Mentale Stärke in der Beratung

Das richtige Mindset als Erfolgsfaktor im Wertpapiergeschäft, damit beschäftigte sich die Raiffeisen Vermögensberatertagung 2021. Tipps und Tricks, wie man die Kunden für Wertpapiere begeistern und so die klare Marktführerschaft in Österreich absichern kann.

60 Sekunden „River Flows In You“ von Yiruma reichen, um entspannt in eine Situation zu gehen und so das Beste herauszuholen, das verspricht Mentalexperte Manuel Horeth: „Wir können unser Mindset so konditionieren, dass wir schnell mentale Höchstleistungen erbringen können.“ 90 Prozent der Spitzensportler haben einen Musiktitel, der sie in wenigen Sekunden in einen entspannten Zustand versetzt. „In der Entspannung treffen wir bessere Entscheidungen als im Stress. Entspannung fördert das Wohlbefinden, stärkt positive Gedanken, verbessert das Körpergefühl, erhöht die Leistungsfähigkeit und erhält unsere Gesundheit.“ Kein Wunder also, dass dieses mentale Gesetz am Beginn der zweitägigen Raiffeisen Vermögensberatertagung in Salzburg stand.

Ein Sieg im Sport wird zu 70 Prozent im Kopf entschieden, zu 28 Prozent spielt die körperliche Verfassung eine Rolle und nur zu 2 Prozent die Technik. Diese Formel treffe nicht nur beim Spitzensport zu, denn immerhin befinde sich jeder in irgendeiner Art im Wettkampf, ist Horeth überzeugt. Neben der Entspannung gibt es noch weitere Geheimnisse für mentale Stärke, denen Horeth im Laufe seiner Karriere als Mentaltrainer nachspürte: Visualisierung und Emotionen: „Marcel Hirscher ist nicht als Sieger ins Ziel gefahren, sondern schon als Sieger gestartet.“ Ein positives Mindset und die richtige intrinsische Zielmotivation mit passender Emotion führen zu Erfolg, während eine negative Erwartungshaltung unsere Fähigkeiten reduziert und im Team auch die anderen ansteckt. Erfolgsmomente sollte man zudem nicht nur feiern, sondern sich einprägen, etwa in Verbindung mit Musik, so kann die positive Stimmung schnell wieder abgerufen werden.

„Raiffeisen ist back im Veranlagungsgeschäft.“

Georg Wildner
Georg Wildner mit Mikrofon
Georg Wildner, Vorsitzender des Wertpapier-Beirats in der Raiffeisen Bank International (c) Klaus Bauer Photography

Die Verantwortlichen des Wertpapiergeschäfts bei Raiffeisen können die Musik bereits laut aufdrehen, denn 2021 verspricht ein hervorragendes Jahr zu werden. „Raiffeisen ist back im Veranlagungsgeschäft. Das Geschäft läuft heuer extrem gut. Wir haben in allen Bundesländern Zuwächse und die klare Marktführerschaft im Fondsgeschäft, aber auch im Wertpapiergeschäft insgesamt“, berichtet Georg Wildner, Vorsitzender des Wertpapier-Beirats in der Raiffeisen Bank International. Er begründet die positive Entwicklung mit der hohen Motivation in den Banken, die steigenden Einlagen in Wertpapiere zu drehen -aufgrund der Zinssituation -, und dem wachsenden Kundeninteresse an Veranlagungsprodukten, mit denen man die Inflation schlagen kann. „Darüber hinaus haben wir Produkte, die extremst verlässlich sind und Renditen erwirtschaften. Auch das Produktthema Nachhaltigkeit ist komplett in den Veranlagungsbereich eingezogen“, schwärmt Wildner. Einziger Wermutstropfen ist nach wie vor die Depotsättigung, die sich zwar bundesweit verbessert hat, allerdings nur von 13,2 auf 13,5 Prozent, und damit zeigt sich Wildner nicht zufrieden. Um die Wertpapierdurchdringung zu erhöhen, appelliert er bei den jungen Erwachsenen anzusetzen. Im Übergang vom Jugend-zum Hauptkunden sei das Wertpapiergeschäft vertrauensstärkend und führe zu einer geringeren Wechselbereitschaft der Kunden.

Auch die Verantwortlichen der Produkttöchter, Heike Arbter als Vorstand der Raiffeisen Centrobank für die Zertifikate und Rainer Schnabl als Vorsitzender der Geschäftsführung der Raiffeisen KAG für die Wertpapierfonds, geraten bei den Absatzzahlen des heurigen Jahres ins Schwärmen. „Wir haben schon länger davon gesprochen, dass die niedrigen Zinsen dazu führen werden, dass mehr in Wertpapiere investiert wird. Jetzt ist es so weit“, so Arbter. Seit 2017 hat sich das ausstehende Volumen der Raiffeisen-Zertifikate von 1,2 Mrd. auf 2,3 Mrd. Euro verdoppelt. Zahlen alleine sind für die RCB aber kein Erfolgsmesser: „Wir wollen Nutzen stiften und unseren Kunden etwas Gutes tun. Zertifikate bringen Ruhe ins Depot und gleichzeitig Performance“, vertieft Philipp Arnold, der in der RCB für Vertrieb und Marketing Strukturierter Produkte verantwortlich ist. Dass dies gut gelingt, belegen regelmäßige Performancestudien. Auch bei der Raiffeisen KAG ist die Motivation im täglichen Geschäft die Zufriedenheit der Kunden, wie Schnabl betont.

