Mehr als 700 Museen bereichern die heimische Kulturlandschaft. Als öffentlich zugängliche und nicht auf Gewinn orientierte Einrichtungen stehen sie „im Dienst der Gesellschaft und deren Entwicklung“. Das Museum als Einrichtung „erwirbt, bewahrt, beforscht, präsentiert und vermittelt das materielle und immaterielle Erbe der Menschheit und deren Umwelt zum Zweck von Studien, der Bildung und des Genusses“, wie es auf der Seite von „ICOM Österreich“, dem seit 1948 bestehenden Österreichischen Nationalkomitee des „International Council of Museums“ (die größte heimische Organisation der Museen), heißt. Mit dem Projekt „17 MUSEEN X 17 SDGs“ leistet „die österreichische Museums-Community in Zusammenarbeit mit ICOM Österreich einen konkreten Beitrag zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen“, betont Bettina Leidl, seit 2019 Präsidentin ICOM Österreich.
Umweltzeichen für Museen
Als Direktorin des „KUNST HAUS WIEN“ machte sich Leidl in den vergangenen Jahren (ab Februar übernimmt sie die Geschäftsführung des MuseumsQuartiers) zunehmend für das Thema Nachhaltigkeit stark. 2018 wurde das Kunsthaus als erstes Museum mit dem Österreichischen Umweltzeichen zertifiziert. Seit über 30 Jahren verpflichten sich vornehmlich Betriebe aus dem Event-, Tourismus- und Bildungsbereich mit dem Erhalt des Umweltzeichens, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, etwa durch die Verwendung ökologisch abbaubarer Farben fürs Ausmalen der Wände oder Investitionen in erneuerbare Energie. Als Direktorin des von Friedensreich Hundertwasser gestalteten Museumsgebäudes sei es naheliegend gewesen, so Leidl, sich als erstes Museum für jenes von dem Künstler gestaltete Gütesiegel zu bewerben. Mittlerweile konnten neben der „Österreichischen Nationalbibliothek“, dem „Museum für angewandte Kunst“ und dem „Naturhistorischen Museum Wien“ auch das „Technische Museum Wien“ zertifiziert werden. Weitere Museen arbeiten derzeit an einer Zertifizierung. Trotz allem sei „das Thema Nachhaltigkeit im kulturellen Bereich für viele nach wie vor Neuland“, weiß Leidl.
„Gerade auch in puncto Klimawandel tragen Museen durch Aufklärung und Wissensvermittlung eine große gesellschaftliche Verantwortung. Viele erreicht Wissen erst als Narrativ. Kunst, die sich mit gesellschaftspolitischen Themen auseinandersetzt, erzeugt eine Wirkung beim Besucher. Kunst hat die Möglichkeit, sehr komplexe Inhalte greifbar zu machen und Orientierung zu liefern. Wir wissen alle um die Folgen des Klimawandels Bescheid, die Daten und Fakten liegen auf dem Tisch. Es verwundert, dass noch nicht mehr geschehen ist“, so Leidl.
Für die Expertin für grüne Museen gilt es, nicht zuletzt aufgrund der immer weiter auseinandergehenden gesellschaftlichen Schere, auch den solidarischen Gedanken wieder verstärkt in den Museen zu verankern. Mit SDGs wie „Keine Armut“ (SDG 1), „Gleichberechtigte, hochwertige Bildung“ (SDG 4) oder „Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“ (SDG 17) bildet die Solidarität eine der Grundsäulen auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung. So wurde etwa das „Werner Berg Museum“ in Bleiburg/Pliberk im Rahmen des Projektes „17 MUSEEN X 17 SDGs“ dazu bestimmt, sich dem SDG 5 „Gleichberechtigung der Geschlechter“ anzunehmen. Anhand einer Ausstellung sowie mehreren Veranstaltungen rückte man das Rollenbild der Geschlechter im Wandel der letzten 90 Jahre anhand der Werke von Werner Berg und Karlheinz Fessl ins Bewusstsein.
Pilotprojekt mit Zukunft
Das Museum ist nur eines von 17 österreichischen Museen, die für das Pilotprojekt im Herbst 2021 von ICOM ausgewählt wurde, eines der Nachhaltigkeitsziele zu behandeln. „Wichtig war uns bei der Auswahl die regionale Verteilung. Es sollten Museen in jedem Bundesland, aber auch große, mittlere und kleine Institutionen wie beispielsweise das Belvedere oder kleinere wie das ‚Steirische Feuerwehrmuseum – Kunst & Kultur‘ dabei sein“, erzählt Leidl. Welches Museum sich welchem der 17 SDGs annehmen sollte, wurde im Losverfahren bestimmt. Nicht immer zur anfänglichen Zufriedenheit der Beteiligten, wie man am Beispiel bei „inatura – Erlebnis Naturschau“ ablesen kann. Das Museum bekam das SDG 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ zugelost. „Da mussten wir als naturkundliches Haus anfangs doch ein wenig schlucken“, merkten aber schnell, „dass die 17 SDGs immer sehr stark miteinander verknüpft sind“ und sich als perfekte Werkzeuge für die Kommunikation mit den Besuchern und der internen Weiterentwicklung“ eignen, hieß es von der Museumsführung.
Auch Leidl spricht davon, dass vor allem der kommunikative Aspekt, „die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Abteilungen in den Museen“, gut angekommen sei. Es seien „viele neue Kooperationen entstanden, zum Teil zwischen den Museen untereinander, aber auch mit Institutionen von außen wie beispielsweise der Caritas“. Nach einer Corona-bedingt noch ausständigen abschließenden Präsentation der Projekte im Naturhistorischen Museum und einer Publikation (Erscheinungsdatum im Mai) wird darüber hinaus bereits an einer Fortsetzung gearbeitet. Geplant ist, weitere Museen einzubinden. Es soll außerdem auch möglich sein, dass ein Haus zwei SDGs bearbeitet. „Ziel ist, dass sich die Museen mit allen SDGs beschäftigen“, so Leidl. Dass sich durch das Projekt angeregt auch spannende neue Präsentationen für Dauerausstellungen ergeben können, zeigt der Fall des „Graz Museum“. So wurde in der Dauerausstellung „360 GRAZ. Eine Geschichte der Stadt“, inspiriert von der Aufgabenstellung „Leben unter Wasser“ (SDG 14), ein neuer Themenschwerpunkt zur Verschmutzung der Mur in der Vergangenheit bis in die Gegenwart gesetzt. Mit der Ausstellung „Hätte, hätte, Fahrradkette … Radeln durch Graz und Zeit“ rückt das Museum zudem aktuell ein anderes Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen, „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ (SDG 11) in den Fokus. Die Ausstellung ist noch bis 31. Juli zu sehen.