Schönbuchner: „Ich wollte nie etwas werden“

Das ist Sebastian Schönbuchner offenkundig nicht gelungen. 40 Jahre Funktionärstätigkeit unter dem Giebelkreuz, davon 22 Jahre als Obmann des Raiffeisenverbandes Salzburg, lässt den langjährigen Großgmainer Bürgermeister auf viele Errungenschaften zurückblicken.

Sebastian Schönbuchner im Porträt vor der Ahnengalerie
© RVS/Dorn

Am 26. April endet altersbedingt Ihre langjährige Funktionärstätigkeit bei Raiff­eisen. Wir sitzen hier in der „Ahnengalerie“ des Raiffeisenverbandes Salzburg, in die Sie demnächst aufgenommen werden. Wie fühlt sich das an?
Sebastian Schönbuchner: Ich bin stolz. Man hat doch etwas bewirken können, wenn man hier dabei sein darf. 

Was konnten Sie in den vergangenen 22 Jahren als Obmann bewirken?
Schönbuchner: Für mich war immer wichtig, im Hintergrund zu gestalten. Die wichtigste Aufgabe für einen Obmann ist, die Geschäftsleitung zu bestellen und die strategische Entwicklung. In der Dynamik der jetzigen Zeit ist man sehr gefordert, die Zukunft zu erkennen und strategische Maßnahmen zu setzen. 

Auf welche Leistungen sind Sie stolz?
Schönbuchner: Ich bin stolz auf die gesamte Entwicklung. Der Raiffeisenverband Salzburg hat mit all seinen Segmenten sehr gute Ergebnisse erzielt. Viele positive Entwicklungen in allen Bereichen des Landes würde es ohne uns nicht geben. 

Was waren die wichtigsten Meilensteine?
Schönbuchner:
Die Neuaufstellung des Schlachthofes im Interesse der Bauern war ein Meilenstein. Die Basis der Genossenschaft ist die bäuerliche Gemeinschaft und dieser fühlt sich Raiffeisen verpflichtet. Auch als es beim Käsehof finanzielle Spannungen gegeben hat, waren wir zur Stelle. Es gab dann einen gewissen Willen, dass der Käsehof in die oberösterreichische Milchwirtschaft gehen soll, das war aber nicht unbedingt mein Wille. Ich bin der Meinung: Was man im eigenen Land halten kann, sollte man halten. So wurde ein Weg mit der Salzburg Milch gefunden. Unser Gedanke ist immer, die regionale Versorgung so gut wie möglich zu gestalten. 

Wie hat sich der Kernbereich Bank entwickelt?
Schönbuchner: Die Bilanzsumme hat sich seit 2002 mehr als verdoppelt. Natürlich hat es immer wieder Spannungsfelder gegeben. Ich denke an die Finanzkrise 2008, die Verunsicherung gebracht hat. Aber eine Genossenschaftsbank ist einfach anders. Wenn die Personen funktionieren, dann funktioniert auch das Geschäft. Wir werden beim Raiff­eisenverband Salzburg für 2023 ein gutes Ergebnis berichten können. 

Gibt es etwas, was Sie heute anders machen würden?
Schönbuchner: Ehrlich gesagt, bereue ich keine Entscheidung. 

Sebastian Schönbuchner im Interview
© RVS/Dorn

Auch nicht, dass man sich nicht gleich der bundesweiten Raiffeisen-IT angeschlossen hat?
Schönbuchner: Wir haben ja nicht aus Protest nicht mitgemacht, sondern im Vergleich zu anderen Bundesländern eine viel bessere IT-Situation gehabt. Aber die Dynamik der Zeit hat vieles schwieriger gemacht, deshalb hat man vor zwei Jahren nun doch die Entscheidung getroffen, „Einer IT“ beizutreten. Es war damals schon ein Spannungsfeld und ich wurde in Wien immer gefragt, warum die Salzburger hier Separatisten sein müssen. Das habe ich aushalten müssen.

Eine IT ist auch der Grund, warum der gemischte Raiffeisenverband Salzburg nun geteilt wird. Oder?
Schönbuchner: Nicht nur, auch bei den neuen Nachhaltigkeitsbilanzen hätte man eine Konfliktsituation, wenn Ware und Bank vermischt werden. Deshalb werden wir die Ware künftig als eigene GmbH führen, aber unter der Obhut des Verbandes. Der Begriff gemischter Verband bleibt, weil die Bank und die Revision bleiben. Um einen eigenen Revisionsverband zu gründen, sind wir zu klein.  

Sie haben für sich rund 1.000 Sitzungstage in Wien ausgerechnet. Wie sehr hat Sie die bundesweite Verbundarbeit begeistert? 
Schönbuchner: Ich habe mich immer gefreut, dabei zu sein. Etwa beim Österreichischen Raiffeisenverband: Man braucht ein Dach, damit man eine Zusammenführung hat, ein Austausch stattfinden kann und Entwicklungen gesteuert werden können. Aber auch bei der RBI oder früher in der RZB – es war schon spannend, wie die Systeme auf der obersten Ebene funktionieren und wie die Möglichkeiten des Gestaltens funktionieren. Ich habe es als unglaubliche Bereicherung auch für mich selbst gesehen und gerne bei Entscheidungen mitgewirkt. 

