Die Talsohle am Wohnimmobilienmarkt ist auch im Waldviertel durchschritten. Nach dem Boom der Pandemie-Jahre 2021/22 und dem anschließenden Einbruch 2022/23 kommt wieder mehr Dynamik in den Markt. So legte das Transaktionsvolumen in der Region im Vorjahr um 6 Mio. auf 159 Mio. Euro zu, obwohl die Anzahl der verkauften Immobilien um 36 auf 1.720 zurückging. Die durchschnittlichen Quadratmeterpreise von Einfamilienhäusern stiegen 2024 im Jahresvergleich um 200 Euro auf 2.000 Euro. Und auch die Grundstückspreise übertrafen mit durchschnittlich 24 Euro je Quadratmeter bereits das Vor-Pandemie-Niveau (2019: 15 Euro).
„Wir sehen eine Rückkehr zur Normalität. Da nicht davon auszugehen ist, dass das Niveau der Boomjahre wieder erreicht wird, ist jetzt ein guter Verkaufszeitpunkt für ungenutzte Immobilien“, betont Peter Weinberger, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien in NÖ/Wien/Burgenland und Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich.
Angebotsseitig tritt der Markt derzeit allerdings auf der Stelle. „Eine immer noch gute Nachfrage trifft auf rückläufiges Angebot, sowohl bei gebrauchten wie auch neuen Immobilien“, so Weinberger. Das bremse den Markt. Perspektivisch erwartet der Immobilienexperte aber, dass wieder mehr Immobilien auf den Markt kommen könnten. Denn: „Der Leerstand wird teurer“, so Weinberger mit Hinweis vor allem auf die gestiegenen Energiekosten. Zudem würden nicht genutzte Häuser auch höhere Instandhaltungskosten nach sich ziehen, weil zum Beispiel Böden und Wände schneller kaputt würden. All dies biete eine Chance, dass ungenutzte Immobilien entweder auf den Miet- oder Eigentumsmarkt kommen.
Positive Wanderungsbilanz
Die Attraktivität des Weinviertels umschreibt Regionalentwickler Josef Wallenberger folgendermaßen: „Viele Menschen wollen raus aus den Städten aufs Land. Die Provinz wird aber nicht mehr als provinziell wahrgenommen. Die Werte, wofür ländliche Räume stehen, ziehen wieder mehr Menschen an.“ Das zeigen auch die Zahlen fürs Waldviertel: Laut Statistik Austria haben im Vorjahr 5.752 Menschen in der niederösterreichischen Region einen Hauptwohnsitz begründet, während 5.346 wegzogen sind. Die meisten Zuzügler kamen traditionellerweise aus Wien (knapp 1.400), gefolgt vom Wiener Umland (644). Die Bezirke Gmünd, Horn und Zwettl sowie die Stadt Krems verzeichneten einzeln betrachtet eine positive Wanderungsbilanz, während die Bezirke Krems-Land und Waidhofen an der Thaya ein leichtes Minus hatten. Unterm Strich gab es ein Plus von 406 neuen Hauptwohnsitzen. Gut zwei Drittel der Zuzügler gehen in Bestandsobjekte, rund ein Drittel setzt auf Neubau. Auch wenn der Zug zum Bauen wieder komme, hätten Sanierungen von Bestandsobjekten durchaus ihre Vorteile, meint Weinberger. Man müsse etwa nicht alles auf einmal machen und könne die Immobilie nutzen und schrittweise sanieren.
Ein anderes Bild zeigt sich dagegen bei der Geburtenbilanz: 1.566 Geburten stehen 2.686 Sterbefällen gegenüber, was letztlich zu einer insgesamt negativen Bevölkerungsentwicklung der Region führt. Ein Rückblick in die vergangenen 15 Jahre bestätigt das Bild: 76.000 Wegzügen stehen 84.000 Zuzüge gegenüber. Allerdings lässt auch bei dieser Betrachtung die negative Geburtenbilanz – 28.000 Geburten im Verhältnis zu 41.000 Sterbefällen – die Bevölkerung der Region insgesamt schrumpfen. Um die Bevölkerung im Waldviertel zu stabilisieren, werde es auch künftig mehr Zuzug brauchen, sind sich die Experten einig. Die Region habe dafür die nötigen Reserven bei Grundstücken und in der Infrastruktur. „Wir bringen noch locker 10 bis 15 Prozent mehr Menschen unter, ohne groß in die Infrastruktur investieren zu müssen. Das ist kein unwichtiger Faktor“, streicht Wallenberger hervor.
