Start mit einer Portion Optimismus

Die Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark startet mit Rückenwind ins neue Jahr. Das Kundengeschäft konnte im Vorjahr ausgebaut werden. Im Jahr 2023 setzt man weiterhin auf intensive Beratung sowie neue Geschäftsfelder.

Rainer Stelzer und Martin Schaller rechnen mit einer Aufhellung der wirtschaftlichen Lage.
Rainer Stelzer und Martin Schaller rechnen mit einer Aufhellung der wirtschaftlichen Lage. © RLB Steiermark

„Das Jahr 2022 wird mit vielen negativen Schlagzeilen leider noch sehr lange im Gedächtnis bleiben“, zieht Martin Schaller, Generaldirektor der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, Bilanz über das abgelaufene Jahr. Ausgehend vom Krieg in der Ukraine, der Energiekrise und der hohen Inflation bis hin zur omnipräsenten Klimakrise – es war ein bewegtes Jahr. „Die vielen Unwegsamkeiten und Herausforderungen können nur gemeinsam bewältigt werden. Gerade der gesellschaftliche Zusammenhalt ist in schwierigen Situationen ein wichtiger und notwendiger“, betont Schaller. Genau deshalb hat Raiffeisen Steiermark das Jahr 2022 unter das Motto „WIR hilft“ gestellt. Gemeinsam mit der Caritas wurde auch ein gleichnamiger Sozialfonds gegründet, über den staatliche Entlastungen wie der Klimabonus gespendet werden können, um jenen zugute zu kommen, die das Geld wirklich brauchen.

Vermehrte Unterstützung hat Raiffeisen Steiermark auch den Kunden zukommen lassen und im Vorjahr eine Beratungsoffensive gestartet. „Persönliche Beratung ist in diesen Zeiten absolut notwendig. Man kann nicht alles digital erledigen“, so Schaller. Knapp 460.000 persönliche Finanzchecks mit Themen wie Einnahmen-Ausgaben-Analyse und finanzielle Reserven wurden im Vorjahr von den 45 selbstständigen Raiffeisenbanken und der RLB Steiermark in den 202 Bankstellen durchgeführt. „Die Kompetenz unserer Beratung war und ist sehr gefragt. Infolgedessen konnte Raiffeisen Steiermark rund 23.000 Neukunden gewinnen. Insgesamt werden nun bereits mehr als 820.000 Kunden betreut“, sagt RLB-Marktvorstand Rainer Stelzer. Den permanenten Kontakt mit den Kunden will man auch im Jahr 2023 beibehalten und vor allem auf die Themen wie Wertpapierveranlagung sowie den richtigen Finanzierungs- und Fördermix für Investitionen setzen. Es soll dabei auch die Frage behandelt werden, wie Kunden mit den steigenden Zinsen umgehen. Geldmarktzinsen um die 3,5 Prozent halten die Experten „nicht für unwahrscheinlich“. 

Wachsendes Kundengeschäft

Ein neues Allzeithoch erreichte die Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark beim Money-under-Management. Die gemanagten Kundengelder sind im Vorjahr um 3 Prozent auf 51,6 Mrd. Euro geklettert. Auf der Einlagenseite sind die Spar- und Giroeinlagen um 100 Mio. Euro auf 20,4 Mrd. Euro gestiegen. Im Wertpapierbereich verzeichnete man 2022 einen marktbedingten Rückgang von 5,2 auf 4,8 Mrd. Euro. Da aber die Sparzinsen weiterhin die Inflation nicht abdecken können, sei der Trend zum Kapitalmarkt weiterhin sinnvoll. Das Kundenvermögen von in Summe 27,1 Mrd. Euro sei ein „dicker Polster für bewegte Zeiten“, analysiert Stelzer. 

Auch im Finanzierungsbereich hat sich Raiffeisen Steiermark positiv entwickelt – mit einem Plus von 8,4 Prozent auf 24,5 Mrd. Euro. Die Investitionstätigkeit sei auf einem hohen Niveau und so wurden 4,1 Mrd. Euro an neuen Finanzierungen in den Markt gebracht, davon sind 2,86 Mrd. Euro zu Unternehmen geflossen. „Die RBG Steiermark entwickelt sich immer mehr zur Firmenkunden-Bankengruppe“, freut sich Stelzer. Im Privatkundenbereich waren es 1,23 Mrd. Euro an neuen Finanzierungen, wobei der Großteil im ersten Halbjahr vergeben wurde. Durch die strengeren Regeln bei der Immobilienkreditvergabe (Stichwort: KIM-VO) ging die Kreditvergabe im zweiten Halbjahr um 50 Prozent zurück. „Diese Verordnung hat zu einer drastischen Erschwerung der Wohnraumfinanzierung geführt. Eine von der Regierung versprochene Novelle wird dafür sorgen, dass wieder mehr Privatkunden zu Finanzierungen kommen“, ist Stelzer überzeugt. 