Illusionen im Verkauf

Doch wann genau ist ein Kunde zufrieden? „Die größte Illusion im Verkauf ist, dass wir glauben, der Kunde weiß, was er will“, sagt Johannes Steyrer von der Wirtschaftsuniversität Wien, der sich mit Überzeugungstechniken und Prinzipien im Verkauf von Wertpapieren auskennt. Wenn man beispielsweise als Verkäufer etwas besser macht, als vom Kunden erwartet, dann entsteht eine Gegenseitigkeitsverpflichtung, die den Abschlusserfolg erhöht. Ein wichtiges Argument im Wertpapiergeschäft ist auch die Verlustabneigung, denn Verluste zählen 2,5 Mal mehr als Gewinne. „Deshalb motiviert Angst mehr als Hoffnung. Da kann man den Kunden jetzt bei seiner Inflationsangst packen und argumentieren: Wer jetzt nicht kauft, der macht Verluste“, so Steyrer. Und das entspricht ja auch der Wahrheit, denn zieht man die gestiegene Inflation bei kurzfristigen Veranlagungen ab, dann ist man real bei minus 3 oder 3,5 Prozent.

Es sind viele auch einfach umsetzbare Tipps, die der WU-Professor für Vermögensberater parat hält: Koffein macht das Gegenüber beeinflussbarer. Emotionen beeinflussen das Kaufverhalten: Traurige Kunden zahlen um 30 Prozent mehr, traurige Verkäufer verlangen um 30 Prozent weniger. Menschen werden bei drei Angeboten magisch von der Mitte angezogen und auch von Bündelprodukten – wie die Kombi von Kaffee mit Croissant belegt. Auch das Knappheitsprinzip sollten Vermögensberater beherzigen: „Je mehr Optionen man dem Kunden anbietet, umso verwirrter wird er. Die Teilnahme sinkt mit zunehmender Komplexität der Sache.“ Also lieber in Salamitaktik präsentieren und niemals ein „Nein“ im frühen Verkaufsprozess provozieren. Ein häufiger Fehler im Verkauf ist die Frage „Wollen Sie das?“ anstatt „Was brauchen Sie?“. Der Kunde muss selbst den Bedarf erkennen.

Johannes Steyrer bei einer Übung
Johannes Steyrer von der WU Wien verriet Überzeugungstechniken für den Wertpapierverkauf. (c) Klaus Bauer

Bilder im Kopf des Kunden zu erzeugen -neudeutsch Storytelling -, damit beschäftigt sich Neos-Parteimitgründer und Publizist Matthias Strolz. Sein Leitspruch: „Stories eat numbers for breakfast. Geschichten schlagen Zahlen, sind schwer zu vergessen und haben unglaubliche Kraft. Sie zielen auf Bauch und Herz, um von dort in den Kopf zu wandern.“ Storytelling biete riesiges Potenzial im Verkauf, ist Strolz überzeugt, denn Geschichten machen Dinge konkret und greifbar. Dabei gibt es einige Erfolgsfaktoren zu beachten, eine davon: Je besser man seine Zielgruppe kennt, umso besser kann man Geschichten erzählen. Und dazu gehört: Zuhören ist wichtiger als reden. Im Bankbereich sollte man zudem Evidenzen einbauen, also die Erzählungen mit Zahlen, Daten und Fakten in leicht verdaulicher Weise untermauern.

Eine Geschichte, die in der Wertpapierberatung gut und gerne erzählt wird, ist das Thema Nachhaltigkeit. Aktuell sind bereit 900 Mio. Euro in ESG-Zertifikaten mit Kapitalschutz, denn Hebel-und Short-Zertifikate (Zertifikate auf fallende Kurse) werden von der RCB nicht als nachhaltig emittiert, veranlagt. Nachhaltigkeit ist auch im Fondsgeschäft ein großes Thema. Dabei führt das Thema von technologischen Entwicklungen, über klimaschonende Ernährung bis hin zu grüner Mobilität, Recycling und Renovierungswellen. Leider wird auch Green Washing ein immer größeres Problem, sind sich die Fondsmanager einig.

Um die Klimaziele zu erreichen und die Erderwärmung zu bremsen, braucht es jedenfalls auch Verzicht. Der Experte für Disziplin und Selbstbeherrschung, Shaolin Marc Gassert, kommt dabei zu einem einfachen Schluss: „Nicht das Anfangen wird belohnt, sondern das Durchhalten.“ Dieses Credo lässt sich auch anstandslos auf das Wertpapiergeschäft übertragen. Und die rund 200 Teilnehmer der Vermögensberatertagung haben nun das Rüstzeug, wie man die mentale Stärke dafür nutzen kann.

AusgabeRZ42-2021

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