Die schwierigen Witterungsbedingungen führten zu einer deutlich reduzierten Anbaufläche bei der Herbstaussaat. „Besonders betroffen ist die in Österreich bedeutendste Getreideart, der Weichweizen, der für die Herstellung von Mehl und Backwaren verwendet wird“, betont AMA-Vorstandsvorsitzender Günter Griesmayr bei der Präsentation der Getreideernte 2024.
Durch die nassen Herbstbedingungen wurde die Weichweizen-Anbaufläche um 9.130 Hektar auf 238.294 Hektar reduziert (-3,7 Prozent). Die Erntemenge bei Weichweizen beträgt heuer 1,5 Mio. Tonnen, ebenfalls ein Minus von 8,5 Prozent im Vergleich zu 2023. Der Hektarertrag sank ebenfalls im Vergleich zum Vorjahr und liegt damit im Durchschnittsbereich.
Körnermais verliert
Mit 144.000 Tonnen Roggen wurde um rund 16 Prozent weniger vom zweitwichtigsten Mahlgetreide geerntet als im Jahr zuvor. Der Rückgang der Anbaufläche resultiert hauptsächlich aus einem Überangebot am Markt und dem damit verbundenen Preisverfall, erklärt Griesmayr. Im Gegensatz dazu verzeichnet der Hartweizen, der für die Teigwarenherstellung verwendet wird, ein starkes Plus von 11 Prozent und erreicht eine Erntemenge von 151.000 Tonnen. Getragen wurde diese Entwicklung von einem relativ positiven Marktumfeld.
Körnermais musste hingegen einen deutlichen Flächenrückgang einbüßen. Mit einem Minus von 11.604 Hektar verzeichnete der Körnermais den größten Verlust aller Ackerkulturen und liegt mit einer Fläche von 199.738 Hektar auf dem niedrigsten Niveau seit neun Jahren. Gründe hierfür sind der Rückgang der Maispreise sowie Kürzungen in der industriellen Maisverarbeitung, die um 10 Prozent gesenkt wurde, wie der AMA-Vorstandsvorsitzende erläutert.
Sorgenkind gewinnt
Absolute Gewinnerin der diesjährigen Flächenverschiebungen ist die Zuckerrübe: Mit einem Flächenausmaß von 43.432 Hektar übersteigt sie das Niveau der letzten acht Jahre. Gründe dafür sind mitunter die hohen Preise: Der EU-Zuckerpreis sowie der Weltmarktzuckerpreis erreichten Ende 2023 das höchste Niveau seit eineinhalb Jahrzehnten, betont Griesmayr.
Auch der Öl- und Speisekürbis konnte mit einem Plus von rund 4.500 Hektar einen Teil der Verluste des Vorjahres wieder ausgleichen und ist damit die am zweitstärksten ausgedehnte Ackerkultur 2024. Die Hackfrucht Speisekartoffel verzeichnet mit 10.407 Hektar ebenso einen deutlichen Flächenzuwachs.
Erneutes Bio-Plus
Die biologisch bewirtschafteten Ackerflächen haben erneut zugenommen und erreichen mit mittlerweile 21,1 Prozent der gesamten Ackerflächen einen neuen Rekordwert. Aber auch im Bio-Bereich gab es eine Verschiebung hin zum Frühjahrsanbau, mit der Folge, dass vor allem die Sojabohne stark ausgeweitet wurde: Mit einem Zuwachs von 1.970 Hektar auf insgesamt 34.146 Hektar liegt sie auf dem zweiten Platz nach Bio-Weichweizen (41.2498 Hektar).
Auch Bio-Ackerbohnen (+1.003 Hektar) und Bio-Körnererbsen (+434 Hektar) legten zum Vorjahr an Fläche zu. Im Gegensatz dazu musste der Bio-Weichweizen, die bedeutendste Kultur auf den Bio-Äckern mit einem Flächenausmaß von 41.249 Hektar, durch den nassen Herbst einen Flächenrückgang von 2.343 Hektar hinnehmen.
Komfortable Versorgung
Trotz des Rückgangs bei Weichweizen auf rund 1,5 Mio. Tonnen bleibt die Versorgung der heimischen Mühlen mit einer Vermahlungsmenge von 630.000 bis 660.000 Tonnen Weichweizen komfortabel, versichert Griesmayr. Ebenso beim Roggen und beim Hartweizen werden die Vermahlungsmengen leicht abgedeckt.
„Die Versorgung mit Brot, Backwaren und Mehl aus heimischer Ernte ist gesichert. Die heurige Erntemenge von rund 1,7 Mio. Tonnen übersteigt den Bedarf für die Mehl- und Backwarenerzeugung deutlich. Dies zeigt die Bedeutung einer starken heimischen Landwirtschaft für die Versorgungssicherheit unseres Landes“, unterstreicht Griesmayr.
Hervorragende Qualitäten
„Beim Weizen haben wir heuer niedrigere Proteinwerte, aber dafür hervorragende Qualitäten, insbesondere hinsichtlich der Mehlausbeute, Dehnfähigkeit als auch ideale Knet- und Backeigenschaften“, bekräftigt Lorenz Mayr, Vorsitzender des AMA-Verwaltungsrates sowie Vizepräsident der Landwirtschaftskammer NÖ, der „mit österreichischem Weizen das beste Brot Europas“ backen möchte, weil es vor allem „die inneren Werte sind, die zählen“. Mit diesen hohen Qualitäten würden sich nicht nur die heimischen Mühlen ausreichend versorgen, sondern auch der Exportmarkt gut bedienen lassen.
Hauptsächlich nach Italien, Deutschland und die Schweiz wird exportiert. Die größten Exportwerte werden mit Brot und Backwaren, Mais (inkl. Saatgut) sowie Weizen erreicht. „Die starke Exportorientierung wird unter anderem durch die hohe Nachfrage nach Qualitätsweizen in den traditionellen Exportländern deutlich“, betont AMA-Vorstandsvorsitzender Griesmayr.
Global ausgeglichen
Die heurige Getreideernte in der EU-27 wird mit 271,6 Mio. Tonnen auf dem Niveau des Vorjahres erwartet und übersteigt somit den Bedarf in Höhe von 257,1 Mio. Tonnen. Für die Belieferung der Weltmärkte stehen demnach im Vermarktungsjahr 2024/2025 rund 48,2 Mio. Tonnen Getreide zur Verfügung, der Importbedarf sinkt auf 28,1 Mio. Tonnen. Die Lagervorräte werden auf 42,7 Mio. Tonnen reduziert.
Die globale Versorgung mit Getreide zeigt sich „trotz mehrerer Krisenjahre mit Pandemie, Kriegsereignissen und Wetterextremen ausgeglichen. Sowohl Produktions- als auch Verbrauchszahlen erreichen Höchstwerte: 2,3 Mrd. Tonnen werden geerntet und auch verbraucht“, berichtet AMA-Marktexperte Christian Gessl. Das globale Angebot an Weizen werde weiterhin von den Hauptausfuhrregionen auf der Nordhalbkugel abgedeckt, wobei Russland mit dem größten Exportvolumen das globale Weizenangebot beeinflusst sowie das internationale Preisniveau bestimmt.