Dachverbandstagung: Neue Einigkeit gibt Zuversicht

Eine stärkere Kooperation innerhalb der Raiffeisen-Bankengruppe verspricht mehr Effizienz, höheres Wachstum und neue Kunden. „Gemeinsam mehr beWIRken“ war das Generalthema der diesjährigen Dachverbandstagung in Bregenz.

150 Geschäftsleiter von Raiffeisenbanken aus ganz Österreich kamen heuer bei der Jahrestagung des Dachverbandes der Geschäftsleiter-Vereinigungen in Bregenz zusammen. „Wir wollen nicht nur Wissen teilen, sondern auch das Vertrauen stärken“, eröffnete Andreas Weber, Geschäftsleiter der Raiffeisenbank Region Amstetten und Präsident des Dachverbands der Geschäftsleiter-Vereinigungen, die zweitägige Veranstaltung im Festspielhaus Bregenz. Für die Primärbanken sei das abgelaufene Jahr nicht einfach gewesen, aber trotzdem konnten gute Ergebnisse erzielt werden. „Das Betriebsergebnis ist bei vielen Raiffeisenbanken auf historischem Niveau, forciert durch ein gutes Dienstleistungsgeschäft“, analysiert Weber. 

Um erfolgreich zu bleiben, gelte es allerdings einige Herausforderungen zu meistern: „Wir müssen manche Zöpfe abschneiden und uns mehr am Kunden orientieren.“ Konkret spricht Weber etwa die Bereiche Innenrevision, Geldwäsche und Risikomanagement an, die man effizient und professionell im Sektor bündeln könnte. Weber ortet in der Zusammenarbeit derzeit auch mehr Willen: „Alle Stufen ziehen an einem Strang und wir sind in einem regen Austausch. Die Kooperations-Genossenschaft ist auch freundschaftlicher als früher.“ 

Dass Primärbanken bereits verschiedenste Tätigkeiten ausgelagert haben, berichtet Michael Alge, Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank Vorarlberg. So treten die Raiffeisenbanken in Vorarlberg seit der Errichtung eines HR-Centers am Arbeitsmarkt geschlossen auf und seit zwei Jahren ist in der RLB ein Strategie- und Innovation-Lab für die Gruppe angesiedelt. „Wir leben in einem beinharten Wettbewerb. Wir brauchen die Expertise und Erfahrung der gesamten Gruppe. Und wir brauchen eine Kultur des Vertrauens, um die Geschwindigkeit bei Entscheidungen zu erhöhen“, betont Alge und ergänzt: „Wir haben auch jahrelang daran gearbeitet, starke Beziehungen zu den Primärbanken aufzubauen.“ Dabei verfolge man immer den Servicegedanken: Was brauchen die Raiffeisenbanken, um am Markt erfolgreich zu sein? „Individualität findet in der Geschäftspolitik jeder einzelnen Raiffeisenbank und in der Kundenbeziehung statt, nicht in der Abwicklung“, verdeutlicht Alge. Ansetzen müsse man deshalb bei der Digitalisierung und Standardisierung, um Kosten zu sparen und an Tempo zuzulegen.  

Wechselseitiges Vertrauen

In Oberösterreich arbeiten die Raiffeisenbanken ebenfalls seit Jahren an einer gemeinsamen Strategie, um die Ertragskraft zu steigern und die Kundenbedürfnisse noch besser zu befriedigen. Beim vergangenen Projekt „RBG OÖ 2025“ wurden insgesamt 27 Maßnahmenpakete erarbeitet. Für RLB-OÖ-Generaldirektor Reinhard Schwendtbauer waren es nachträglich gesehen zu viele Steuerungsgremien: „Weniger ist mehr. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu sehr mit uns beschäftigen. Wir können uns selbst gut gefallen, aber letztlich muss es dem Kunden gefallen.“ Diskussionen auf Augenhöhe und wechselseitiges Vertrauen zwischen Primärbanken und Landesbank führen auch in Oberösterreich dazu, dass immer mehr Tätigkeiten an die RLB als Verbundbank ausgelagert werden oder zur Diskussion stehen, etwa das Thema Governance bis hin zur Bilanzierung – „vor wenigen Jahren noch ein absolutes Tabu“, so Schwendtbauer. 

Kultur der Kooperation

Auch auf Bundesebene lässt sich eine neue Einigkeit erkennen – insbesondere zwischen den großen Bundesländern Oberösterreich und Niederösterreich – die dem gesamten Sektor Antrieb und Zuversicht gibt. „Es ist kein Geheimnis, dass Reinhard Schwendtbauer und ich gut miteinander können, aber die Bewährungsprobe müssen wir in der Kooperationsgenossenschaft erst erbringen“, unterstreicht Michael Höllerer, Generaldirektor der Raiffeisen-Holding und Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. Es gibt bereits einen Grundsatzbeschluss zur Zusammenarbeit im Rechtsbereich, wie Schwendtbauer verrät. Weitere Themen, wie BWG-Compliance oder Gesamtbanksteuerung, sollen demnächst in der Kooperationsgenossenschaft behandelt werden. 

„Die Welt ist zu komplex, um alles autonom zu machen“, so Höllerer. Früher war „die Kultur, nicht zu kooperieren“, aber dazu würden heutzutage die Ressourcen fehlen. „Als Marktführer müssen wir schneller und technologisch besser werden, dazu müssen alle zusammenarbeiten“, ist Höllerer überzeugt. Also nicht nur Oberösterreich und Niederösterreich müssten gut kooperieren, sondern alle im Raiffeisensektor. 

