Faszination Markthalle 

Markthallen haben in den vergangenen Jahren dank des aktuellen Trends zum bewussten und nachhaltigen Konsum eine Renaissance erfahren. Viele Markthallen fungieren heute gleichzeitig als Fläche für diverse Projekte, Events und Ausstellungen.

Vom Yoga bis zur Weinverkostung, vom Craft-Bier bis zum Bio-Öl und von der Karotte zur Edelschokolade – es ist eine bunte Mischung, die heimische Markthallen zu bieten haben. Vor allem in der österreichischen Hauptstadt hat sich in puncto Genusshalle und Food Courts im letzten Jahr einiges getan. Was 2014 mit dem Ziel begann, eine fixe Markthalle in Wien zu betreiben, ist seit September Wirklichkeit geworden.

Der „Markterei“ ist es gelungen, nach mehrjährigen Zwischennutzungen (unter anderem in der Alten Post im ersten Bezirk) im denkmalgeschützten Wasserbaulabor in der Severingasse Wurzeln zu schlagen. Wie bereits in der Vergangenheit will das 2014 rund um Thomas de Martin ins Leben gerufene Unternehmen Produzenten und Konsumenten zusammenführen. Ins Einkaufstascherl kommen hier in erster Linie regionale und nachhaltige Produkte. Vor allem Wiener Produzenten wird verstärkt Verkaufsfläche geboten. Die Lebensmittel können, wie es sich für eine Markthalle gehört, vor Ort natürlich auch verkostet werden.

Zum Konzept gehören zudem regelmäßig Workshops – vom Gestalten mit Papier bis zum Blumenkranzbinden. Die Türen zum Markt und herbstlichen Innenhof – ab dem 15. Dezember werden hier Glühwein, Punsch und Räucherfisch kredenzt – sind immer freitags und samstags geöffnet. 

Wo einst Züge standen

Mit Öffnungszeiten auch unter der Woche lockt hingegen der „Gleis//Garten“ in den 12. Wiener Gemeindebezirk. Die „Food Hall“ in der ehemaligen Remise der Badner Bahn hat vor einem Jahr mit bis dato rund 30.000 Besuchern erfolgreich Fahrt aufgenommen. Bis zu 900 Gäste können hier aus diversen Gerichten von über zehn Gastroanbietern wählen. Zu finden ist asiatische Küche ebenso wie marokkanische Gerichte sowie vegane und vegetarische Street-Food-Kreationen. Gemeinsam ist den Speisen, dass sie allesamt zwischen Olivenbäumen und Palmen verzehrt werden.

An kreativen Basteleien Interessierte können zudem im Anschluss den ein oder anderen regelmäßig stattfindenden Workshop besuchen – von der Gestaltung eines eigenen Lichtbildes bis hin zum Stechen seines eigenen Woll-Untersetzers. Aufgewartet wird auch mit Ausstellungen sowie einem wechselnden Angebot von Mode oder Design, sei es beim „Markt für Kunst und Handgemachtes“ am 23. November oder dem Pop-up-Markt für afrikanische Mode am 21. November. 

Noch mehr gebündelte Kreativität gibt es für die Besucher heuer erneut beim Pop-up-Designmarkt „Edelstoff“ (7. bis 8. Dezember) in der ehemaligen Rinderhalle St. Marx. Da, wo einst die Rinder standen, wird neben den Produkten von über 150 heimischen und internationalen Anbietern erneut auch eine rund 1.000 Quadratmeter große Food-Area für das leibliche Wohl der Gäste sorgen. 

Dass nicht nur eine Rinderhalle, sondern auch eine ehemalige Panzerwerkstätte zur Markthalle taugen, davon können sich Neugierige in der ehemaligen Panzerhalle in Salzburg überzeugen. Das Gebäude bietet eine Mischung aus Gastro, Beauty- und Stylezone, Coworking-Spaces, Ausstellungsflächen, Seminar- und Veranstaltungsräume sowie betriebsbedingte Wohnbereiche.

Als Herz des ehemaligen 18.000 Quadratmeter großen Kasernengebäudes fungieren die über 20 Verkaufs- und Bewirtungsstände, die aus ausrangierten, umgestalteten und aufgeschnittenen Hochseecontainern zu Marktplätzen und Innenhöfen zusammengestellt wurden. Neben dem Verkosten von Lebensmitteln können auch Gewürz-, Tee- und Kaffeesorten erschnuppert werden. 

Neue Nachhaltigkeit 

Über eine lange Geschichte als Markthalle kann hingegen jene in Innsbruck zurückblicken. Das Gebäude wurde in den Jahren 1913/14 als Lager- und Stapelplatz für den Großhandel errichtet und fungierte lange als Direktbezugsstelle zwischen Händler und Käufer. Heute wird auf einer Verkaufsfläche von über 1.800 Quadratmetern nicht nur ein breites Sortiment an Obst und Gemüse, Fleisch, Wurstwaren, Käse sowie regionalen Spezialitäten angeboten, sondern – wie beim „G’wandmarkt“ am 22. November – auch Teilen, Reparieren und Recyceln großgeschrieben. Ein starker Fokus liegt zudem auf Nachhaltigkeit und Saisonalem.

Regionale Produkte direkt von Produzenten sollen zukünftig auch im „Kulinarium Burgenland“ in Eisenstadt die Regale und Verkaufsflächen füllen. Die derzeit im Umbau befindliche Markthalle wird voraussichtlich Ende des Jahres eröffnet. Noch in weiterer Zukunft ist derzeit die Inbetriebnahme der neuen Markthalle beim Wiener Naschmarkt. Der Plan der Stadtregierung, auf dem Parkplatz-Gelände im neu angelegten Park auch einen „Marktraum“ mit Dachbegrünung zu errichten, stößt nach wie vor bei vielen Anrainern auf Widerstand. Von einem auf Touristen ausgerichteten Konzept bis hin zum Verdecken der Otto Wagner Bauten entlang der Wienzeile ist von den Kritikern die Rede. Wie genau die Nutzung der auf den Seiten offenen Halle aussehen soll (genannt wurden unter anderem Marktküche, Marktbar sowie ein Fokus auf regionale Produkte aus Eigenproduktion), steht derzeit noch in den Sternen. Versprochen wurde, dass der Bauernmarkt im bisherigen Umfang erhalten bleiben soll. 

Kulinarisches Erlebnis

Generell kann das Konzept Markthalle in Österreich auf eine wechselvolle Geschichte verweisen. Nachdem deren Errichtung als Folge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert auch hierzulande forciert wurde, sorgte das Aufkommen großer Warenhäuser sowie Supermärkte für einen nicht aufzuhaltenden Besucherrückgang. Mit dem zunehmenden Verlangen nach Transparenz im Handel sowie verstärkter Nachfrage nach regionalen und saisonalen Produkten in den letzten Jahren hat sich für das Entstehen von überdachten Marktflächen auch in Österreich eine neue Chance ergeben. Markthallen fungieren heute zunehmend als Ort der erholsamen Freizeitgestaltung, die einen Einkauf dank Eventisierung zum Erlebnis machen können.

AusgabeRZ44-2024

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