Aufbruch statt Zusammenbruch

Die Landwirtschaft ist vielfältig, bunt, jung und weiblich. Rund zwei Dutzend Engagierte geben der steirischen Landwirtschaft ein neues Gesicht.

Nina Schweinzger mit ihren Hühnern
Nina Schweinzger (c) Bernhard Bergmann

Neulich am Kaiser-Josef-Markt in Graz: Zwischen dem üblichen geschäftigen Treiben beim größten Bauernmarkt der Landeshauptstadt machen junge Frauen und Männer mit Plakaten auf sich aufmerksam. Die Landwirtschaftskammer Steiermark präsentiert gemeinsam mit jungen Landwirten eine Imagekampagne, die beispielsweise von Diskussionen in Schulen und 650 Großplakaten getragen wird. Parallel dazu wird das „Manifest Zukunft junge Landwirtschaft“ in neun Punkten präsentiert. Das gerade jetzt medial so präsente Tierwohl steht an erster Stelle. Darauf folgen weiters etwa Regionalität, Klima- und Wasserschutz, faire Leistungsabgeltung, Digitalisierung sowie Bildung.

Der Rinderbauer Richard Judmaier aus Trofaiach schätzt an seinem Beruf, dass „ich am Hof jeden Tag mit meinen Ideen und Talenten Neues entwickeln kann. Klimaschutz und Tierwohl sind mir dabei besonders wichtig. So mache ich mich für die Zukunft fit.“ 

Nina Schweinzger aus dem südsteirischen Labuttendorf studierte Inklusionspädagogik und Erwachsenenbildung in Graz und übte den Beruf über zehn Jahre mit großer Begeisterung aus. Die von Covid-19 dominierte Zeit führte in vielen kleinen Schritten zu einer beruflichen Neuorientierung. Ein halbes Jahr dauerte die „Annäherung“ an den elterlichen Hof mit Freilandhühnern und einer vielfältigen Nudelmanufaktur. In den sechs Monaten wurden einerseits der digitale Auftritt, das Unternehmenslogo und der Hofladen weiterentwickelt, andererseits arbeitete Schweinzger immer noch halbtags in einer Tageswerkstätte und in einem mobilen Dienst für Menschen mit einer Behinderung. „Die Zeit hat es gebraucht, damit ich für mich einen Platz am Hof finde, jetzt ist es eine Herzensangelegenheit, die Arbeit mit den Tieren, die Verarbeitung der Nudeln und der Kontakt zu den Kunden ist wunderbar. Mich freut es, die Vielfalt der Landwirtschaft zu zeigen. Mir ist es wichtig, den Leuten zu zeigen, dass mir beispielsweise der Klimawandel und Naturschutz enorm wichtig sind.“ Das pädagogische Know-how soll künftig verstärkt in Seminaren am Hof und der „Schule am Bauernhof“ einfließen. 

Karin Dokter in ihrem Weingarten
Karin Dokter (c) Bernhard Bergmann

Katrin Dokter ist Winzerin aus dem weststeirischen Ligist. Die familieneigene Buschenschank „ist ein guter Platz, um über die Landwirtschaft und gute Produkte zu reden“. Seit ein paar Jahren kommen auch immer mehr junge Gäste in die Buschenschank. Dokter: „Mir ist es ein großes Bedürfnis, auf die Anliegen der Landwirtschaft aufmerksam zu machen. Dafür braucht es Wissen und Emotion sowie Leidenschaft. Wenn unsere Gäste sehen, was wir machen, wir diskutieren, steigen gegenseitiger Respekt und Verständnis.“ 

Josef Kaiser führt im südsteirischen Weitendorf einen Schweinezuchtbetrieb. In vielen Gesprächen wurde seinem Eindruck nach eines immer deutlicher: Österreich hat mittlerweile nicht nur acht Millionen Fußballtrainer und Virologen, sondern auch ebenso viele Agrarexperten. „Diese oft subjektive und einseitige Darstellung von landwirtschaftlichen Themen in der Öffentlichkeit stört uns Praktiker sehr. – Das wollen wir jetzt ändern.“

Unisono sagen die engagierten Landwirte, dass sie durchwegs ein sehr positives Feedback bekommen haben. Es komme auch weniger auf die jeweilige Betriebsform an, sondern auf ein sichtbares Auftreten in der
Öffentlichkeit. Damit die anonyme Landwirtschaft ein reales, individuelles Gesicht bekommt. Josef Kaiser meint dazu: „Bitte mehr mit den Bäuerinnen und Bauern reden als über sie. Wir wollen jetzt unsere Leistungen sichtbar machen.“ Nina Schweinzger sagt: „Die Motivation, über die Landwirtschaft zu reden, ist mir ein Herzensanliegen. Wir wollen positiv sein und zeigen, dass unser Beruf eine coole, lässige Sache ist, dass Umwelt- und Tierschutz dazu gehört und Landwirtschaft mehr bedeutet, als mit dem Traktor auf und ab zu fahren.“