Wohnimmobilien: Zarter Aufschwung nimmt Form an

Die Aufwärtstendenzen auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt werden trotz anhaltender Unsicherheit langsam spürbar. Auf das Immobilienjahr 2026 blicken Marktteilnehmer mit verhaltenem Optimismus.

Die Trendwende am österreichischen Wohnimmobilienmarkt ist in vielerlei Hinsicht erfolgt, die Erholung verläuft allerdings nur schleppend. Es werden mehr Immobilien verkauft und auch die Wohnraumfinanzierungen nehmen spürbar zu. Zudem sorgen gestiegene Einkommen, einbrechende Fertigstellungszahlen und eine wachsende Bevölkerung für eine positive Preisentwicklung.

Nach dem Auf und Ab im ersten Halbjahr 2025 brachte das dritte Quartal einen Preisschub von 1,3 Prozent zum Vorquartal, zeigt eine Analyse von Raiffeisen Research. Im Gesamtjahr 2025 dürfte sich das Wohneigentum letztlich um 0,9 Prozent verteuern, prognostizieren die Raiffeisen-Experten. Damit scheint die Preiskorrektur beim Wohneigentum ein Ende gefunden zu haben: Zwischen dem dritten Quartal 2022 und dem Schlussquartal 2024 gingen die Preise für Wohneigentum nominal um durchschnittlich 5 Prozent zurück. Die eingeläutete Trendwende bei den Preisen sollte sich der Raiffeisen-Prognose zufolge auch 2026 mit einem Plus von 2,5 Prozent fortsetzen.

Zweigeteilte Preisentwicklung

Bei der Preisentwicklung hat sich der Wohnimmobilienmarkt in den vergangenen drei Jahren zweigeteilt: So legten die Preise im Neubau aufgrund steigender Baukosten weiter zu. Neu errichtete Eigentumswohnungen wurden im Hotspot Wien in diesem Zeitraum um 1,7 Prozent teurer und im restlichen Bundesgebiet sogar um 8 Prozent.

Die preislichen Rückgänge spielten sich im Gebrauchtsegment ab: in Wien um 8,9 Prozent und in den anderen Bundesländern im Schnitt um 5,3 Prozent. Das hat die „Leistbarkeit“ im Gebrauchtsegment gepaart mit einem Lohnplus von rund 20 Prozent auf Kollektivvertragsbasis seit 2023 deutlich verbessert, heißt es in der Analyse der Raiffeisenexperten.

Bei der Kreditfinanzierung bleibt die Leistbarkeit vor allem im Neubausegment angespannter als vor der Zinswende im Sommer 2022. Auch wenn Wohneigentum mittlerweile so leistbar ist wie Anfang 2018, ist die Finanzierungssituation aufgrund der Geldpolitik deutlich teurer geworden: Kostete ein Immobilienkredit damals im Schnitt 1,8 Prozent, sind es heute mit 3,4 Prozent fast doppelt so viel. Und das dürfte sich auf absehbare Zeit auch nicht wesentlich ändern: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Abstieg vom Zinsgipfel in der Mittelstation beendet. Sie dürfte nun Einschätzungen zufolge eine längere Zinspause einlegen. 

Die höheren Zinsen spiegeln sich naturgemäß in der Belastung der privaten Haushalte wider: Mussten Anfang 2018 bei einem kreditfinanzierten Hauskauf ähnlich wie in den Jahren davor rund 28 Prozent des Nettoeinkommens für den monatlichen Schuldendienst, also für die Zinsen und die Tilgung, eingeplant werden, waren es im dritten Quartal 2025 satte 37 Prozent. Die Folge: „Potenzielle Immobilienkäufer dürften daher verstärkt auf das Gebrauchtsegment ausweichen, mit den entsprechenden Implikationen für die Preise“, so die Raiffeisen-Experten.

Manfred Miglar im Porträt
Manfred Miglar © Marcel Hagen

„Neubauprojekte entstehen in Vorarlberg punktuell, doch die Nachfrage bleibt verhalten.“

Manfred Miglar

Müder Markt im Ländle

In Vorarlberg ist von dieser gesamtösterreichischen Erholung noch wenig zu spüren: „Der Markt zeigt sich weiterhin eher träge. Neubauprojekte entstehen punktuell, doch die Nachfrage bleibt verhalten. Bauträger kämpfen mit schleppendem Absatz, während die Neubaupreise in Vorarlberg nach wie vor auf Rekordniveau liegen. Von einer klaren Erholung kann daher keine Rede sein – wir sehen eher eine Seitwärtsbewegung als einen echten Aufschwung beim Wohnen“, erklärt Manfred Miglar, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Landesbank Vorarlberg. Positiv für den Markt sei die Zinsentwicklung. „Das Jahr war von einem stabilen Zinsniveau geprägt. Dies ließ alle aufatmen, die eine Finanzierung wollten“, schildert der Bankmanager. Einen deutlichen Dämpfer versetzten vielen Immobilienprojekten allerdings die Änderungen bei der Wohnbauförderung in Vorarlberg, die für Unsicherheiten gesorgt haben.

