Deuber: „Die Kapitalmärkte haben gelernt, mit Krisen umzugehen“

RBI-Chefökonom Gunter Deuber sprach beim Investmentabend des Raiffeisenverbandes Salzburg über die aktuelle wirtschaftliche Situation und Investmentmöglichkeiten in unsicheren Zeiten.

Welche Auswirkungen hat der Nahostkonflikt auf die Kapitalmärkte? Wie lange bleiben die Zinsen erhöht? Und droht nun eine längere Phase der Rezession? An Fragen und Themen mangelte es beim traditionellen Investmentabend des Raiffeisenverbandes Salzburg (RVS) nicht. Der Chefökonom der Raiffeisen Bank International (RBI) und Leiter von Raiffeisen Research, Gunter Deuber, gab vor 130 Unternehmenskunden einen Überblick über Gelegenheiten und Risiken an den Kapitalmärkten. Dabei begann er mit ernüchternden Nachrichten: „Die Stagflationsrezession geht in die Verlängerung“, sagte Deuber. So steuern der Euroraum, die USA und China auf das niedrigste Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts seit der globalen Finanzkrise zu. „Es gibt keine nennenswerte Erholung“, sagte Deuber. Die geopolitische Eskalation im Nahen Osten hat dabei das Potenzial, die Stagflationsrezession noch weiter zu vertiefen.

Phase der Verzerrungen ist vorbei

Auch für die heimische Wirtschaft sehen die Aussichten nicht rosig aus: Österreich hat heuer vermutlich die schwächste wirtschaftliche Entwicklung in der gesamten EU. „Wir sind etwas optimistischer als die Institute Wifo und IHS und gehen für Österreich von einem Wachstum von 0,1 Prozent aus.“ Deuber betonte aber, dass die Wachstumsrate in Österreich im vergangenen Jahr mit 4,9 Prozent deutlich über dem EU-Durchschnitt von 3,5 Prozent lag. „Dieser Aspekt geht in der Diskussion oft unter.“ Die Inflation liegt heuer in Österreich mit 7,6 Prozent höher als der durchschnittliche Wert der Eurozone mit 5,6 Prozent. Für 2024 soll die Teuerungsrate hierzulande auf 3,8 Prozent sinken. 

Gute Nachrichten gibt es an den Kapitalmärkten: Die Stagflationsrezession wurde bisher gut verdaut. „Die Kapitalmärkte haben gelernt, mit den Krisen umzugehen“, sagte Deuber. Dafür sorge auch die Normalisierung der Zinslandschaft. „Die Phase der Verzerrungen ist vorbei“, so der Chefökonom. Heuer gebe es zwar noch einen negativen Realzins, allerdings werde der Leitzins langfristig höher als die Inflation bleiben. Der geldpolitische Ausnahmezustand geht zu Ende, die Rückkehr des Zinses am Geld- und Kapitalmarkt bietet mittelfristig die Aussicht auf eine positive Realverzinsung. „Festverzinsliche Wertpapiere sind zurück, dort sind aktienmarktähnliche Renditen in den kommenden Jahren möglich“, betonte Deuber.

Kein Vorbeikommen am US-Aktienmarkt

Kurzfristig seien auch europäische Aktien attraktiv. Die Rückkehr der festverzinslichen Wertpapiere begrenze auf mittlere Sicht aber die Aktienmarktentwicklung. Eine Ausnahme bildet hier der US-Aktienmarkt: „Langfristig kommt man nicht am US-Aktienmarkt vorbei“, sagte Deuber. Viele der US-Unternehmen seien solide aufgestellt, mit konstant gutem Cashflow. Vor allem vom Thema Künstliche Intelligenz profitieren diese Unternehmen. 

Auch die Entwicklung am Goldmarkt sieht Deuber positiv. „Die restriktive Geldpolitik hat Gold nicht geschadet. Geopolitische Auseinandersetzungen führen zu einer höheren Goldnachfrage, zudem beabsichtigen Notenbanken ihre Reserven stärker zu diversifizieren und kurbeln so die globale Goldnachfrage an.“ Goldinvestments sind in unsicheren Zeiten also durchaus eine Option.

Und wie sieht es mit Betongold aus? „Insgesamt erwarten wir, dass die Immobilienpreise um mindestens 10 Prozent sinken“, sagte Deuber. Der heimische Immobilienmarkt durchläuft derzeit eine Phase der Neuausrichtung. „Allerdings ist Immobilie nicht gleich Immobilie“, betonte Deuber. Neubauten und Premium-Lagen könnten weniger betroffen sein.

Die Zeiten bleiben unsicher, Geopolitik spielt bei allen Überlegungen eine große Rolle. „Auch 2024 wird aller Voraussicht nach eine schwierige geopolitische Phase“, sagte Deuber. Die Entwicklungen im Nahostkonflikt sind noch nicht absehbar. „Eine friedliche Anlegerwelt zeichnet sich leider für das kommende Jahr nicht ab.“ Manfred Quehenberger, Mitglied der RVS-Geschäftsleitung, betonte: „Gerade in unsicheren Zeiten gewinnt ein vertrauenswürdiger und starker Partner in finanziellen Angelegenheiten an Bedeutung. Hier punktet Raiffeisen Salzburg mit hoher Marktexpertise und Beratungsqualität.“

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