WAC und der Traum von Europa

Der Wolfsberger AC gehört zu den Überraschungsteams dieser Bundesliga-Saison. Kein Wunder, dass die Ambitionen der Kärntner vor der am Wochenende beginnenden Rückrunde groß sind. Dabei hat die Mannschaft von Trainer-Vulkan Didi Kühbauer gute Argumente.

Im Sommer waren sie alle etwas ratlos beim Wolfsberger AC (WAC). Sechs Stammspieler verließen den Verein, mit Didi Kühbauer wurde ein neuer Trainer (zurück)geholt, der zuvor ein Jahr arbeitslos gewesen war. Konnte das gutgehen im Lavanttal? 

Ein halbes Jahr später weiß man: Ja, und wie! Mit acht Siegen in 16 Herbst-Runden stehen die Kärntner auf Platz vier der Tabelle und haben vor der am Wochenende startenden Rückrunde sechs Punkte Vorsprung auf den ominösen Strich, der nach 22 Spieltagen die Liga in Meister- und Abstiegsgruppe teilt. 

„Wir sind sehr zufrieden, wie der Herbst für uns gelaufen ist, auch wenn einige Ups and Downs dabei waren“, sagt Ex-Nationalspieler und Liga-Legende Walter Kogler, der als Akademie-Leiter beim WAC auch Teil der sportlichen Führungsriege des Vereins ist.

Dabei erwies sich gerade die Rückhol-Aktion von Trainer-Vulkan Didi Kühbauer als Goldgriff. Der 53-Jährige, von 2013 bis 2015 bereits erfolgreich an der Seitenlinie, verstand es schnell, der Mannschaft seine Art des Fußballs näherzubringen. Und profitiert dabei von der großen Erfahrung, die er als Spieler (u.a. Rapid, Wolfsburg, Real Sociedad, SV Mattersburg) und Trainer (Rapid, LASK, Admira) gesammelt hat. 

„Wann immer es kritisch wurde, hat er mit der Mannschaft die richtigen Antworten gefunden“, sagt Kogler. Und spielt damit auf die Phasen an, als man beispielsweise nacheinander gegen Hartberg und Tirol verlor und kurz darauf doch wieder den Turnaround schaffte. Denn genau in solchen Situationen zeigt sich, wie gefestigt ein Konstrukt wirklich ist.

Gelungene Glücksgriffe

Aber nicht nur beim Trainer, auch auf dem Spieler-Transfermarkt gelangen ein paar Glücksgriffe. Vom Kärntner Rivalen Austria Klagenfurt wurde Abwehrchef Nicolas Wimmer abgeluchst, im Tor erwies sich der vom LASK geholte U21-Nationalkeeper Nikolas Polster als sicherer Rückhalt. Und: Man investierte für WAC-Verhältnisse richtig viel Geld und verpflichtete den Serben Dejan Zukic für 900.000 Euro vom FK Vojvodina Novi Sad. Ein Transfer, der die Strategie des Klubs perfekt verdeutlicht. In junge Spieler investieren, sie entwickeln und nach einer Zeit für ein Vielfaches der gezahlten Ablösesummer wieder veräußern. Bereits jetzt wird der Marktwert des 23-Jährigen von Experten auf rund drei Millionen Euro geschätzt. „Wir haben uns mittlerweile auch international den Ruf erworben, dass es sich lohnt, nach Wolfsberg zu fahren und zu schauen, welche Spieler in unserem Kader interessant sind“, sagt Kogler nicht ohne Stolz.