Regionales Portal
An der demografischen Entwicklung der Region arbeiten mittlerweile 64 Gemeinden seit über zwei Jahrzehnten im Verein Interkomm zusammen und betreiben dazu auch das Portal www.wohnen-im-waldviertel.at. „Es geht darum, das Waldviertel als attraktiven Wohnstandort darzustellen und mehr Menschen in die Region zu bringen“, erklärt Wallenberger. Die Verfügbarkeit von Immobilien sei derzeit die größte Herausforderung für die Region, die sich nach wie vor einer regen Nachfrage erfreue. Aktuell werden auf der gemeinsamen Plattform an die 600 Immobilien angeboten – das sei ein gutes Drittel weniger als vor 15 Jahren, so Wallenberger. Neben freien Immobilien werden auf dem Portal auch Jobs sowie umfassende Informationen zu Infrastruktur und Lebensqualität im Waldviertel angeboten.
„Wir müssen weiterhin gemeinsam daran arbeiten, Zuzug ins Waldviertel zu generieren. Nur durch den Zuzug junger Menschen kann die Zukunft im Waldviertel gestärkt werden, betont der neugewählte Interkomm-Obmann und Bürgermeister von Weitra Patrick Layr. Betrachte man die Altersstruktur der Region anhand einer „Alterspyramide“, werde schnell klar, dass die Pyramide ein Baum mit einer breiten Krone sei. Die größte Bevölkerungsgruppe im Waldviertel sei zwischen 50 und 65 Jahren. Um unter anderem den Arbeitsmarkt zu sichern, brauche es junge Menschen, die zuziehen, so Layr. Das gelinge bereits, allerdings nicht im notwendigen Ausmaß. Es seien nicht „die Jungen“, die gehen, und „die Alten“, die kommen, wie man meinen könnte. „Die stärkste Gruppe im Zuzug sind Menschen zwischen 20 und 37 Jahren, die oftmals Familie mitbringen. Denn das Waldviertel ist besonders beliebt, wenn es um die Frage geht, wo die eigenen Kinder aufwachsen bzw. in die Schule gehen sollen“, sagt Wallenberger.

„Eiszeit ist vorbei“
Österreichweit ist die Entwicklung auf dem Wohnimmobilienmarkt noch verhalten. „Zwei Schritte vor, einen zurück“ – so charakterisiert Matthias Reith, Immobilienexperte bei Raiffeisen Research, die Entwicklung im ersten Halbjahr. Im Auftaktquartal 2025 legten die Preise für Wohnimmobilien hierzulande um 0,8 Prozent auf Quartalsbasis zu. Im zweiten Quartal gab es dann allerdings einen Rückgang um 0,5 Prozent. Unterm Strich mussten Immobilienkäufer im ersten Halbjahr damit um 0,3 Prozent tiefer in die Tasche greifen als Ende 2024. „Die Eiszeit auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt ist also vorbei, die Bäume wachsen deswegen aber nicht in den Himmel“, so Reith. Mittelfristig spricht laut dem Raiffeisen-Analysten mehr für als gegen steigende Immobilienpreise. Der demografische Rückenwind für den Immobilienmarkt lässt zwar nach, ist aber weiterhin vorhanden. Österreich wird auch in den nächsten Jahren wachsen, wenn auch langsamer als in den zurückliegenden 10 bis 15 Jahren. Damit wächst auch der Bedarf an Wohnraum, auch wenn das regionale Gefälle groß ist. Das Problem: Gebaut wird nicht immer dort, wo der Bedarf am größten ist.