Der Gegner: der große FC Barcelona. Die Kulisse: knapp 9.000 Zuschauer im Viola Park in Wien. Und dann die 59. Minute. Eine scharfe Hereingabe rollt durch den Strafraum bis an den zweiten Pfosten, wo Valentina Mädl den Ball eiskalt ins Tor schiebt. „Ich würde schon sagen, dass es das bedeutendste Tor meiner bisherigen Karriere war, auch wenn es beim 1:4 nur das Ehrentor war“, sagt die erst 18-jährige Offensivspielerin ein paar Tage nach ihrem Erfolgserlebnis. „Schließlich war es gegen die beste Mannschaft der Welt. Von so etwas träumt man als Kind. Das gelingt einem nicht alle Tage.“
Zur Wahrheit gehört allerdings, dass Valentina Mädl vieles gelingt, was nicht alle Tage passiert. Im September war sie mit dem österreichischen U20-Nationalteam bei der WM in Kolumbien, dann traf sie mit dem SKN in der Champions League auf Teams wie Manchester City oder eben Barcelona. Und sie war Teil der A-Nationalmannschaft, die Anfang Dezember nur hauchdünn die dritte EM-Teilnahme in Folge verpasste, als man im entscheidenden Play-off gegen Polen unterlag. „Das, was ich derzeit erlebe, ist natürlich cool“, sagt Mädl.
Übergeordnetes Ziel
Im Sommer 2022 machte die gebürtige Burgenländerin den Schritt von der Austria, wohin sie zwei Jahre zuvor gewechselt war, zu den „Wölfinnen“. Und damit zum mit Abstand besten und erfolgreichsten Klub in Österreich, der seit 2015 immer Meister wurde und in dieser Zeit achtmal den Cup nach Niederösterreich holte. Was Red Bull Salzburg viele Jahre lang bei den Männern war, ist der SKN bei den Frauen – das Maß der Dinge. „Wer über einen solch langen Zeitraum konstant immer Titel holt und auch in der Champions League immer dabei ist, muss schon viel richtig gemacht haben“, erklärt Mädl.
Und stellt dabei fest, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird, national die Nase ganz vorn zu haben. Aber nicht etwa, weil die Mannschaft von Cheftrainerin Liese Brancao satt wäre und nachlassen würde. Sondern, weil die Konkurrenz immer professioneller arbeitet und den Rückstand verkürzt. Was Mädl sogar gut findet, auch wenn es beim ersten Zuhören kurios klingt. Ihre Erklärung: „Wir profitieren alle davon, wenn die Liga besser wird und an Spannung gewinnt und dadurch auch mehr Aufmerksamkeit bekommt.“ Das nationale Ziel, daran lässt sie aber dann doch keinen Zweifel, ist trotzdem der zehnte Meistertitel in Folge. „Und zwar allein schon deshalb, weil das die Basis ist, um auch im nächsten Jahr wieder in der Champions League dabei zu sein. Das ist das große und übergeordnete Ziel.“
Zug abgefahren
Bereits zum dritten Mal wird die Königsklasse heuer mit einer Gruppenphase ausgetragen, also analog zu dem Modus, den die Männer bis zur jüngsten Reform hatten. Genauso oft war der SKN mit dabei und gehört somit konstant zu den 16 besten Teams des Kontinents. Allein der Aufstieg in die K.-o.-Runde wollte bisher nicht gelingen. Und auch heuer ist der Zug bereits abgefahren, was auch daran liegt, dass man mit dem FC Barcelona und Manchester City zwei absolute Brocken zugelost bekam.
Dazu kam der Nachteil, die Heimspiele nicht in der heimischen NV Arena austragen zu können, da das Jahrhundert-Hochwasser dort schwere Schäden angerichtet hat. Stattdessen wich man in den Viola Park der Wiener Austria aus, was Mädl mit einem lachenden und einem weinenden Auge sieht. „Klar ist es ein Nachteil, wenn du nicht in deiner gewohnten Kabine bist oder die Besprechungsräume vor dem Spiel andere sind. Aber durch die zentrale Lage in Wien konnten wir schon auch ein breiteres Publikum ansprechen.“ Die insgesamt 8.800 Fans, die gegen Barcelona kamen, stellen eine Rekordkulisse für ein Spiel einer heimischen Klub-Mannschaft dar. Und niemand, der den Weg an den Verteilerkreis in Favoriten fand, bereute sein Kommen, denn es war spektakulärer Fußball, der den Zuschauern geboten wurde.
Offensiver Ehrgeiz
Zwei Spiele stehen für den SKN in der Champions League noch aus. Zunächst das Gastspiel in Manchester (12. Dezember), sechs Tage später das Gruppen-Finale gegen den schwedischen Klub Hammarby, bei dem man im Hinspiel auswärts mit 0:2 unterlag. Gelingt die Revanche, würde man die Gruppe auf Rang drei abschließen, was durchaus als starker Erfolg gewertet werden kann. Wobei Mädl sogar noch mehr will. „Wir haben beim 2:3 gegen Manchester gezeigt, dass wir durchaus mit so einem Klub mithalten können. Vielleicht können wir sie jetzt auch auswärts ein bisschen ärgern.“
Ehrgeiz, der typisch für die Offensivspielerin ist. Und den sie sich auch auf Nationalteamebene mit starken Leistungen erarbeitet hat. Als im September erstmals ein U20-Nationalteam der Frauen zu einer Weltmeisterschaft reiste, war sie mit ihren gerade einmal 18 Jahren im Flieger nach Kolumbien an Bord. Und schaffte sogar den Aufstieg in die erste K.-o.-Runde, in der gegen den späteren Titelträger Nordkorea mit 2:5 Endstation war. „Wenn wir nicht so früh einen aus meiner Sicht übertriebenen Platzverweis kassiert hätten, hätten wir dieses Spiel sogar gewonnen“, glaubt Mädl, die darauf sogar von Teamchefin Irene Fuhrmann ins A-Nationalteam einberufen wurde. Zwar reichte es noch nicht für einen Einsatz, aber sie erlebte hautnah mit, wie Sarah Puntigam & Co. erst Slowenien zweimal besiegte, dann aber Polen in den entscheidenden Ausscheidungsspielen unterlag.
Etwas ganz Spezielles
Für Mädl, die bei der ersten österreichischen EM-Teilnahme 2017 gerade einmal elf Jahre alt war und am Fernseher mitfieberte, wie das Team in den Niederlanden sensationell auf Rang drei stürmte, trotzdem ein ganz besonderes Erlebnis, auch wenn es mit einer Enttäuschung endete. Erst recht, da eine etablierte Spielerin wie Barbara Dunst immer zu ihren ganz großen Vorbildern gehörte – und sich jetzt mit ihr eine Kabine teilt. „Mit so jemand wie ihr zusammenzuspielen und jeden Tag von ihr lernen zu können, ist schon etwas ganz Spezielles. Das genieße ich und will ich natürlich so oft es geht erleben.“
Valentina Mädl weiß, wie es sich anfühlt, wenn sportliche Träume wahr werden. Und es würde schon sehr verwundern, wenn das mit dem SKN St. Pölten oder der Nationalmannschaft nicht noch einige Male passieren würde.