Walter Kogler, WAC-Sportdirektor
Walter Kogler © GEPA pictures/Armin Rauthner

Gute Ausgangslage

Allerdings, und das ist ein Verdienst der guten Arbeit der letzten Jahre: Man hat dabei nicht den Druck, jedes Angebot sofort annehmen zu müssen. Denn eine zu hohe Fluktuation gefährdet den sportlichen Erfolg und macht es schwer, eine Struktur entstehen zu lassen. So wie im Falle von Thierno Ballo. Der 23-Jährige, der schon bei Rapid, Chelsea oder Leverkusen unter Vertrag stand, gehört zu den spektakulärsten Offensivspielern der Liga und erzielte im Herbst in Liga und Cup sieben Tore (plus sechs Assists). „Für ihn gab es bereits lukrative Anfragen“, verrät Kogler. „Aber unser Präsident Dietmar Riegler hat klargestellt, dass es für einen Wechsel noch zu früh ist und sein Abgang ein zu großes Loch in unsere sportlichen Planungen reißen würde.“

Eine Ausgangslage, um die viele Klubs den WAC beneiden. Und die man sich dadurch erarbeitet hat, dass in den letzten Jahren Spieler wie Augustine Boakye (3 Millionen,
St. Etienne), Mohamed Bamba (5 Millionen, AC Lorient) oder Shon Weissman (4 Millionen, Real Valladolid) für gutes Geld den Verein verließen und ein sattes Transferplus in die Kassen spülten. 

Hohe Ziele

Dass die sportlichen Ambitionen groß sind, hat durchaus mit der jüngeren Vergangenheit des Klubs zu tun. Aufgestiegen 2012, etablierte man sich immer mehr als fixer Bestandteil der Bundesliga und schaffte 2019 und 2020 sogar zweimal den Sprung in die Gruppenphase der UEFA Europa League. Und nicht nur das: Es wurden rauschende Europacup-Nächte gefeiert, mit Siegen über Spitzenteams wie Borussia Mönchengladbach oder Feyenoord Rotterdam oder zwei Unentschieden gegen AS Roma. 

„Davon schwärmt in Wolfsberg heute noch jeder“, sagt Kogler mit einem herzhaften Lachen. Schiebt aber mit ernster Miene nach: „Natürlich wollen wir das wieder erleben. Diese Gier haben wir. Aber in der langfristigen Betrachtung müssen wir dafür ein Team werden, das es regelmäßig in die Top 6 schafft. Das ist unser Ziel.“

Große Erwartungen

Genau auf diesem Weg befindet sich der Klub gerade. In den letzten drei Spielen vor der langen Winterpause wurden genauso viele Siege eingefahren, was die Vorbereitung um einiges einfacher gemacht hat, wie Kogler zugibt. „Weil es die perfekte Bestätigung dafür war, dass wir bis dahin gut gearbeitet haben. Das nimmst du in den Köpfen mit.“ 

Deswegen bricht auch keine Panik aus, dass man mit Rapid Wien am Samstag und Doublesieger Sturm Graz eine Woche später zum Auftakt gleich zwei richtig schwere
Brocken vor der Brust hat, die in der Tabelle vor dem WAC platziert sind. „Wenn wir diese beiden Spiele gewinnen, rufen wir den Titelkampf aus“, erlaubt sich Kogler einen ironischen Seitenhieb auf die immer größer werdenden Erwartungen an den Klub, der seit vielen Jahren von der Raiffeisenbank Mittleres Lavanttal als Sponsor unterstützt wird.

Eine Lockerheit, die man sich erlauben kann beim WAC. Denn im Gegensatz zum Sommer 2024 wissen sie jetzt ziemlich genau, wo sie stehen und was sie erwarten können, von Ratlosigkeit keine Spur. Nur bei einem Thema legt Kogler, als gebürtiger Wolfsberger dem Klub emotional noch etwas mehr verbunden, seine Stirn in Sorgenfalten. Denn die Infrastruktur in und rund um die Lavanttal Arena ist nicht mehr zeitgemäß, seit dem Aufstieg vor gut zwölf Jahren hat sich nicht viel getan. „Kurzfristig sehe ich keine Bedrohung, aber langfristig muss etwas passieren. Das geht aber nur mithilfe von außen, die in Zeiten wie diesen schwer zu bekommen ist.“ Der sportliche Grundstein dafür ist immerhin gelegt.

AusgabeRZ6-2025

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