Der Trend zu gebrauchten und damit günstigeren Immobilien ist auch im Ländle beobachtbar. „Gefragt sind kompakte Gebrauchtwohnungen in gutem Zustand und mit niedrigen Betriebskosten. Käufer achten stärker auf die Zimmerzahl als auf die Fläche – eine kompakte Drei-Zimmer-Wohnung ist aktuell attraktiver als eine größere“, berichtet Miglar. Entscheidend seien aber realistische Bewertungen statt Fantasiepreise. Bauträgerfähige Grundstücke werden oft parzelliert und mit Doppelhäusern bebaut. In dieser Entwicklung liege für Miglar durchaus auch etwas Positives: „Effiziente Grundrisse gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit beim Bauen sind das gute Nachrichten.“

Für 2026 wird in Vorarlberg mit keiner großen Trendwende gerechnet. Dazu Miglar: „Der Markt bleibt müde, die Preise bewegen sich seitwärts. Die mediale Achterbahn mit Berichten über Erholung oder Absturz verunsichert viele Käufer. Ich würde es mit ,Stabilität statt Boom’ beschreiben.“ Es werde ein Jahr der Konsolidierung. Gerade in einer solchen Marktphase seien Banken „mit hoher Beratungsqualität und individuellen Lösungen“ gefordert.

Gerhild Bensch-König im Porträt
Gerhild Bensch-König © Sima Prodinger

„Ein relativ niedriges Zinsniveau und auch der Wegfall der KIM-Verordnung beginnen zu greifen.“

Gerhild Bensch-König

„Talsohle durchschritten“

Die anhaltende Wirtschaftsflaute, gepaart mit dem branchenspezifischen Gegenwind und der allgemeinen Unsicherheit, hat die Immobilienbranche heuer insgesamt sehr stark gefordert. „Leider führte das gerade in unserer Branche vermehrt zu Schwierigkeiten bis hin zu Insolvenzen unter Bauträgern, was wiederum Unsicherheiten auf der Käuferseite bewirkte“, erklärt Gerhild Bensch-König, Geschäftsführerin von Raiffeisen WohnBau.

Seit August sei eine deutliche Bewegung am Markt spürbar. „Ein relativ niedriges Zinsniveau und auch der Wegfall der KIM-Verordnung beginnen zu greifen, weshalb Raiffeisen WohnBau das Jahr 2025 zufriedenstellend abschließen wird“, so die Immobilienexpertin. Heuer sollte man insgesamt 100 Eigentumswohnungen in Wien, Niederösterreich und Tirol verkaufen. Damit habe man in diesen wirtschaftlich angespannten Zeiten einmal mehr die Position als verlässlicher und seriöser Partner am heimischen Immobilienmarkt stärken können, freut sich ­Bensch-König.

Die Marktentwicklung beurteilt sie folgendermaßen: „Ich gehe davon aus, dass die Talsohle im Wohnsegment durchschritten ist, aber wir haben leider keinen Einfluss auf die vielen externen Faktoren, die in den letzten Jahren den Immobilienmarkt ausgebremst haben.“ Für 2026 hoffe sie auf das Beste, auch wenn klar sei, dass die Verkaufszahlen nicht so schnell wieder auf dem Niveau sein werden wie in den Boom-Jahren, was natürlich auch den rückläufigen Fertigstellungszahlen geschuldet sei. Mit dem vielseitigen Angebot an Wohnungen spreche man unterschiedlichste Bedürfnisse und Kundenschichten an, wobei der Fokus auf hochwertiger Ausstattung und guter Verkehrsanbindung bei einem wettbewerbsfähigen Verkaufspreis liege. Bensch-König gehe zwar optimistisch ins Immobilienjahr 2026, es werde aber „sicher ähnlich herausfordernd wie das aktuelle Jahr“.

Peter Mayr im Porträt
Peter Mayr © Philipp Schuster

„Der Immobilienmarkt zeigt sich heuer widerstandsfähig. Die Nachfrage sowie der Wunsch nach Eigentum sind ungebrochen.“

Peter Mayr

Nachfrage ungebrochen

Aus der Sicht der Immobilienmakler war das Jahr 2025 von einer hohen Nachfrage, Preisstabilität und mehr Objekten auf dem Markt gekennzeichnet. „Der Immobilienmarkt zeigt sich heuer widerstandsfähig. Die Nachfrage sowie der Wunsch nach Eigentum sind ungebrochen“, berichtet Peter Mayr, Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich und Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien Salzburg. Die größte Herausforderung sieht er weiterhin beim Thema Finanzierung. Aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen gab es heuer weniger Abschlüsse und steigende Mieten. Für 2026 erwartet Mayr, dass sich der Markt stabilisiere. Die weiterhin hohe und stabile Nachfrage nach Wohnraum lasse ihn positiv ins kommende Jahr blicken.

