Sie sind seit 35 Jahren bei Raiffeisen, davon 22 Jahre als Vertriebsleiter bei der Raiffeisen Bausparkasse (RBSK). Ist der Job nie langweilig geworden?
Thomas Koch: Vertriebsarbeit wird nie langweilig, weil es jedes Jahr andere Herausforderungen gibt. Gemeinsam mit meinen Kollegen und den Raiffeisenbanken haben wir diese in den 22 Jahren aber sehr erfolgreich gemeistert. Es ist 2002 erstmals gelungen, dass über 300.000 Sparverträge produziert wurden, das hat bis heute keine andere Bausparkasse geschafft. In meiner „Ära“ wurden 6,5 Millionen Bausparverträge produziert und knapp 23 Milliarden Euro an Finanzierungsleistungen. Wir sind seit Jahren Marktführer unter den Bausparkassen – sowohl im Spar- als auch im Finanzierungsbereich.
Auch im digitalen Vertrieb hat sich in den vergangenen Jahren viel weiterentwickelt.
Koch: Wir haben das erfolgreichste Online-Produkt beim Ansparen – in Summe 20.000 Kunden, die über Elba-Internet einen Bausparvertrag abgeschlossen haben. Erfolgreich gelauncht haben wir auch den Wohntraumrechner bzw. den Ansparrechner, der im Sektor stark akzeptiert wird und auf vielen Websites integriert ist. Wir versuchen damit für Raiffeisenbanken „Leads“ zu generieren. Also der Kunde rechnet selbst aus und wird im gewünschten Fall direkt zur Raiffeisenbank weitergeleitet. Seit der Einführung im Jahr 2020 haben wir 2.275 Leads für die Raiffeisenbanken generiert, daraus wurden 151 Bausparfinanzierungen mit einem Volumen von 27 Mio. Euro. Auch beim Ansparrechner haben wir seit 2022 rund 8.000 Leads ermöglicht und daraus wurden 5 Prozent Raiffeisen-Bausparverträge. Der hybride Vertrieb funktioniert sehr gut.
Das Wohntraumcenter war eine Ihrer Erfindungen.
Koch: Es gab einige Projekte, die für die Raiffeisenbanken wertvoll waren, das eine ist die Marke „Wohntraumcenter“, aber auch die Marke „Wohntraumberater Inside“. Die Zielsetzung war, dass man aufgrund der Komplexität von Immobilienfinanzierungen versucht, Kompetenzen zu bündeln. Wir haben österreichweit jetzt rund 30 solcher Kompetenzzentren.
Ist die Intention für ein Wohntraumcenter heute noch aktuell?
Koch: Die Nachfrage nach den Kompetenzcentern steigt wieder, weil das Finanzierungsgeschäft immer komplexer geworden ist – Stichwort HIKrG oder KIM-Verordnung. Es geht nach wie vor um Effizienzsteigerungen durch Kompetenzbündelung und dadurch auch um mehr Geschäft im Finanzierungsbereich. Das schlägt sich auch in den Zahlen durch, denn im Schnitt machen die Raiffeisen-Wohntraumcenter-Banken zwischen 10 und 20 Prozent mehr Volumen im Finanzierungsbereich – bei Bauspar- und Eigenfinanzierungen. Die zweite Zielsetzung ist, dass man österreichweit den Kunden und potenziellen Kunden zeigt, wo die ausgewiesene Expertise für Wohnbaufinanzierung drinnen ist.
Sie waren viel in den Bundesländern unterwegs. Gibt es regionale Unterschiede?
Koch: Die regionalen Unterschiede sind der Dialekt, ansonsten sind die Erwartungshaltungen des Sektors von Vorarlberg bis Burgenland dieselben: Sie brauchen Lösungen im Produktbereich und im digitalen Bereich. Wichtig ist in dieser agilen Zeit, miteinander zu reden, zuhören, Probleme verstehen können und Lösungen anbieten, aber keine leeren Versprechungen machen, dann ist man erfolgreich.
