Absurditäten und nutzlose Trümmer

Seit über einem Vierteljahrhundert bereichert das „Nonseum“ die österreichische Museumslandschaft um allerlei Absurdes.

Handytelefonzelle mit Sockenskulptur im Außenbereich des Nonseums
Handytelefonzelle mit Sockenskulptur (c) Sandra Schäfer

Wer nach Herrnbaumgarten fährt, dem mag, kaum dass er die kleine inmitten des Weinviertels gelegene Gemeinde erreicht, die eine oder andere Seltsamkeit auffallen. Ortsschilder in sechs verschiedenen Sprachen oder von Wind und Wetter vergilbte Socken, die liebevoll nebeneinander auf Schnüren hängen. Das Treiben eines „verruckten“ Ortes? Oder doch die Vorboten des „Nonseums“ – Österreichs einzigartigem Museum für Erfindungen, die keiner braucht

Die Antwort lautet tatsächlich: beides. Was 1984 mit einer Nonsens-Erfindermesse rund um den Bildhauer Fritz Gall seinen Anfang nahm, wuchs über die Jahre zum Image einer ganzen Gemeinde heran. Seit mittlerweile zwanzig Jahren wirbt Herrnbaumgarten aufbauend auf dem Erfolg des 1994 in einem alten Stadl im Ortszentrum gegründeten Nonseums als „verrucktes Dorf“ um Besucher. Und das wie sich zeigt erfolgreich. 

Rund 12.000 von ihnen fanden vor Corona jährlich ihren Weg ins Nonseum. Wie sich die Wertschätzung für den gezielt kultivierten Nonsens über die Jahre entwickelt hat, zeigt sich nicht zuletzt auch am 2012 eröffneten und von der Gemeinde und dem Land Niederösterreich finanzierten Zubau. 

An die 500 Erfindungen beherbergt das Nonseum aktuell auf seinem 700 Quadratmeter großen Ausstellungsgelände: Vom „Suppenventilator“, der Hungrigen durch den aufsteigenden Dampf der Suppe „lästiges Blasen“ ersparen soll, über einen mit einem Spiegel zwecks optischer Verdoppelung der Speisen bestückten „Diätteller“, bis hin zum portablen Zebrastreifen. Letzterer als „Transzebra Portable“ beschriftet, stammt von niemand Geringeren als Stefan Slupetzky – Schriftsteller, Illustrator, Sänger und neben Fritz Gall, Gottfried Umschaid und David Staretz Gründungsmitglied des VVG (Verein zur Verwertung von Gedankenüberschüssen). Slupetzky zeichnet neben sämtlichen Museumsbelangen auch für die regelmäßige Organisation von allerlei Veranstaltungen verantwortlich: Von der Ausrichtung der „übernächsten Erfindermesse“, über Denkmalenthüllungen („Alles, was bislang nicht zu Ruhm gelangt ist.“), bis hin zur Organisation des jährlichen „Ehret den Sock – Wandertag“, der im gemeinsamen Anbringen aller im Museum über das Jahr abgegebenen (gewaschenen) hinterbliebenen Einzelsocken gipfelt (nächster Termin am 26. Oktober 2021).

Als „Mastermind und Platzhirsch“ des Vereins fungiert unermüdlich Cheferfinder Fritz Gall (die meisten der im Museum gezeigten Objekte stammen von ihm – wie „Schirm für Sonnenanbeter“, „Handy-Telefonzelle“ und „Hutlüfter“). Gall selbst beschreibt seine Erfindung als „(un)verzichtbare Gerätschaften“, die der heutigen „Warenüberflutung mit einem weiteren nutzlosen Trumm“ noch eins draufsetzen. „Diese skurrile Absurdität ist dazu da, eine zunehmend digitalisierte Welt mit Witz zu unterlaufen. Eine letzte Bastion der Einfachheit halt in Zeiten schrankenloser Maßlosigkeit und handfeste analoge Lebenshilfe in einer virtuellen Superblase, die bombastisch so tut, als könne sie schier in jedem Fall unseren Alltag erleichtern.“ 

Ergänzt werden derlei Erfindungen durch so manchen „Sensationsfund“. Die Palette erstreckt sich vom Skelett des k. & k. Doppeladlers, den Sisi hier in Herrnbaumgarten verspeist haben soll, bis hin zur Sammlung rarer historischer Knopflöcher. Eines der Highlights ist das Knopfloch Napoleons, das ohne jegliche Verunreinigung ausgestellt, selbstredend den höchsten Ansprüchen des Nonseums gerecht wird.