„Wir leben den Tiroler Weg“

Das Union Raiffeisen Radteam Tirol gehört zu den erfolgreichsten Talenteschmieden des Landes. Bei den Staatsmeisterschaften wurden zuletzt sowohl bei den Damen als auch bei den Herren Ausrufezeichen gesetzt. Und auch in Segmenten wie dem Behindertensport ist man ambitioniert.

Christian Kapferer ist nicht dafür bekannt, ein Marktschreier zu sein. Doch als der Finanz- und Marketing-Verantwortliche des Union Raiffeisen Radteam Tirol die Ergebnislisten der Österreichischen Staatsmeisterschaften im Straßen-Radrennen studierte, kam ihm ein ordentlicher Jubelschrei aus. „Das ist ja ein Medaillenregen für unser Team“, frohlockte der 56-Jährige. Und verwies auf das vierfache Edelmetall, das seine Fahrerinnen und Fahrer Mitte Juni in Kufstein eingeheimst haben. Plus vier weitere Medaillen, da der Wettkampf gleichzeitig als Tiroler Meisterschaft absolviert wurde. „Mit einem solchen Erfolg war im Vorfeld nicht zu rechnen. Diese Leistungen können sich sehen lassen.“

Einer der Protagonisten, auf die das Team aus Schwaz besonders stolz war, ist Mario Gamper. In der U23-Wertung holte er sich den dritten Platz, was im Gesamtklassement der Elitefahrer Rang 16 bedeutete. Eine starke Leistung für den erst 21-Jährigen, bei dessen Namen Radsport-Insider hellhörig werden. Denn auch seine beiden Brüder sind in der Szene durchaus große Nummern, vor allem der älteste, Patrick, hat es mittlerweile zu einem Team der weltweit höchsten Kategorie geschafft. Demnächst soll er für den deutschen Rennstall Bora-hansgrohe sogar bei der Vuelta, der berühmten dreiwöchigen Spanien-Rundfahrt, an den Start gehen. Was einer Adelung als absoluter Top-Fahrer gleichkommt.

„Alle drei Gamper-Brüder (Anm.: Marios Zwilling Florian fährt mittlerweile beim Tirol KTM Cycling Team in Innsbruck) haben ihre Anfänge beim Union Raiffeisen Radteam Tirol gemacht“, erzählt Kapferer nicht ohne Stolz. Und verweist auch deshalb auf diese Erfolgsgeschichte, weil sie typisch ist für den Ansatz, den man in Schwaz verfolgt. Heimische Talente entdecken, fördern und ausbilden und damit so gut wie möglich auf eine internationale Karriere bei einem größeren Team vorbereiten. So wie es zwischen 2010 und 2016 beispielhaft gelungen ist, als man die meisten Titel im Jugendbereich in Österreich gewann und im Nachwuchs das Maß der Dinge war. „Wir sind ein Ausbildungsverein, der allerdings selbst ehrgeizige Ziele verfolgt“, fasst es der 56-Jährige zusammen.

Wir sind ein Ausbildungsverein, der allerdings selbst ehrgeizige Ziele verfolgt.“

Christian Kapferer

Wenn Kapferer über die aktuelle Situation spricht, kommt immer wieder der Begriff „Umbruch“ vor. Der ergab sich 2017 deshalb, weil der langjährige und erfolgreiche Obmann Thomas Kreidl, vorher selbst ein anerkannter Elitefahrer, nach 20 Jahren an der Spitze amtsmüde wurde, sich der Verein deswegen neu aufstellen musste. Und diesen Re-Start auch dazu nutzte, sich über den sportlichen Weg Gedanken zu machen und langsam, aber konsequent begann, an der einen oder anderen Stellschraube zu drehen. So geht man seit dieser Saison erstmals als sogenanntes UCI Continental Team an den Start, was der dritthöchsten Kategorie im weltweiten Radsport entspricht. Und was zur Folge hat, dass man an größeren internationalen Rennen teilnimmt – wenn es denn die Corona-Situation, die dem Radsport nach wie vor zu schaffen macht, zulässt.