Die Immobilienfinanzierung ist momentan auf einem Tiefpunkt. Man soll bekanntlich aufhören, wenn es am schönsten ist. Das trifft bei Ihnen nun nicht ganz zu, oder?
Koch: Im Vertrieb muss man grundsätzlich Optimist sein. Ich sehe es nicht ganz so schwarz, wie es momentan oft berichtet wird und glaube, dass es sich 2025 wieder normalisieren wird. Wir sehen jetzt schon, dass die Nachfrage nach neuen Wohnimmobilienfinanzierungen wieder zunimmt. Die große Herausforderung ist nach wie vor die KIM-Verordnung, die hoffentlich 2025 auslaufen wird. Dann wird die Bausparkasse auch bald wieder die eine Milliarde Euro an Finanzierungsvolumen knacken.
Waren die Zeiten schon mal schwieriger als jetzt?
Koch: Ich sehe keine schwierigen Zeiten. Wenn ich an die 22 Jahre zurückdenke, war jedes Jahr irgendwie herausfordernd – auch aufgrund der Zunahme der Regulatorik. Aber wenn man mit einem Grundoptimismus an die Sache herangeht, ist jede schwierige Zeit bewältigbar.
Sie haben die KIM-VO schon angesprochen. Wie oft bleibt denn ein Wohntraum mittlerweile ein Traum?
Koch: Da gibt es ein starkes West-Ost-Gefälle – im Westen sind die Preise pro Quadratmeter wesentlich teurer als im Osten. Etwa 20 bis 25 Prozent der jungen Leute, wenn sie keine Unterstützung von den Eltern bekommen, tun sich sehr schwer, einen Finanzierungsplan aufzustellen.
Wie finanziert man heute seine Traumimmobilie? Was wird am stärksten nachgefragt?
Koch: Das hängt natürlich von der jeweiligen individuellen Situation ab. Wir sind jetzt in einer Zeit fallender Zinsen, aber wenn man ruhig schlafen will, sollte man weiterhin einen Fixzinssatz nehmen. Viele unserer Kunden, die schon in der Vergangenheit fix finanziert haben, schlafen jetzt sehr gut, aber bei den variablen Verzinsungen haben sich die Raten oft verdoppelt.
Warten Kunden nun zu, um geringere Fixzinssätze zu bekommen?
Koch: Die Leute warten zu, aber aufgrund des Immobilienmarkts, denn momentan ist noch immer die Schere offen: Verkäufer glauben nach wie vor, Preise wie vor einigen Jahren erzielen zu können. Gerade bei Bestandsobjekten gehen die Preise allerdings zurück. Es gibt ein Zuwarten, aber das wird sich 2025 wieder normalisieren.
Wie haben sich die Wohnträume in 22 Jahren verändert?
Koch: Es wird viel energieeffizienter gebaut und geheizt. In der Niedrigzinsphase hat man auch sehr großzügig zu bauen begonnen. Wenn die KIM-VO etwas Positives hat, dann dass die Wertigkeit im Hausbau wieder gestiegen ist. Jetzt wird wieder mit 140 Quadratmeter gebaut und nicht mit 200 Quadratmeter.
Hat sich Ihr eigener Wohntraum erfüllt?
Koch: Ja, ich habe in Wien eine Genossenschaftswohnung und in der Nähe von Graz ein Reihenhaus mit ein wenig Grund, wo ich dann im „Unruhestand“ nicht allzu viel Arbeit habe. Ich freue mich darauf, mehr Zeit mit Fliegenfischen und Reisen zu verbringen.
Gibt es noch etwas Persönliches, das Sie zum Abschluss sagen möchten?
Koch: Ich möchte mich jedenfalls bei den Raiffeisenbanken, den Kollegen in den Landesbanken sowie bei meinen engsten Mitarbeitern für die partnerschaftliche Zusammenarbeit bedanken und der Raiffeisen Bausparkasse wünsche ich weiterhin viel Erfolg.