Das Image der Salzburger als Separatisten haben Sie selbst schon angesprochen. Wie groß war das Spannungsfeld zwischen Zusammenarbeit und Eigenständigkeit? 
Schönbuchner: Außer bei der IT, der Milchwirtschaft und der Ware waren wir immer auf einem harmonischen Weg. Meine Überzeugung war: Man muss nicht überall alles mittragen, wenn man sieht, dass es auf einem anderen Weg auch geht. Der beste Beweis ist unsere Ware, die eine sehr erfolgreiche Entwicklung hat. Und auch bei der Milch war die Zusammenführung von Milchhof und Käsehof erfolgreich. Das waren Entscheidungen, die man gerne anders gesehen hätte, aber ich habe da nicht mitgemacht. 

Wie stark haben Sie sich generell als Obmann eingebracht? Musste Sie der Generaldirektor manchmal bremsen?
Schönbuchner: Ganz im Gegenteil. Als Funktionär mischt man sich nicht in die operative Geschäftsführung ein. Strategisch ist es aber wichtig, dass man mit am Ball ist. Herum­gschaftln braucht man nicht, aber man sollte schon am Boden der Realität seine Meinung sagen.

Wie häufig hatten Sie Kontakt zum Generaldirektor?
Schönbuchner: Bei mir ist es speziell, weil ich sehr viel Zeit eingebracht habe. Ich bin mindestens jeden zweiten Tag hier und wenn etwas pressiert, dann telefoniert man noch. Man muss einfach engsten Kontakt halten. 

„Das Wichtigste ist ein gesunder Hausverstand.“

Sebastian Schönbuchner

Was hat Sie all die Jahre an Raiffeisen oder der Genossenschafts-Idee begeistert?
Schönbuchner: Dass Menschen in der Gemeinschaft vieles bewegen können. Die Chancen werden auch immer mehr genutzt, sei es, dass Bürger ein Wirtshaus oder eine Energiegemeinschaft betreiben. Auch die Schülergenossenschaften haben eine Bedeutung bekommen. Die Hilfe zur Selbsthilfe ist der alles entscheidende Teil. 

Welche Charaktereigenschaften sollte man als Funktionär mitbringen?
Schönbuchner: Das Wichtigste ist ein gesunder Hausverstand. Im Endeffekt sind wir eine Personengemeinschaft, wenn ich da mit meiner sozialen Kompetenz keinen Beitrag leisten kann, wird es ein Problem. Nur dabei zu sein, aber sich nicht einzubringen, hat keinen Sinn. Wir bei Raiffeisen brauchen Menschen mit sozialer Kompetenz und Herz. 

Die Stärkung von Funktionärinnen war Ihnen ein großes Anliegen. Es gibt das bundesweite Ziel: 25 Prozent bis 2025. Salzburg ist aktuell bei einem Funktionärinnenanteil von 20,5 Prozent. Kann sich das noch ausgehen?
Schönbuchner: Es gibt noch Wahlen und ich bin überzeugt, dass viele neue Funktionärinnen dazukommen. Ob wir die 25 Prozent schaffen, kann ich noch nicht behaupten. Wir sind jetzt bei knapp 22 Prozent, also möglicherweise schaffen wir es noch. Wir sind jedenfalls gut unterwegs, aber man kann nichts erzwingen. Im Raiffeisenverband Salzburg haben wir im Aufsichtsrat bald vier Damen, ohne Betriebsrat, damit haben wir den höchsten Frauenanteil im Aufsichtsrat – im Vergleich zu jeder anderen Landesbank.  

Wie lange wird es dauern, bis es die erste Obfrau im RVS gibt?
Schönbuchner: Mit Erich Zauner haben wir eine sehr gute Lösung. Schade ist allerdings, dass Erich Zauner mit 65 auch schon ein gewisses Alter hat und mit 70 statutenmäßig die Altersgrenze erreicht ist. Insgesamt geht es nicht darum, gibt es eine Frau dafür, sondern ich habe die Sorge, dass man überhaupt jemanden für diese Verantwortung findet, der sich die Zeit so einteilen kann. Ich hatte ja das Glück, dass ich mir 30 Jahre als Bürgermeister die Zeit relativ gut einteilen konnte. 

Werden Sie Raiffeisen in irgendeiner Form weiterhin begleiten?
Schönbuchner: Ich bin nicht der, der sich ungefragt zu Wort meldet. Wenn wer einen Rat braucht, dann bin ich da. Wenn ich nicht gefragt werde, ist es auch kein Problem. 

Wie schwer fällt der Abschied?
Schönbuchner: Wenn das Alter da ist, ist es besser, wenn es zu Ende geht. Wer hätte geglaubt, dass ich einmal in solche Funktionen kommen kann? Ich habe mich nie aufgedrängt und wollte nie etwas werden. Ich hätte ja auch noch Landesrat werden sollen, das habe ich aber abgelehnt. 

Was machen Sie mit der gewonnenen Zeit?
Schönbuchner: Natürlich ist es ein massiver Schnitt. Nach 30 Jahren als Bürgermeister übergebe ich am 22. April die Gemeinde und am 26. April ist der Obmannwechsel bei der Generalversammlung des RVS. Auf der anderen Seite sind viele Sachen liegengeblieben. Ich habe zu Hause im Betrieb genug Aufgaben – vom Tennisplatz bis zu den Pferden. Langweilig wird mir nicht, aber ich werde es sehr locker angehen. Wenn das Wetter schön ist, kann ich nun endlich meinem Hobby, dem Autosport, nachgehen.