, mein Wert immer gleich bleibt. Das ist natürlich leicht gesagt und schwer getan. Aber den eigenen Wert kann mir keiner wegnehmen. Wenn man das verinnerlicht, wird man automatisch weniger angreifbar und souveräner.

Kann jeder Schlagfertigkeit erlernen?
Traindt: Ja. Die Frage ist, ob – wie beim Skifahren – jeder ein Hermann Maier wird. Talent hilft, wie in jedem Lebensbereich, aber letztlich ist Schlagfertigkeit Vorbereitungssache. Die schlagfertigsten Menschen sind jene, die am besten vorbereitet sind. Dazu beschreibe ich auch fünf Regeln in meinem Buch: „Kenne deine Rolle, deine Kernwerte und deine Glaubenssätze“, „Halte etwas aus“ und „Wehre dich“. 

Wie haben Sie gelernt, schlagfertig zu sein?
Traindt: Ich war nicht immer schlagfertig. Durch die Beschäftigung damit habe ich mein Talent dafür erkannt. Außerdem kann ich selbst nachvollziehen, wie es sich anfühlt, wenn man einmal keine Antwort hat. Und im Laufe der letzten 20 Jahren habe ich natürlich auch viele Erfahrungen und Beispiele mit Kunden gemacht. Letztlich ist es eine Trainingssache. Es braucht Mut und Übung.  

Sie bieten auch ein Seminar beim Raiff­eisen Campus zum Thema Schlagfertigkeit an. Was können Teilnehmer erwarten und an wen richtet sich dieses Angebot?
Traindt: Nicht nur an Führungskräfte, sondern auch an Mitarbeiter, die Kundenkontakt haben. Im Rahmen des Seminars trainiert man anhand verschiedenster Übungen genau die fünf genannten Regeln aus meinem Buch. Die Praxisnähe ist dabei besonders wichtig. Es geht um hilfreiches Wissen für den Beruf und anwendbare Techniken. 

SchlagfErtigkeit ist kein Zufall, sondern erlernbar.

Michael Traindt

Gibt es Raiffeisen-spezifische Situationen, wo es oft an Schlagfertigkeit fehlt?
Traindt: Gerade in ländlichen Regionen ist es für viele Kundenberater oft eine Herausforderung, die berufliche Rolle von der privaten – als Nachbarin, Freund, Vereinsmitglied– abzugrenzen. Genauso kann es zwischen Mitarbeiter und Führungskraft mit einem freundschaftlichen Verhältnis schwierig sein, wenn es dann um berufliche Belange, wie etwa ein Kritikgespräch, geht. Eben diese Abgrenzungsfragen sind Teil meines Schlagfertigkeitstrainings. 

Welchen Tipp können Sie den Lesern mitgeben?
Traindt: Am wichtigsten ist die Erkenntnis, dass schlagfertige Menschen am besten vorbereitet sind. Und die Vorbereitung hat man selber in der Hand. Schlagfertigkeit ist kein Zufall, sondern erlernbar. Außerdem kann auch nicht reagieren schlagfertig sein. Bevor man aus der Emotion heraus einen „Blödsinn“ sagt, ist es vielleicht besser, nichts zu sagen und das Gespräch zu verschieben.

Dazu braucht es aber einiges an Selbstbeherrschung.
Traindt: Richtig, man muss auch erkennen, dass man den anderen nicht dazu zwingen kann, einen respektvoll zu behandeln. Menschen, die über solchen Angriffen stehen und sich nicht auf dieselbe Ebene begeben, werden letztendlich weniger angegriffen. Menschen, die Selbstwert haben und ihre Kernwerte kennen, werden weniger oft angegriffen, weil der Angreifer aufgibt, weil er erkennt, dass der andere nicht aus der Ruhe zu bringen ist.