Mit kalkuliertem Risiko bergab

Der Tiroler Mountainbiker Moritz Waibl gehört zu den aufstrebenden Talenten der österreichischen Downhill-Szene. Dabei kommt es auf die Balance zwischen Mut und Sicherheitsdenken an, verrät das 16-jährige Multitalent, das bereits kommendes Jahr Weltcup-Luft schnuppern möchte.

Die meisten Menschen schätzen es nicht so sehr, wenn es im Leben dauernd bergab geht und einem Steine in den Weg gelegt werden. Moritz Waibl dagegen blüht bei solcherlei Bedingungen erst so richtig auf. „Eine steile Piste mit viel Geröll – genau das Richtige für mich“, sagt der Tiroler auf dem Weg nach Val di Sole, wo er Ende August einen Trainingstag auf der dortigen Weltcup-Piste einlegt. Denn auch wenn Radfahren – oder besser: Mountainbiken – sein großes Hobby ist und er sich eine Profikarriere in diesem Metier durchaus vorstellen kann; in die Pedale treten ist so überhaupt nicht nach dem Geschmack des 16-jährigen Top-Talents. „Nein, das ist gar nicht meins. Bei mir muss es mit viel Geschwindigkeit nach unten gehen.“

Das beherrscht er allerdings so gut wie nur wenige andere. In diesem Jahr ist er in verschiedenen Rennserien bereits in die Top Ten gebrettert, er hat es sogar bis zur U17-Europameisterschaft ins spanische La Molina geschafft. Dort landete er „beim größten Wettkampf, an dem ich jemals teilgenommen habe“, von 100 Fahrern auf Platz 36. Ein mehr als respektables Ergebnis. „Ich bin total zufrieden, vor allem, weil ich in meinem Run kaum Fehler gemacht habe“, resümiert er das Erlebnis, das ihm einen Vorgeschmack auf die kommenden Jahre gegeben hat. Ein riesiges Teilnehmerfeld, viele Zuschauer an der Strecke und Bedingungen, wie man sie nicht alle Tage erlebt. „Alle großen Teams waren am Start und haben riesige Zelte aufgebaut, überall haben Mechaniker geschraubt, Fotografen haben alles festgehalten, die Abläufe waren strikter als bei normalen Rennen. Ein tolles Erlebnis, bei dem ich für meine Zukunft viel mitnehmen konnte.“

Eine Zukunft, die sich noch mehr auf zwei Rädern abspielen soll als bisher. Denn zurzeit tanzt Waibl noch auf mehreren Hochzeiten, fuhr im Winter erfolgreich Ski-Rennen und kickte im Sommer in der Tiroler Liga. Sportarten, die dem Bewegungstalent („Ich hatte immer schon den Drang, etwas zu machen, sonst wird mir langweilig.“) viel Spaß machen. Aber wenn man es zu etwas bringen will, ist es sinnvoll, sich zu spezialisieren. „Tatsächlich fiel mir die Entscheidung nicht leicht“, gesteht er. Aber letzten Endes war der Drang, seinen Weg im Downhill-Bereich zu suchen, doch am größten.

Alles begann in Kanada

Die Lust, sich auf dem Bike mit anderen zu messen, wurde dabei allerdings nicht in Tirol, sondern circa 8.000 Kilometer weiter westlich geweckt. Mit seinem Vater Raimund, Musiker und selbst begeisterter Mountain­biker und Schrauber, besuchte er bei einem Familienurlaub in Kanada die Rennstrecke von Whistler. „Dann hat mein Papa entdeckt, dass ich dort auch bei einem Rennen mitmachen kann – das hat meine Leidenschaft geweckt.“ In Österreich wäre das zum damaligen Zeitpunkt gar nicht möglich gewesen, da es Serien wie den heute etablierten Kids Cup, bei dem sich schon Fünfjährige zu Tal stürzen können, noch gar nicht gab. Manchmal braucht es eben auch Zufälle, um auf den rechten Weg zu kommen.

Kein Zufall ist dagegen, dass Moritz viele der Eigenschaften mitbringt, die ein guter Downhill-Fahrer braucht. Welche das sind? „Drei Dinge sind entscheidend“, erklärt Waibl. „Der Mut, gefährliche Abschnitte mit großer Geschwindigkeit zu durchfahren und weite Sprünge zu absolvieren. Die Konzentration, immer mit 100 Prozent bei der Sache zu sein. Und die Balance, abwägen zu können, wie viel Risiko man nehmen muss und wie viel Sicherheitsdenken man an den Tag legen sollte.“ Kalkuliertes Risiko also. Denn Stürze gehören in diesem ­rasanten Sport zum Alltag, nicht selten passieren dabei schwere Verletzungen. Von denen blieb Waibl allerdings bisher ­verschont. „Das Schlimmste war, als ich mir die Pedale in den Knöchel gerammt habe und genäht werden musste, weil die Haut weg war“, erzählt er. Kein Wunder, dass seine Mama meist dankend darauf verzichtet, im Ziel zu stehen und zu hoffen, dass ihr Sohn heil den Berg hinunterkommt. „Dafür unterstützt sie mich in anderen Bereichen nach Kräften.“

Ziel: höchstes Level

Das ist auch nötig, denn Ziele hat er für die nahe Zukunft einige. Dieses Jahr stehen noch die iXS International Rookie Championships in Schladming (21. September) sowie die Tiroler Landesmeisterschaften im Oktober auf dem Programm, bei denen er einen Podestplatz ergattern will. „Das ist realistisch, da die Konkurrenz zwar individuell sehr stark, aber zahlenmäßig nicht übertrieben groß ist.“ Und in der kommenden Saison, wenn das Mountainbiken noch mehr im Fokus steht, will er auch erstmals Weltcup-Luft schnuppern und bei einem oder zwei Rennen auf höchstem Level an den Start gehen. „Ich habe die Veranstaltung in Leogang im Auge, das ist von der Entfernung her gut machbar.“ Ein verständlicher Ansatz, schließlich finden die Rennen im Europacup, bei denen Moritz jetzt schon mitfährt, auf dem ganzen Kontinent statt, was eine enorme Reisetätigkeit mit sich bringt. „14 Stunden im Auto können schon auch lang und anstrengend sein“, sagt er mit einem Lachen. „Aber das gehört einfach dazu.“

So wie die Schule auch zu seinem Alltag gehört, obwohl er jetzt schon an drei oder vier Tagen die Woche im Sattel sitzt und ergänzend trainiert. Das Ganze mit tatkräftiger Unterstützung von der Raiffeisen-Landesbank Tirol, die ihn seit etwas mehr als zwei Jahren sponsert. „Gerade als junger Sportler wird es ohne solche Hilfe schwierig, die Karriere zu finanzieren. Erst recht bei unserem Sport, wo zu den Reisen ja auch noch das Material kommt. Darüber bin ich schon sehr froh und dankbar“, sagt Waibl, der in zwei Jahren seine Matura machen möchte. 

Was danach kommt, steht für ihn noch in den Sternen. Wenn es dann profimäßig so richtig bergab geht und auf seinem Weg viele Steine liegen, hätte er sicher nichts dagegen. 

AusgabeRZ36-2025

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