Vor mehr als einem Vierteljahrhundert radelte ein Mann durch den verschneiten Salzburger Volksgarten, außer ein mit Schnee bedecktes Auto bekam er dort aber weit und breit nichts zu sehen. Der Legende nach hatte Winterfest-Gründer Georg Daxner damals beim Radeln die Vision, diesen Ort mit einem zeitgenössischen Zirkusfestival neu zu beleben. Menschen sollten im Volksgarten für wenige Stunden in eine völlig andere Welt entrückt werden.
Daxner ließ sich von seiner Idee nicht abbringen – im Jahr 2001 startete das Winterfest mit einem Zelt und der Zirkusgruppe „Le Cirque Invisible“. Der Winterfest-Gründer lockte namhafte Gruppen des „Nouveau Cirque“ – eine Zirkusart, die Varieté, Akrobatik, Musik und Tanz verbindet – aus Frankreich, Spanien und Großbritannien nach Salzburg. Das Winterfest entwickelte sich zum bedeutendsten Festival für zeitgenössischen Zirkus im deutschsprachigen Raum. 2014 verunglückte Georg Daxner tödlich bei einer Wanderung am Untersberg, seine Vision aber blieb. In 25 Jahren spielten 79 internationale Compagnien für 500.000 Zuschauer in 1.414 Vorstellungen.
„Unser treues Publikum hat in den letzten 25 Jahren sehr viel Neugierde auf ‚Nouveau Cirque‘ bewiesen. Hier paart sich Qualität mit Originalität: Das Winterfest ist virtuos, lustig und originell“, sagt Robert Seguin, Geschäftsführer und künstlerischer Leiter des Winterfests, bei der Programmpräsentation. Das Jubiläum wird mit fünf Compagnien gefeiert. Drei davon gastierten bereits in Salzburg – Cirque Le Roux und Akoreacro aus Frankreich sowie der Österreicher Michael Zandl. Zwei Compagnien kommen zum ersten Mal in den Volksgarten: Cirque Éloize aus Kanada und La Faux Populaire aus Frankreich.

Akrobatik aus Kanada
Das Festival startet am 26. November mit der Gruppe Cirque Le Roux. Beim Winterfest 2015 begeisterte die Compagnie mit „The Elephant“ das Publikum, nun kommen die Franzosen mit ihrem Programm „Entre Chiens et Louves“ (zwischen Hunden und Wölfen) ins Theaterzelt in den Volksgarten zurück. „Die Gruppe gilt als Erfinder des sogenannten Kino-Zirkus“, sagt Seguin. Die acht Künstler erzählen bildgewaltig die Geschichte von drei Menschen, die in drei unterschiedlichen Epochen leben. Der Hauptdarsteller Alex taucht dabei in die verschiedenen Welten ein. 75 Minuten dauert die Aufführung, welche die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lässt.
Der Cirque Éloize aus Kanada gastiert mit „ID Evolution“ zum ersten Mal in Salzburg, das Publikum erwartet herausragende Akrobatik, betont Seguin. „Sehr dynamisch und technisch super.“ Die Compagnie vermischt in ihrer Vorführung Breakdance, Luftakrobatik und Trampolin. Im Zentrum des Stücks steht eine Reise durch eine futuristische Stadt, durch Körperbilder, Lichtlandschaften und digitale Räume. Ein technologisch raffiniertes Spektakel.
Hitpotenzial aus Frankreich
Zu einem echten Winterfest-Kenner ist die Compagnie Akoreacro aus Frankreich geworden, bereits zum vierten Mal sind sie im Volksgarten zu Gast. In ihrem Stück „Ostinato“ bilden sie einen Flug durch die Zeit ab. „Die Produktion zeigt in anderthalb Stunden die ganze Geschichte der Menschheit“, sagt Programmchef Seguin. Die französische Compagnie widmet sich mit viel Humor und spektakulärer Akrobatik dem Verhältnis von Mensch und Fortschritt. „Ostinato“ wird zum ersten Mal in Österreich gespielt. „In Prag gab es 20 Minuten Standing Ovations für das Stück“, berichtet Seguin.
Ebenfalls eine Österreich-Premiere feiert La Faux Populaire aus Frankreich mit dem Stück „Le Cabaret Renversé“. Sie spielen ab dem 27. November im kleinen Compagnie-Zelt im Volksgarten elf Aufführungen. Die Compagnie besteht aus zwei Spielenden, dem Ehepaar Julien und Juliette. Das Publikum sitzt rund um die kreisförmige Bühne und bekommt hautnah mit, wie Julien und Juliette zwischen Jonglage, Seiltanz, Akrobatik und Messerwerfen das Leben zu zweit beleuchten. „Ein sehr spezielles Ehepaar“, verrät Seguin schmunzelnd.
Neben dem Volksgarten ist das Toihaus Theater ebenfalls Spielort des Winterfestes. Der österreichische Künstler Michael Zandl beschäftigt sich im Stück „Food“ mit der bizarren Welt des Konsums. Zandl verbindet den zeitgenössischen Zirkus mit absurden Elementen.


Für die ganze Familie
Der Winterfest-Geschäftsführer rechnet bei den insgesamt 74 Aufführungen bis zum 6. Jänner 2026 mit rund 30.000 Zuschauern. Die Ticketpreise sind im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent gestiegen. Seguin betont, dass man daran interessiert sei, Lösungen für alle zu finden. Erstmals gibt es Karten, die in Kooperation mit der Aktiv:Karte der Stadt Salzburg Rabatt ermöglichen.
„Die Aufführungen sind für Familien“, betont Robert Seguin. Für alle Vorführungen im Volksgarten gibt es eine Altersempfehlung ab sechs Jahren.
Und wo geht der Weg in den kommenden Jahren hin? „Kunst ist nur dann legitim, wenn sie langfristig berührt, wenn sie beglückt, traurig macht oder bestürzt“, wird der verstorbene Winterfest-Gründer Georg Daxner auf der Homepage des Winterfestes zitiert. Robert Seguin sagt deshalb mit Blick in die Zukunft: „Das Festival ist ein lebendiger Ort der Begegnung und des Staunens, in dem Gemeinschaft und Vertrauen, Entwicklung trotz Überraschung, Identität neben Toleranz, höchste Werte sind. Wir wollen niemals in Routine verfallen.“
Raiffeisen Salzburg ist einer der Hauptsponsoren des Winterfestes. Für Raiffeisen-Kunden gibt es ermäßigte Tickets.