SAP-Umstellung: „Eingriff ins Herz der Bank“

Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und ihre Töchter haben für das Rechnungswesen seit kurzem ein einheitliches System. Generaldirektor Heinrich Schaller erklärt die Gründe für die neue Finanzarchitektur.

In einer Bank laufen viele Tätigkeiten im Hintergrund. So ist es auch wenig verwunderlich, dass von einem der größten Projekte, das in der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich je umgesetzt wurde, bis dato wenig nach außen gedrungen ist. Der Beschluss zur Umstellung des Konzernrechnungswesens und -controllings auf SAP wurde im Herbst 2020 getroffen und jetzt, mit der Erstellung des Jahres- und Konzernabschlusses 2023, ist das Projekt abgeschlossen.

Generaldirektor Heinrich Schaller erklärt, warum die Implementierung eines neuen Finanzsystems – Haupt- und Nebenbücher plus alle erforderlichen Schnittstellen – dringend notwendig war: „Für einen Konzern unserer Größe braucht man eine moderne Finanzarchitektur. Unsere Systeme bestanden aus unterschiedlichen, teils in die Jahre gekommenen Programmen und Prozessen und man hat sich mit der Anpassung an aufsichtsrechtliche Erfordernisse relativ schwergetan.“ Das Vorgängersystem war historisch gewachsen und nicht ausgelegt auf eine Konzernbilanzsumme von rund 50 Mrd. Euro. 

50.000 Personentage

Nach intensiven Vorbereitungsarbeiten hat die Implementierung der neuen SAP-Plattform zweieinhalb Jahre gedauert. Mehr als 200 Projektbeteiligte waren an der Umstellung beteiligt und haben insgesamt 50.000 Personentage geleistet. Rund 20 externe Firmen haben das Team der RLB OÖ bei der Planung, Koordination und technischen Umsetzung unterstützt. „Wenn es um die Buchhaltung einer Bank geht, sind alle Bereiche betroffen. Da greift man ins Herz einer Bank ein, dementsprechend umfassend und groß sind derartige Projekte“, so Schaller. 

Betroffen war nicht nur die RLB OÖ, sondern auch weitere 103 Buchungskreise von banknahen Tochterunternehmen, die von der Raiffeisen Unternehmensservice GmbH (USG) bilanziert werden. „Im Zuge des Wechsels wurden auch Workflows neu organisiert, jedes vor- und nachgelagerte System analysiert, und gemeinsam mit der IT Schnittstellen neu definiert. Das war in der Kürze der Zeit nur durch die sehr gute Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen und der IT möglich. Es ist uns gelungen, die alte und neue IT-Welt gut miteinander zu verbinden“, gibt RLB OÖ-Projektleiter Mathias Haghofer Einblick in die Projektorganisation.

Mehrere Vorteile

„Es geht um Vereinfachung und Vereinheitlichung der Buchungskreise“, benennt Schaller die wesentlichen Vorteile der Umstellung. Weniger Schnittstellen und ein höherer Automatisierungsgrad sparen wiederum Zeit. Otto Steininger, Leiter des Konzernrechnungswesens und -controllings der RLB OÖ, sieht „einen der größten Benefits darin, dass wir nun in der konzernübergreifenden Berichtslegung rascher und effizienter agieren können. Unsere ‚Finanzarchitektur Neu‘ stellt dies sicher und ist auch die Basis für weitere Optimierungen.“ Bei den Weiterentwicklungskosten werde man ebenfalls Einsparungen sehen. 

Aufgrund der steigenden regulatorischen Anforderungen werden die personellen Ressourcen zwar nicht weniger, aber wie Schaller unterstreicht: „Mit unserem früheren System würden wir auf Dauer mehr Leute brauchen.“ Erleichterungen erwartet man sich jedenfalls bei der Suche nach neuen Mitarbeitern. SAP ist im Finanz- und Rechnungswesen großer Konzerne Standard, damit wird die Einarbeitungszeit verkürzt.

Chance für Synergien

Von den Erfahrungen der RLB OÖ sollen auch andere Landesbanken profitieren, wie Schaller betont: „Wir sind die Ersten im Sektor, die eine derart große SAP-Produktpalette an Finanzinstrumenten auf einmal live gesetzt haben und nun einheitlich über SAP FPSL (Anm.: Financial Products Subledger – Nebenbuch für Finanzinstrumente) bilanzieren. Wir wissen, wie einzelne Themenkreise aufgesetzt werden müssen und wo man besonders aufpassen muss. Wir können anderen Landesbanken behilflich sein.“ 

Anfragen gebe es bereits und eine eigene SAP-Drehscheibe im Konzern soll hier unterstützen. „Wenn sich andere Landesbanken anschließen und man hier zu einem gemeinsamen Vorgehen kommt, ist das sicherlich für alle positiv“, ist Schaller überzeugt. Die Nutzung desselben Buchungssystems könnte die Zusammenarbeit auf Bundesebene wesentlich erleichtern. Auch die oberösterreichischen Raiffeisenbanken müssen früher oder später in die Jahre gekommene Anwendungen ablösen, auch hier ortet man große Chancen für Synergien. Aktuell stellt auch die Hypo OÖ auf die neue Plattform um.

AusgabeRZ15-2024

Mehr lesen

Aktuelles

Die Welt der Raiffeisenzeitung