Noch unterentwickelt ist die Vermögensverwaltung in Zentral- und Osteuropa (CEE) im Vergleich zu Westeuropa, allerdings holen die entwickelten CEE-Länder kontinuierlich auf, zeigt eine Untersuchung von Raiffeisen Research und Raiffeisen Capital Management. Allein die österreichischen Vermögenswerte übersteigen noch immer die Assets mehrerer CEE-Länder zusammen, erklärt Gunter Deuber, Leiter von Raiffeisen Research, bei der Vorstellung des „CEE Asset Management Radar“ von Raiffeisen Capital Management.
Aber das könnte sich bald ändern. „Unsere Prognosen deuten darauf hin, dass die gesamten lokalen Vermögenswerte in den mittel- und osteuropäischen Ländern bereits 2028 mit Österreich gleichziehen und es übertreffen werden“, sagt Deuber.
Der vorgestellte Radar gibt einen digitalen Überblick über die Asset-Management-Industrie der Region und kombiniert erstmals Wirtschaftsdaten mit der Entwicklung der Branche. Das ermöglicht unter anderem eine Einschätzung des Entwicklungspotenzials der einzelnen CEE-Länder.
Allzeithoch erreicht
Michal Kustra, Geschäftsführer von Raiffeisen Capital Management und unter anderem für den CEE-Vertrieb zuständig, berichtet, dass das Raiffeisen Group Asset Management im September 2024 mit knapp 65 Mrd. Euro ein Allzeithoch erreicht hat. Die Verluste nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 seien wieder wettgemacht. Vom Gesamtvolumen flossen bereits 1,1 Mrd. Euro in nachhaltige Investments. Diese Zahl steigt kontinuierlich an und ist seit 2020 um 25 Prozent gewachsen.
Dynamisch verläuft das Fondssparen in der Region. „Eine aus unserer Sicht besonders erfreuliche Entwicklung, weil diese zeigt, dass Fondsinvestments inzwischen auch in CEE in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind und Kapitalmärkte nicht nur vermögenden Personen vorbehalten sind, sondern allen, die ab 20 Euro pro Monat Fondssparen können“, so Kustra. Das Group Asset Management der RBI hat inzwischen rund 484.000 Fondssparpläne abgeschlossen.
Anfang der 1990er-Jahre war Raiffeisen Capital Management Fondspionier in CEE. Heute fungiert das Unternehmen auch als Fondskompetenz-Center CEE der Raiffeisen Bank International (RBI) bzw. für deren Netzwerkbanken. „In acht Märkten (exklusive Österreich) hat die RBI über ihre Netzwerkbanken eigene Fondsgesellschaften und in fünf Märkten davon zusätzlich auch noch Pensionsfonds-Gesellschaften“, so Kustra.
Wachstumspfad-Prognosen
Aktuell deckt der CEE Asset Management Radar vierzehn Länder ab, darunter Albanien, Bosnien-Herzegowina, Österreich und Ungarn. Nutzer des Tools sehen auf einen Blick, etwa wie hoch das verwaltete Vermögen in den einzelnen Ländern ist, in welche Anlageklassen hauptsächlich investiert wird und wer die wichtigsten Akteure im Land sind. Darüber hinaus liefert der Radar Informationen zu Makrodaten wie das Pro-Kopf-Einkommen und vieles mehr. Mit den ausgewählten Daten lässt sich der weitere Wachstumspfad der lokalen Märkte bis 2030 prognostizieren.
Auf der Grundlage der verschiedenen Länder hat Raiffeisen Research zwei Gruppen identifiziert. „Einerseits haben wir eine Gruppe von Märkten, zu denen Tschechien, Ungarn, Polen, die Slowakei und Slowenien gehören, in denen es bereits eine gut etablierte Vermögensverwaltungsbranche gibt und in den letzten Jahren ein starkes Vermögenswachstum gab“, erklärt Deuber. Diese fünf CEE-Länder seien noch nicht ganz auf dem Niveau Westeuropas, aber sie werden bis 2030 den Abstand weiter verringern. Eine vollständige Konvergenz innerhalb dieses Zeitrahmens sei jedoch nach wie vor unwahrscheinlich.
Zu den Nachzüglern in Sachen Asset-Management zählen unter anderem Bulgarien, Kroatien und Rumänien. „Diese Gruppe hat eine geringere Marktdurchdringung in Bezug auf die Asset-Management-Branche, geringere Investitionsvolumina in Bezug auf den Gesamtmarkt und eine hohe Abhängigkeit von in anderen EU-Ländern registrierten Fonds“, so Deuber.
Die Daten des CEE Asset Management Radars ermöglichen auch eine Prognose darüber, wie sich die Märkte entwickeln werden. „In Österreich wird erwartet, dass das Wachstum im Bereich der Vermögensverwaltung mit einer jährlichen Wachstumsrate von 5,2 Prozent bis 2030 stabil bleibt“, so Deuber. Dabei werde die organische Asset-Performance mit einem Plus von 3,8 Prozent die wichtigste Rolle spielen, während die Nettozuflüsse nur 1,4 Prozent ausmachen dürften. Anders sieht dies auf den CEE-Märkten aus: Dort werden jährliche Wachstumsraten von 12,1 Prozent prognostiziert, wobei die Nettozuflüsse mit 7,1 Prozent weiterhin der Treiber für das Wachstum der Vermögensverwaltungsbranche sein werden, während die Performance 5 Prozent ausmachen dürfte.