Keine Sorge vor Pleitewelle

Sorge, dass Kreditausfälle 2023 zunehmen könnten, hat der Marktvorstand nicht: „Wir sehen keine Pleitewelle auf uns zukommen. Die Wirtschaft ist stabil und die Stimmung hellt sich auf.“ Die Unternehmen hätten durch die Pandemie gelernt, wie man schwierige Situationen meistert. Trotzdem ist man in der Risikoplanung noch vorsichtiger als 2022. „Wir werden für 2022 die wirklich konservativ geplanten Risikokosten nicht in Anspruch nehmen. Für 2023 haben wir noch vorsichtiger geplant, aber ich bin überzeugt, dass wir auch die nicht in Anspruch nehmen müssen“, betont Martin Schaller. 

Da sich die Stimmung in den vergangenen Wochen aufgehellt hat, rechnen die RLB-Vorstände mit einem leichten Wirtschaftswachstum in 2023. Aufgrund von Zweitrundeneffekten werden die Verbraucherpreise jedoch hoch bleiben. „Dass wir so schnell runter wie rauf gehen, das werden wir nicht sehen“, prognostiziert Schaller. Ein Rückgang auf 6 bis 7 Prozent könnte aber durchaus im Bereich des Möglichen sein. Die Arbeitslosenrate bleibe niedrig, dadurch werde der Wettbewerb um Arbeitskräfte besonders intensiv. Viele Wirtschaftsforscher rechnen auch mit einem deutlichen Einbruch beim Konsum. „Ich stimme in diesen allgemeinen Pessimismus nicht mit ein. Eine Portion Optimismus wird uns gut tun“, so Schaller und begründet: „Anders als erwartet ist die Welt auch durch Corona wirtschaftlich nicht zusammengebrochen. Und auch jetzt, wenn wir gemeinsam ansetzen, werden wir besser drüberkommen.“  

Viele Vorhaben für 2023

Die aktuelle Lage fordere und fördere jedenfalls Innovationen und neue Konzepte. „Innovation und Digitalisierung sind nicht nur Schlagwörter, sondern werden bei uns gelebt“, versichert Schaller und verweist auf Marktneuheiten 2023. Im Firmenkundenbereich soll etwa das Raiffeisen Infinity, das neue Business-Banking-Portal für Unternehmen, in der Steiermark an den Start gehen. Zudem wird man für Unternehmen ESG-Workshops anbieten, um sich auf kommende Normen einstellen zu können und dadurch langfristig die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. 

Das Thema Beyond Banking soll durch neue Beteiligungen an zukunftsweisenden Technologien und Unternehmen angegangen werden, so Schaller. „Stoak“, die neue Co-Owning-Plattform für Immobilien, wird nächste Woche auf der Häuslbauermesse in Graz präsentiert. Im Start-up-Bereich soll das Programm „Hummelnest“ ab März richtig loslegen. „Wir werden auch in die Gründungen von Energiegenossenschaften hineingehen, beschäftigen uns mit regionalen Plattformen und schauen uns neue Modelle im Gesundheitsbereich an“, gibt Schaller eine Vorschau auf 2023. Mit einer Beteiligung an der Solana Renewable Technologies GmbH soll auch der Ausbau von Photovoltaikanlagen in Österreich großflächig vorangetrieben werden. „Das sind alles Punkte, die über das traditionelle Bankgeschäft hinausgehen. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass gerade wir als Raiffeisen Steiermark, wo wir regional sehr stark vernetzt sind, der Bevölkerung auch andere Dienstleistungen anbieten können und mit unseren Partnern in herausfordernden Zeiten gemeinsam Lösungen entwickeln können.“ Schaller sieht darin eine Strategieerweiterung: „Im Beteiligungsgeschäft waren wir bisher nicht ganz so aktiv, weil wir zuerst unsere Kapital- und Liquiditätssituation gestärkt haben. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen – auch passend zu den Herausforderungen – uns an Unternehmen zu beteiligen, die wichtig für die Region sind.“