Positive Marktimpulse gibt es bei Vorsorgewohnungen: „Nach einem zähen ersten Halbjahr hat der Verkauf im zweiten Halbjahr stark zugenommen. Die Nachfrage und die Verkaufssituation sind derzeit bei der Raiffeisen Vorsorge Wohnung auf dem Vorkrisenniveau. Wenn es so weitergeht, haben wir die Talsohle definitiv durchschritten“, berichtet Geschäftsführerin Marion Weinberger-Fritz. Da der Neubau eingebrochen sei und die Finanzierbarkeit von Projekten schwierig bleibe, sei auch kein Nachschub bei fertiggestellten Projekten in signifikantem Ausmaß zu erwarten. „Daher werden alle jene, die Wohnungen zum Verkauf haben, wieder schöne Verkaufserfolge erzielen können“, ist Weinberger-Fritz überzeugt.

Marion Weinberger-Fritz im Porträt
Marion Weinberger-Fritz © Florence Stoiber

„Wir bekommen bei zu vermietenden Wohnungen richtige Bewerbungen von potenziellen Mietern, damit wir sie berücksichtigen.“

Marion Weinberger-Fritz

Zu den größten Herausforderungen am Markt zählt für die Immobilienexpertin „der angewachsene, enorme bürokratische Aufwand“. Bis zur Erteilung einer Baugenehmigung können mittlerweile bis zu zwei Jahre vergehen, früher waren es um die sechs Monate. „Dazu kommt, dass manch Politiker mit Aussagen wie ,Mietpreisbremse’, die aber gar keine ist, Investoren, Entwickler und Käufer von Vorsorgewohnungen verunsichern und abschrecken“, sagt die RVW-Geschäftsführerin. Die „Zeche“ werden am Ende wieder die Mieter zahlen, denn es kommt zu wenig Angebot für die hohe Nachfrage auf den Markt, was schließlich die Mieten in die Höhe treibt. Ein Nebeneffekt sei, dass sich die Renditen von Vorsorgewohnungen verbessern und die Wertsteigerungen zunehmen. „Derzeit bekommen wir bei zu vermietenden Wohnungen richtige Bewerbungen von potenziellen Mietern, damit wir sie berücksichtigen“, schildert Weinberger-Fritz. Für das kommende Jahr erwartet sich Weinberger-Fritz, dass man an frühere erfolgreiche Jahre wieder anschließen wird können.

Erwin Größ im Porträt
Erwin Größ © Katharina Schiffl

„Wir müssen aufhören, über Veränderungen nur zu reden, das TUN ist gefragt.“

Erwin Größ

„Langer Atem gefragt“

Erwin Größ, Geschäftsführer der Strabag Real Estate (SRE) in Österreich, sieht eine fragile Marktentwicklung: „Es geht langsam, sehr langsam wieder aufwärts. Institutionelle Anleger investierten wieder vermehrt in Wohnimmobilien, wobei starkes Interesse an energieeffizienten Objekten zu bemerken war. Aber man darf nicht erwarten, dass sich die Branche in kürzester Zeit wie ein Phoenix aus der Asche erhebt. Jetzt sind ein langer Atem und auch ein Umdenken an vielen Fronten gefragt.“ Vor allem seit der Senkung der Leitzinsen sei ein leichter Aufwind zu spüren und die Wohnungskäufe hätten leicht angezogen. Man befinde sich nun aber in einer normalen Zinslage, die sich nicht signifikant weiter verbessern werde. 

An den grundsätzlichen Herausforderungen im Wohnbau hat sich Größ zufolge kaum etwas geändert: „Die größte Herausforderung ist und bleibt: Wie schaffen wir es, möglichst rasch, leistbaren, nachhaltigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen? Die dazu notwendigen strukturellen und politischen Weichenstellungen könnten sich … – ich korrigiere mich: müssten sich – weitaus schneller entwickeln, damit wir nicht gleich wieder in der nächsten Krise aufwachen.“ Beim Blick auf das kommende Jahr betont Größ, dass es nun darum gehe, dass alle Beteiligten die Zeichen der Zeit erkennen und entsprechende Prioritäten setzen. Man sei mit einer wachsenden Wohnungsknappheit, steigenden Baukosten, längeren Bauverfahren und einer noch sehr zarten und empfindlichen Markterholung konfrontiert. „Wir müssen aufhören, über Veränderungen nur zu reden, das Tun ist gefragt“, sagt der SRE-Geschäftsführer.

AusgabeRZ50-2025

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