Der Hype um Krypto-Assets hält seit Jahren an, zuletzt mussten die digitalen Werte aber spürbar Federn lassen. Seit November des Vorjahres verlor der Markt rund um Bitcoin & Co. fast eine Billion Dollar oder rund ein Drittel seines Gesamtwertes. Auch Raiffeisen-Assetmanager sondieren den Markt und prüfen, ob ein Investment in eine digitale Assetklasse sinnvoll sein kann.
„Unser Auftrag ist es, das Vermögen, das uns unsere Kunden anvertraut haben, und das sind ja zig Milliarden in Österreich, im Sinne der Kunden langfristig und nachhaltig zu vermehren“, erklärt Valentin Hofstätter, Leiter Regionale Bankenbetreuung bei Raiffeisen Capital Management. Die Möglichkeiten, in digitale Assets zu investieren, seien vielfältig. Vom direkten Erwerb und der Speicherung auf einer Festplatte über den Erwerb von börsennotierten Wertpapieren, die mit solchen Krypto-Assets hinterlegt sind, bis hin zur sogenannten „Goldgräbervariante“. „Im Goldrausch haben viele Firmen Geld verdient, indem sie den Goldsuchern die Ausrüstung verkauft haben. Das ist ein relativ kalkulierbares Geschäftsmodell. Im Fall von Krypto-Assets könnte man durch das Investieren etwa in Chip-Ausrüster vom Boom mitprofitieren“, erklärt Hofstätter.
Viele Krypto-Assets seien in den letzten Jahren zum Teil massiv gestiegen, viele aber auch nicht. Über die rede aber keiner, weiß der Finanzexperte. Grundsätzlich sei es nicht so einfach, langfristig in Krypto-Werte zu investieren. „Wir haben ein ganz junges technologisches Feld, wo jede Woche neue Varianten auf den Markt geschmissen werden“, berichtet Hofstätter. Die Hoffnung bei vielen Investoren in Krypto-Assets sei es, dass sich ein solches digitales Asset à la longue im Zahlungsverkehr durchsetze und an dem künftig niemand mehr vorbeikomme. Natürlich wäre eine solche „Krypto-Währung“ dann sehr viel wert. Welche das sein kann und ob überhaupt ein Krypto-Asset diese Aufgabe übernehmen wird können, sei aber höchst unsicher. „Das abzuschätzen, trauen sich vielleicht viele zu. Ich glaube aber nicht, dass es viele seriös auch tatsächlich tun können“, meint Hofstätter. Wenn die Idee im Hintergrund eines Krypto-Assets fehle, dann hänge eine langfristige Aufwärtsentwicklung des Wertes ziemlich in der Luft. Deshalb habe man „Bauchschmerzen“, Krypto-Assets als langfristiges Geldanlageinstrument zu sehen, auch aufgrund der massiven Wertschwankungen.
Das bekannteste Krypto-Asset Bitcoin war der Pionier der Entwicklung, mittlerweile gebe es rund 9.000 handelbare Krytpo-Assets. Viele von denen seien schon weiterentwickelt als Bitcoin, etwa beim Thema massiver Energieverbrauch, sagt der Finanzexperte. Aktuell werden allein für das Schürfen von Bitcoins rund 135 Terrawattstunden (TWh) Strom verbraucht, geht aus dem Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index hervor. Zum Vergleich: Norwegen bzw. die Ukraine verbrauchen pro Jahr je rund 124 TWh.
Innovative Technologie
Die Grundlage der Krypto-Assets ist die Blockchain-Technologie. „Das ökonomisch Innovative von Krypto-Assets ist ein digitales Zahlungssystem, das ohne Schiedsrichter auskommt“, erklärt Roland Mestel, Professor für Betriebswirtschaftslehre mit dem Spezialfach Banken, Kapitalmarkt und Finanzen an der Karl Franzen Universität in Graz. Bezahle man mit einer Kredit- oder Bankomatkarte, müsse bei einer Zahlung die Transaktion bewilligt werden. „Dazu braucht man einen ,Schiedsrichter‘ der sagt, dass das Konto gedeckt sei. Beim dezentralen System entscheidet das Netzwerk als Ganzes, ob die Transaktion gültig ist“, so Mestel.
Krypto-Transaktionen werden grundsätzlich in Blöcke zusammengefasst. Jeder Block hat einen sogenannten Hashwert, eine Art Prüfsumme, der die Hashwerte der einzelnen Transaktionen enthält, aber auch den Hashwert des vorigen Blocks. Würde man versuchen zu betrügen, indem eine Transaktion manipuliert wird, würde das den Hashwert des Blocks und damit aller nachfolgenden Blöcke ändern. Insoweit gilt das System als sicher. Jede je getätigte Transaktion lässt sich aufgrund der Hashwerte zurückverfolgen.
Ein Nachteil ist, dass das Bitcoin-Netzwerk lediglich eine einstellige Anzahl von Transaktionen pro Sekunde durchführen könne, erklärt der Professor. Im Vergleich dazu schaffe das Visa-Netzwerk 50.000 bis 60.000 Transaktionen pro Sekunde. Skeptisch zeigte sich Mestel über das seiner Meinung nach „hochriskante Experiment“ von El Salvador, das den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel zugelassen hat. Damit gebe man die Herrschaft über die Währung in einem Land an das völlig anonyme Bitcoin-Netzwerk ab. Etwas ganz anderes sei dagegen die Arbeit der EZB am digitalen Euro, der die Verteilung des Zentralbankgeldes künftig virtuell ermöglichen soll. „Da gibt es aber noch viele Fragestellungen, die es zu klären gilt“, berichtet Mestel. Auch die Raiffeisen Bank International versuche mit der „RBI-Coin“ die Blockchain-Technologie als Buchungssystem für Zahlungen im Interbankensystem bzw. im Firmenkundenzahlungsverkehr nutzbar zu machen, ergänzt Hofstätter. Es gehe darum, dezentrale Daten zu verwalten. Ein Krypto-Asset sei dafür aber per se nicht notwendig.