Wohnimmobilienmarkt taut wieder auf

Die Talsohle am Wohnimmobilienmarkt ist erreicht: Sinkende Zinsen und steigende Einkommen sorgen für erste Zeichen der Erholung. Niederösterreich bleibt vergleichsweise günstig.

Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist wieder leicht gestiegen. Das spürt man auch bei Raiffeisen NÖ-Wien: So ist das Wohnbaukreditvolumen bis Ende März 2025 um ein Prozent auf 200 Millionen Euro – im Vergleich zu 31. Dezember 2024 – gestiegen. Martin Hauer, Vorstandsdirektor der Raiff­eisenlandesbank NÖ-Wien, sieht darin „ein erstes Anzeichen dafür, dass sich die Situation schrittweise verbessert und das Interesse an Wohn­immobilien wieder zurückkehrt.“

Wohneigentum ist im Verlauf des Vorjahres österreichweit um 1,1 Prozent billiger geworden, 2023 lag das Minus noch bei 2,3 Prozent. Allerdings dürfte die Zeit – ohnehin nur leicht – sinkender Immobilienpreise 2025 vorbei sein. Die gesunkenen Zinsen und insbesondere die gestiegenen Einkommen sollten eine Trendwende herbeiführen. Wohnimmobilienpreise dürften heuer wieder leicht zulegen.

„Eiszeit dürfte vorbei sein“

Auch Gunter Deuber, Chefanalyst bei Raiffeisen Research, sieht „eindeutig Signale der Trendwende am österreichischen Immobilienmarkt“. Nach zweieinhalb „ausgesprochen schwierigen“ Jahren dürfte „die Eiszeit am Immobilienmarkt wohl vorbei sein“, pflichtet auch Matthias Reith, Senior Ökonom für den österreichischen Wohnimmobilienmarkt bei Raiffeisen Research, bei: „Die Voraussetzungen für eine Trendwende wurden in den letzten Jahren geschaffen. Wohneigentum ist zwar nicht viel billiger, aber leistbarer geworden.“ Getrieben wird die Entwicklung von den gesunkenen Zinsen und insbesondere von den gestiegenen Einkommen.

„Die EZB hat die Leitzinsen nach Erreichen des Zinsgipfels bereits um 1,75 Prozent gesenkt, wir rechnen bis zum Herbst mit zwei weiteren kleinen Zinsschritten. Insbesondere variable Kredite dürften daher noch etwas billiger werden“, betont Deuber und erwartet „angesichts der schweren Baurezession und der zu geringen Bautätigkeit keinen zusätzlichen regulatorischen Gegenwind“.

Umso wichtiger sei es, diese „zarte Aufschwungsdynamik sinnvoll wirtschaftspolitisch zu begleiten“, bekräftigt Deuber und bringt als eventuelle Maßnahmen eine Investitionsprämie oder Erleichterungen beim Neukauf ins Spiel. Martin Hauer begrüßt jedenfalls das Auslaufen der KIM-Verordnung, „weil wir in Einzelfällen damit mehr Flexibilität bieten können“. Vor allem bei Jungfamilien rechnet er mit einer verstärkten Nachfrage nach Wohnraumfinanzierungen, da sei es wünschenswert, den Kunden mit individuelleren Lösungen zur Seite stehen zu können.

NÖ noch leistbarer

Mit Blick auf den niederösterreichischen Wohn­immobilienmarkt zeigt sich, dass hier die Situation der Leistbarkeit von Wohneigentum weniger angespannt ist als anderswo. So kostete ein Quadratmeter eines niederösterreichischen Einfamilienhauses im vierten Quartal 2024 rund 3.370 Euro. Lediglich in der Steiermark, in Kärnten und im Burgenland waren die Preise für Eigentum noch niedriger. Gleichzeitig haben niederösterreichische Haushalte österreichweit fast die höchsten Einkommen. Ein Umstand, der den Preisrückgang seit Mitte 2022 begrenzt hat. In den letzten knapp zweieinhalb Jahren ist das niederösterreichische Einfamilienhaus um 5,8 Prozent billiger geworden (Q4 24 ggü. Q3 22), wie Matthias Reith erläutert. 

Trotz der insgesamt besseren Leistbarkeit zeigen sich innerhalb Niederösterreichs
deutliche Preisunterschiede: Der Quadrat­meter eines Einfamilienhauses war in Zwettl Ende 2024 für 1.845 Euro zu haben, in Mödling musste mit 5.420 Euro fast dreimal so viel aufgewendet werden. Das große Preis­gefälle innerhalb Niederösterreichs ist in den letzten Jahren jedoch kleiner geworden. Preisgünstige Bezirke hatten angesichts niedrigerer Preise in Zeiten angespannter Leistbarkeit einen „Wettbewerbsvorteil“. In Gmünd (+4 Prozent) und Waidhofen/Ybbs (+3 Prozent) wurde Wohneigentum seit Q3 22 sogar teurer. Mittel- bis langfristig gilt jedoch: „Das preisliche Gefälle auf dem niederösterreichischen Immobilienmarkt wird wieder größer werden“, so Reith. Denn schrumpfende Einwohnerzahlen wie in Gmünd, Waidhofen (Thaya & Ybbs) Zwettl oder Lilienfeld sprechen dort gegen dynamische Immobilienpreisanstiege. Anders in den Bezirken des Wiener Speckgürtels, die auch in Zukunft wachsen werden. „Wohneigentum um die Bundeshauptstadt sollte also in Zukunft schneller teurer werden als Niederösterreich insgesamt“, analysiert Reith.

Matthias Reith, Martin Hauer, Gunter Deuber und Peter Weinberger präsentierten den niederösterreichischen Immobilien-Report.
Matthias Reith, Martin Hauer, Gunter Deuber und Peter Weinberger präsentierten den niederösterreichischen Immobilien-Report. © Michael Meindl

Nachfrage steigt wieder

Bei Raiffeisen Immobilien NÖ/Wien/Burgenland sieht man den niederösterreichischen Immobilienmarkt auf dem Weg zur neuen, alten Normalität, wie Geschäftsführer Peter Weinberger berichtet. Immobilienkäufer geben sich wieder mit kleineren Flächen zufrieden und sind verstärkt bereit, gebrauchte Objekte zu sanieren. „Vor wenigen Jahren war die Wohnfläche noch wesentlich größer. Die Ansprüche der Menschen werden sozusagen wieder realistischer“, sagt Weinberger. 

Auch die Verkäufer gebrauchter Immobilien haben ihre Preisvorstellungen an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Im Neubau-Segment blieben die Preise aufgrund steigender Baukosten allerdings auf hohem Niveau. Stark zugelegt hat die Nachfrage nach Mietwohnungen – ein positiver Impuls für Investmentimmobilien, die als Anlageform wieder attraktiver werden.

Für 2025 zeigt sich Peter Weinberger vorsichtig optimistisch: „Bereits im Februar und März verzeichneten wir ein leichtes Plus. Besonders gefragt sind Einfamilienhäuser, vor allem im mittleren Preissegment von 300.000 bis 400.000 Euro. Auch die Nachfrage nach Grundstücken zieht langsam wieder an.“

AusgabeRZ19-2025

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