„Es wird keine sanfte Evolution, sondern eine Revolution“, eröffnete Posthof-Chef Gernot Kremser die Programmvorschau auf die Linzer Tanz Tage 2026. Nach diversen Veränderungen im letzten Jahr präsentiert sich die Veranstaltung, die von einer langjährigen Tradition geprägt war, mit neuem Konzept: Im kommenden April lädt man im Posthof daher zu den „Post Dancing Days 26“. Die Besucher erwartet ein geballtes Programm, das vier Tage lang Tanzkunst unterschiedlichster Richtungen auf die Bühne bringt.
Kremser freut sich auf das neue Format, das auch mit einer neuen Kuratorin aufwarten kann. „Neue Türen haben sich geöffnet, und durch eine dieser Türen ist Silke Grabinger gekommen“, stellte er die Kuratorin vor, die für das Programm des neuen Festivals verantwortlich zeichnet. Der rote Faden, der sich durch die Post Dancing Days ziehen wird, ist urban und zeitgenössisch. Das neue Festival möchte seine innovative Seite stärken und setzt gleichzeitig auf Interaktion, wie Grabinger unterstreicht: „Von experimentellen Solostücken bis zu großen Ensembleproduktionen, von improvisierten Sessions bis zu partizipativen Projekten.“ Künstlerische Freiheit und gesellschaftliche Reflexion sollen dabei im Mittelpunkt stehen.
Preisgekrönte Performance
Den Auftakt zu vier prallgefüllten Tagen Tanz bildet am 27. April Rauf Yasit („RubberLegz“) mit dem Urban Arts Ensemble Ruhr. „Cracks“ ist ein emotionales Tanzstück, das seinen Ursprung in den Jugendjahren des gefragten HipHop-Choreografen hat. Die Graffitis an den Hauswänden seiner Jugend erschienen Yasit damals wie Cracks, wie Risse in einer Fassade, hinter denen sich eine andere Welt verbirgt – eine Metapher für den urbanen Tanz. Mit „Cracks“ kehrt der in Los Angeles lebende Künstler in seine Heimat zurück und lässt die Körper der Tänzer zwischen dem Spannungsfeld von Gegenwart und Vergangenheit auftreten. Das Urban Arts Ensemble Ruhr versteht HipHop als demokratische Kunstform und verbindet Straßenenergie mit künstlerischer Präzision.

Am 28. April darf sich das Publikum mit „Panopticon“ auf eine international preisgekrönte Performance freuen. In einem Solo von 30 Minuten tanzt die mehrfach ausgezeichnete griechische Performerin Vasiliki Papapostolou alias „Tarantism“ den inneren Konflikt zwischen Ich, Über-Ich und Unterbewusstsein. Ihre blutroten Hände leuchten dabei vor der in Schwarz getauchten Bühnenkulisse und ringen mit dem Paradox, sichtbar sein zu wollen, sich aber im selben Moment unsichtbar zu fühlen.
Das zweite Stück des Tages stellt eine Verbindung zur Musik her. Kalli Tarasidou und Christian „Robozee“ Zacharas – zwei der prägendsten Persönlichkeiten der europäischen urbanen Tanzwelt – werden „Zwei gegen Sacre“ von Igor Strawinsky präsentieren. „Sie werden sich gemeinsam in einer Weltpremiere dem Stück neu nähern“, so Grabinger, die sich freut, das Stück exklusiv in Linz zeigen zu können. „Wir haben zwei Perspektiven, einen 3-D-Sound und zwei Tänzerinnen bzw. Performerinnen, die dieses Ballett neu interpretieren.“
Der positive Battle
Am Internationalen Tag des Tanzes, dem 29. April, ist es schließlich Zeit für das Herzstück der Post Dancing Days, bei dem lokale und internationale Künstler zu sehen sein werden: Floor on Fire. Dazu wird der große Saal des Posthofes in eine Arena verwandelt, in deren Mitte ein neues Format des Battle gezeigt wird. Dieses wurde ausgehend von Hellerau, dem europäischen Zentrum der Künste Dresden, mit den deutschen Breakdance-Meistern „Saxonz“ entwickelt. „Dazu laden sie je vier Tänzerinnen aus vier Sparten ein, die gegeneinander im positiven Wettbewerb tanzen“, erklärt die Kuratorin den Ablauf. Eine eigene Jury, bestehend aus hochkarätigen Personen und dem Publikum, entscheidet gemeinsam darüber, wer in den Battles weiterkommt. Ein Vierer-Team wird von den Saxonz selbst gestellt, eines besteht aus Tänzerinnen der lokalen urbanen Streetstyle-Szene, es wird ein Ballett-Team geben und ein Team der Tanz-Linz-Company des Musiktheaters Linz. „Es werden viele in ihrer absoluten Profession sein, aber auch ein bisschen aus ihrer Komfortzone herausgelockt. Es wird eine Fusion der unterschiedlichen Stile“, stellt Silke Grabinger dem Publikum in Aussicht.
Das Highlight des letzten Festivalabends vereint Musik und Tanz in einer sehr poetischen und intensiven Produktion: „Album – the muse at work“. Choreografin und Tänzerin Naïma Mazic hat mit ihrer Nïm-Company und der iranisch-kanadischen Musikerin Golnar Shahyar eine Art Konzertreise entwickelt. Gezeigt werden neun Jazztitel, die für Frauen oder von Frauen geschrieben worden sind. Der Bogen spannt sich dabei vom New Yorker Club über persönliche Erzählungen bis zum Wiener Schlafzimmer.

Innovation und Austausch
Um das Publikum noch mehr in die Vorführungen einzubeziehen und auch die Hintergründe und Entstehungsgeschichten der Produktionen zu diskutieren, wird es 2026 erstmals Stückeinführungen geben. „Das neue Festivalformat setzt auf Innovation und Austausch“, betont Silke Grabinger, die in diesem Rahmen immer eine Stunde vor Beginn der Vorstellung einen Vertreter der Company zum Gespräch bitten wird. Alle Interessierten sind eingeladen, sich daran zu beteiligen.
Gleiches gilt für die Workshops in den Räumlichkeiten des Linzer Museums Lentos. Geplant ist z. B. ein Termin am 28. April mit Rauf Yassit, „für diejenigen, die einfach lernen wollen“, erklärt Grabinger. Und es wird offene Trainings der Companys für Netzwerk und Austausch mit professionellen Tänzern geben.
Die Post Dancing Days würden ihrem Namen nicht gerecht, wenn man nicht auch selbst tanzen könnte. „Die Tanztage sollen nicht nur konsumiert werden, sondern partizipativ erlebt werden dürfen“, freut sich Gernot Kremser auf das „Take Over“ am 30. April, bei dem gemeinsam mit der Nightline des Crossing Europe Festivals 2026 das Foyer des großen Saals zum Tanzsaal für alle erklärt wird und das Tanzfestival seinen Abschluss findet.