Die neue Lizenz ist aber längst nicht die einzige Veränderung, die sich das Team auf die Fahnen geschrieben hat. So war es den Verantwortlichen ein großes Anliegen, auch ein konkurrenzfähiges Elite-Frauenteam auf die Beine zu stellen. Was durchaus gelungen ist, wie Top-Platzierungen von Fahrerinnen wie Gabriela Erharter (bei den Österreichischen Meisterschaften Zweite im Einzelzeitfahren) oder Katharina Kreidl (Dritte bei der U23) beweisen. Kapferer: „Es ist ja leider so, dass beim Sport die Damen oft im Schatten der Herren stehen. Umso froher waren wir, dass mit Stefan Danner und Alexander Kreidl zwei kompetente ehemalige Fahrer bereit waren, den Aufbau des Teams zu übernehmen.“ Zu dem gehört auch Elisabeth Kappaurer, die frühere Junioren-Weltmeisterin im Skifahren, die sich nach zwei schweren Verletzungen über den Radsport wieder an ihre Top-Form herantasten möchte.

Otto Prantl, Geschäftsleiter der RRB Schwaz, und Christine Hofer, Geschäftsführerin der Raiffeisen Werbung Tirol, mit einigen Damen und Herren der Elite Mannschaften.
Otto Prantl, Geschäftsleiter der RRB Schwaz, und Christine Hofer, Geschäftsführerin der Raiffeisen Werbung Tirol, mit einigen Damen und Herren der Elite Mannschaften. (c) Dietmar Walpoth

Ebenfalls im Aufbau begriffen ist die Sektion Behindertensport, mit der man eine Anlaufstelle für Athleten sein möchte, die in diesem Bereich Unterstützung benötigen. Hier dient der erfolgreiche Liegend-Radfahrer Simon Wallner als Vorbild, der seit Kurzem unter dem Label Union Raiffeisen Radteam Tirol an Para-Rennen teilnimmt. Übrigens ein Name, der seit den ersten Tagen des Vereins 1997 verankert ist, da schon damals das Giebelkreuz auf den Dressen der Athleten prangte. „Raiffeisen ist ein langjähriger und nachhaltiger Partner, der sich zum Radsport in Tirol bekennt und der die Philosophie und ehrliche Arbeit unseres Vereins unterstützt und fördert“, sagt Kapferer, dem vor allem die regionale Komponente ein besonderes Anliegen ist.

Denn während andere Teams vorwiegend auf Legionäre setzen, hat man sich in Schwaz dem Motto „Wo Tirol drauf steht, muss auch viel Tirol drin sein“ verschrieben. Von den 14 Fahrern im Elite-Kader stammen sieben aus dem „Heiligen Land“, weitere drei kommen aus Salzburg und Oberösterreich, nur vier haben keinen rot-weiß-roten Pass. Eine Quote, die ihresgleichen sucht. „50 Prozent wirklich heimische Fahrer zu haben, darin fließt unsere Energie. Wir wollen keinen Etikettenschwindel betreiben“, sagt Kapferer. Was man durchaus als kleinen Seitenhieb auf die Konkurrenz interpretieren darf.

Was die Ziele für die zweite Jahreshälfte angeht, ist der Radsport-Enthusiast, der im Zivilberuf bei der Brauunion im Außendienst arbeitet, ein wenig schaumgebremst. Die Österreich-Rundfahrt, die immer zu den Highlights des Jahres gehörte, musste wegen der Pandemie abgesagt werden, was für jedes Team einen herben Rückschlag darstellt. Dafür stehen Rundfahrten in den Karpaten oder in Polen auf dem Programm. Vielleicht gelingt dort ja ein ähnliches Husarenstück wie heuer bei der Oberösterreich-Rundfahrt, als sich Mario Gamper plötzlich im roten Trikot des bestplatzierten Österreichers präsentieren durfte. Zwar nur für eine Etappe, aber ein Erfolg, auf den das Team durchaus mit Stolz zurückblickt. Es muss ja nicht immer gleich ein Medaillenregen sein.

AusgabeRZ26-2021

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