Tiroler Taekwondo prägt Generationen

Der Taekwondo-Club Raiffeisen Fieberbrunn ist eine der bekanntesten Talenteschmieden Österreichs. Obmann Devid Smole erklärt, warum die asiatische Kampfkunst eine Lebensschule ist und der Zusammenhalt im Verein großgeschrieben wird.

Als Martin Selos im Jahr 1998 in Fieberbrunn ein Schnuppertraining im Taekwondo anbot, traute er seinen Augen nicht. 80 Interessierte folgten seinem Aufruf und wollten sich über die asiatische Kampfkunst informieren, die sowohl Elemente des Zweikampfes (Kyorugie) als auch des Kampfes gegen einen imaginären Gegner (Poomsae) beinhaltet. 

27 Jahre später gilt der Taekwondo-Club Raiffeisen Fieberbrunn als eine der anerkanntesten Ausbildungsstätten des Landes. „Dabei sind wir einer von nur drei Vereinen in ganz Österreich, die sowohl Kyorugie als auch Poomsae wettkampfmäßig anbieten“, sagt Devid Smole, seit 25 Jahren im Verein und seit 2022 Nachfolger von Martin Selos als Obmann. „Dabei ist uns ganz wichtig, dass wir sowohl dem Hobby-Athleten, der sich in erster Linie fit halten will, als auch dem Leistungssportler eine Heimat bieten.“

Ein Ansatz, der gelingt. Auch heute noch hat der Verein um die 80 Mitglieder, von denen 25 älter als 18 Jahre sind. Der Rest besteht aus Kindern und Jugendlichen, die den Hauptpart des Vereinslebens ausmachen. Von sechs bis 62 Jahren reicht dabei die Range, sodass verschiedene Generationen voneinander profitieren können.

Taekwando ist viel mehr als nur eine Sportart von vielen, es ist eine Lebensschule, wie Smole betont. „Natürlich benötigt man komplexe koordinative Fähigkeiten und trainiert dabei seinen gesamten Körper. Aber es kommt genauso auf Disziplin an, auf respektvollen Umgang miteinander. Wir achten darauf, wie sich der 15-Jährige gegenüber dem 58-Jährigen verhält oder der 13-Jährige gegenüber dem 7-Jährigen.“ Oft kommt es vor, dass ehemalige Vereinsmitglieder vorbeischauen und davon erzählen, wie ihnen die asiatische Kampfkunst geholfen hat, ihren beruflichen Karriereweg zu bestreiten.

Taekwando Weltranglistenturnier
Was ist Taekwondo?
Oberflächlich betrachtet sind die bekannten asiatischen Kampf-Sportarten Judo, Karate und Taekwondo zum Verwechseln ähnlich. Doch der Blick ins Detail verrät, wo die wesentlichen Unterschiede liegen. „Taekwondo kommt aus Korea, Karate und Judo sind japanisch“, erklärt Devid Smole vom Taekwondo-Club Raiffeisen Fieberbrunn. „Beim Judo gibt es keine Schläge und Tritte, dafür hat Taekwondo keine Wurftechniken. Karate und Taekwondo sind artverwandt, wobei Taekwondo ein Vollkontaktsport ist, Karate ein Semikontakt-Sport. Taekwondo ist teilweise aus Elementen des Karates entstanden.“ Und: Während Judo und die Zweikampf-Variante des Taekwondo olympisch sind, hat Karate nach einem Versuch 2021 in Tokio diesen Status wieder verloren. © TC Raiffeisen Fieberbrunn

Scheitern lernen

Denn was man beim Taekwondo auch lernt, ist das Scheitern. „Wir hatten mal eine Athletin, die war anderthalb Sekunden davon entfernt, sich für Olympia zu qualifizieren. Wer so einen Rückschlag wegsteckt, kann davon enorm profitieren, auch wenn man es in diesem Moment gar nicht erkennt“, sagt Smole, im zivilen Leben Justizwachebeamter. Der heute 41-Jährige ist mit den Filmen von Bruce Lee und „American Ninja“ aufgewachsen und hat sich den Taekwondo-Virus schon in sehr jungen Jahren eingefangen.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass das Scheitern bei den Fieberbrunner Athleten eher zur Ausnahme als zur Regel gehört. Gold- und Silbermedaillen bei asiatischen Meisterschaften, Titel bei Schüler-Weltmeisterschaften, Podestplätze bei Europameisterschaften, all das und mehr hat der Klub in seiner Erfolgsvita stehen. Zuletzt nahmen Vereinsgründer Martin Selos und Anita Schermer an den Weltmeisterschaften in Hongkong teil und schafften es in ihren Alterskategorien in die Top 10. 

„Dabei ist Anita, wie schon zwei Jahre zuvor, erst an der späteren Weltmeisterin gescheitert. Mit etwas mehr Losglück wäre wohl sogar noch mehr möglich gewesen“, glaubt Smole. Und verweist darauf, dass so etwas nur mit hartem Training unter professionellen Bedingungen möglich ist. Neben mindestens drei Einheiten pro Woche in der Halle werden noch private Einheiten sowie Kraft- und Mental-Trainings absolviert, um mit der Spitze mithalten zu können. Und das alles neben einem klassischen 40-Stunden-Beruf. „Das ist ein Nachteil beim Taekwondo, dass nicht zwischen Profis und Amateuren unterschieden wird und alle in einen Topf geworfen werden. Da sind andere Verbände und andere Länder einfach weiter.“

Gruppenfoto
© TC Raiffeisen Fieberbrunn

Großes Miteinander

Umso bemerkenswerter sind die Tiroler Erfolge, die gleich auf mehreren Ebenen dem Verein helfen. Zum einen zeigen sie ehrgeizigen Nachwuchs-Athleten, was mit Fleiß und Talent alles möglich ist. Zum anderen sorgen sie für Förderungen von Verbänden und dem Land, um den aufwändigen Trainingsbetrieb am Laufen zu halten. Dazu tragen auch Sponsoren wie die Raiffeisenbank Kitzbühel – St. Johann bei, die von der ersten Stunde mit an Bord war und die neben einer verlässlichen Zusammenarbeit noch einen weiteren Vorteil bietet, wie Smole aus Erfahrung weiß. „Wenn ich auf Sponsorensuche gehe und sagen kann, einen Partner wie Raiffeisen an meiner Seite zu haben, hilft das schon sehr, um andere Geldgeber zu motivieren.“

Im April stehen für Anita Schermer und Martin Selos die Europameisterschaften auf dem Plan. Ein Ziel, an dem sich andere junge Sportler orientieren können. So wie die drei Youngster Joshua Walther, Raphael Entstrasser und Raya Haase, die vor Kurzem den Sprung vom Leistungszentrum Tirol in das Bundesleistungszentrum West geschafft haben. „Solche Erfolge erfüllen uns mit Stolz“, erklärt Smole, der es als Aktiver 2006 selbst zu einer Europameisterschafts-Teilnahme gebracht hat, ehe er seine aktive Karriere beendete und sich dem Trainer- und Funktionärs-Dasein widmete. Und dem bei allem sportlichen Ehrgeiz auch ein Punkt ganz besonders am Herzen liegt. „In unserer Vereins-Philosophie stehen der soziale Zusammenhalt und die Gemeinschaft ganz weit oben. Ausflüge, gemeinsame Aktivitäten – das Miteinander ist für uns ein ganz zentraler Punkt.“

AusgabeRZ4-2025

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