Im 18. und 19. Jahrhundert entstand mit der „Schönen Linzerin“ ein weitverbreitetes Schönheitsideal, das vor allem durch Reiseführer und -berichte in die Welt getragen wurde. Von den Autoren gepriesen wurde vor allem die äußere Erscheinung der Linzer Frauen in ihrer traditionellen Tracht. Einen besonderen Platz in den Beschreibungen nahm dabei die Goldhaube ein. Da die Anschaffungskosten der edlen Kopfbedeckung allerdings jenen für ein Ross gleichkamen, war es naturgemäß nicht jeder Dame vergönnt, ihr Haupt mit einem derartigen edlen Stück zu schmücken.
Die Goldhaube galt als Kopfbedeckung der Städterinnen und zeugte von sozialem Status. Sie zu tragen war ein Zeichen des Wohlstands, dessen Zurschaustellung den Bürgerfrauen mit der Änderung der Kleiderordnung Mitte des 18. Jahrhunderts möglich geworden war. Seit dem Mittelalter war es nicht-adeligen Frauen verboten gewesen, Perlen, Borten, Spitzen, Gold und andere kostbare Materialien zu tragen. Erst nach der Aufhebung der ständischen Kleiderordnung unter Maria Theresia tauchten die ersten Goldhauben um 1770 in Oberösterreich auf.
Typische Flügelform
Waren diese zunächst noch aus weichen Materialien gearbeitet und bestanden aus einem Haubenteil am Hinterkopf, einem Kopfteil und einem Spitzenvorstoß, so wanderte der zunehmend immer reicher bestickte Spitzenteil aufgrund der neu gewonnenen Schwere weiter nach hinten – ein Prozess, der dazu führte, dass die Goldhaube sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts in ihre typische Flügelform fügte. Bis heute ist der mittig platzierte Knauf, von dem ausgehend sich eine Schmuckbandmasche aus schwarzem Spitzenflor über den Flügel legt, ein charakteristisches Merkmal der Linzer Goldhaube.
Dass die kostbaren Hauben in ihrem typischen Gold erstrahlen können, dafür sorgen zahlreiche vergoldete Kupferplättchen, Flitter, Folien, Bouillons und Goldperlen, die auf ein Goldstoffband gestickt werden. Dieses wird im Anschluss auf ein Drahtgestell gespannt und mit Innenfutter versehen. Bis zu 300 Arbeitsstunden kann die Fertigung einer traditionellen Goldhaube in Anspruch nehmen.
Wiedererstarken der Tradition
Während die Herstellung im 19. Jahrhundert zumeist noch einer Modistin beziehungsweise Haubenmacherin überlassen wurde, so ist es seit dem 20. Jahrhundert bei vielen Trägerinnen üblich, ihre Goldhaube selbst anzufertigen. Ein Trend, der – nachdem die Goldhaube ab 1850 von immer wenigen Frauen getragen wurde – mit dem Wiedererstarken der Tradition zu Beginn des 20. Jahrhunderts Einzug gehalten hat. Zu den Frauen, die sich damals um die Goldhaube verdient gemacht haben, zählen Maria Gleißner, die als Ehefrau des Landeshauptmanns Heinrich Gleißner Goldhaube trug, sowie Franziska Medek, die 1922 auf Anregung von Fanny von Starhemberg in Eferding eine der ersten Goldhaubengruppen in Oberösterreich gründete.
Spätestens ab den 1970er-Jahren kam es zur vermehrten Gründung von Goldhaubengruppen in Oberösterreich. Einen wesentlichen Impuls für das Anwachsen der Gemeinschaft lieferten die Goldhaubenstickkurse von Katharina Dobler. So gibt es allein heute in Oberösterreich (das Tragen von Goldhauben ist jedoch auch in einigen Teilen von Salzburg, Niederösterreich und der Steiermark verbreitet) 423 Ortsgruppen von Goldhaubenfrauen. Insgesamt umfasst die oberösterreichische Goldhaubengemeinschaft laut Angaben der „OÖ. Goldhauben-, Kopftuch- und Hutgruppen“ rund 17.300 Frauen sowie 1.700 Häubchenmädchen. Letztere tragen eine eigene, in den 1980er-Jahren eingeführte Haubenform.
Besondere Auszeichnung
Repräsentierte die Goldhaube früher Reichtum und sozialen Status, so steht sie heute für die Gemeinschaft und soziales Engagement. Zu den Aufgaben der Goldhaubenfrauen zählen neben karitativen Tätigkeiten vor allem die Teilnahme an diversen kulturellen und kirchlichen Brauchtumsveranstaltungen im Jahreslauf wie etwa traditionellen Mai-Andachten, Fronleichnam oder Erntedank. Für Neugierige gibt es von 29. April bis zum 3. Mai die Möglichkeit, beim Goldhauben- und Trachtenbazar in Bad Ischl Goldhauben auch käuflich zu erwerben.
Dass die Linzer Goldhaube weit mehr als eine schmückende Kopfbedeckung ist, zeigt ihre besondere Auszeichnung: Seit 2016 zählt ihre Herstellung und Verwendung offiziell zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO in Österreich.