Best Practice aus dem Sektor

Für eine gute Zusammenarbeit ist Transparenz notwendig, deshalb gaben Johann Strobl, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International, und Vorstandskollegin Valerie Brunner in Bregenz auch ein Update zur Situation in Russland und der Wachstumsstrategie der RBI im Privat- und Firmenkundenbereich. Sabine Pfeffer, Uniqa-Vorständin und verantwortlich für die Marke „Raiffeisen Versicherung“, skizzierte im Anschluss die Marktchancen für Raiffeisenbanken in der privaten Krankenversicherung. Best-Practice-Beispiele lieferten Vertreter von Primärbanken und Landesbanken, die etwa ihre Mitglieder-App oder ihren Recruiting-Prozess vorstellten.

Arbeit und Innovation

Auf die wirtschaftliche Situation Österreichs und die hohen regulatorischen Anforderungen für Banken ging Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner in seiner Rede ein und plädierte dabei: „Wir brauchen deutliche Lockerungen der Regeln und müssen den Banken, wieder größeren Spielraum geben.“ Gerade Genossenschaftsbanken würden ihre Region und ihre Kunden sehr gut kennen. „Die KIM-Verordnung macht mich jetzt noch sauer“, sagt Wallner. Den Banken insbesondere Raiffeisen, schreibt Wallner eine Schlüsselrolle zu, wenn man wieder mehr Wirtschaftswachstum erreichen will. 

Der Weg zum konjunkturellen Aufschwung liegt für Wallner in Arbeit und Innovation. Arbeit sollte nicht mehr als Zeit zwischen zwei Freizeitblöcken gesehen werden, sondern man müsse den Sinn der Arbeit vermitteln: „Ohne Leistung kein Wohlstand.“ Um arbeiten zu können, brauche es auch neue Ideen. „Ohne Innovation werden wir keine Chance haben, Wachstum zu generieren“, so Wallner und auch hier sieht er in der Forschungsfinanzierung eine wichtige Aufgabe für Kreditinstitute.

Wachstumsmindset

„Wachstum ist ein massiv unterschätzter Effekt. Es ist die Basis, damit Firmen funktionieren können. Wenn man nicht wächst, dann schrumpft man und muss Leute entlassen“, so die zugespitzte Analyse von Philipp Lehner, CEO des Vorarlberger Familienunternehmens ALPLA. Der Konzern ist Entwickler, Produzent und Recycler von Kunststoffverpackungen mit mehr als 24.000 Mitarbeitern an 200 Produktionsstandorten weltweit und knapp 5 Mrd. Euro Umsatz. Bis 2035 will das Unternehmen seinen Umsatz verdoppeln, dabei zielt man auf Märkte außerhalb Europas ab, die ein zwei- oder mehrfaches Wachstum aufweisen. Die Diskussion, ob Wachstum überhaupt erstrebenswert ist, führe Lehner nur in Europa: „Hier müssen Führungskräfte aktiv gegensteuern und ein Wachstumsmindset schaffen.“ 

Das Erfolgsrezept ist für Lehner einfach: „Tun! Nicht nur konzipieren, sondern umsetzen und dranbleiben. Fehler zu machen, ist dabei erlaubt.“ Dass Ziele nicht erreicht werden, sei kein Fehler: „Man muss hoch zielen, damit man überhaupt wo hinschießt.“ 

Damit Europa wieder stärker wachsen kann, brauche es mehr unternehmerische Freiheiten. „Wenn ich immer nur Perfektionismus anstrebe, mache ich gar nichts. Dieses Keine-Fehler-Machen lähmt uns“, kritisiert Lehner die ständig wachsenden Reporting-Pflichten, die viele Ressourcen binden. 

EU-Kommissar Magnus Brunner kann diese Kritik verstehen: „Die EU ist zwar für viele langweilig und langsam, aber auch stabil und rechtsstaatlich. Diese Chance müssen wir nutzen.“ Gerade in einer Welt, die sich in einem großen Umbruch befindet, ergeben sich für Europa dadurch neue Chancen. „Viele Länder wollen wieder enger an die EU heranrücken, selbst Großbritannien“, weiß Brunner. Die EU sei eine Handelsmacht und habe Grund selbstbewusst zu sein. Allerdings müsse man zusammenhalten und „ab und zu über nationale Schatten springen können“, so Brunner. Auch auf EU-Ebene gilt es, die Stärken zu bündeln und den Binnenmarkt weiterzuentwickeln. 

Handeln statt hadern

Transformations-Psychologe Carl Naughton beendete die diesjährige Dachverbandstagung mit einer Anleitung zu mehr Zukunftsmut, den Führungskräfte brauchen, um Orientierung zu geben und den Wandel aktiv mitzugestalten: „Zukunftsmut ist mehr als ein positiver Blick nach vorne. Zukunftsmut bedeutet: nicht abwarten, sondern aktiv nach Lösungen suchen – auch wenn der Weg unsicher oder neu ist.“ Mit Zuversicht, Zutrauen, Robustheit und Optimismus entsteht Führungskraft in unsicheren Zeiten, so Naughton: „Wandel gelingt nur dann, wenn Menschen den Mut haben, sich den Herausforderungen ihrer Zeit zu stellen.“

AusgabeRZ41-2025

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