Photovoltaik ist ein heißes Thema. Allenthalben wachsen Paneele wie Schwammerl auf den Dächern der Republik. Wer etwas auf sich hält und seinen eigenen Strom gewinnen will, lässt sein Haus mit kleinen Kraftwerken aufrüsten. Die Nachfrage ist dabei größer als das Pouvoir an Handwerkern, die die Aufträge ausführen können. Noch stehen zusätzliche Flächen auf Wohn-, Industrie- und Landwirtschaftsobjekten zur Verfügung.
Will Österreich aber sein Ziel erreichen, den Stromverbrauch bis 2030 bilanziell aus erneuerbarer Energie zu erzeugen und bis 2040 klimaneutral zu sein, wird es auch Freiflächen brauchen. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Denn wertvolle landwirtschaftliche Böden mit Photovoltaik zuzupflastern, kommt nicht gut an.
Eine Lösung könnte die Kombination von agrarischer und energetischer Produktion sein (Argi-PV). Dabei werden die Anlagen so positioniert, dass dazwischen noch ausreichend Platz für die Herstellung von Lebensmitteln bleibt. Vor einigen Jahren war das noch die kühne Vision einiger Wissenschafter. Nun gelangt das Konzept aber langsam zur Praxistauglichkeit, wie die Exkursion des ÖKL vielen interessierten Landwirten gezeigt hat. Einige Forschungsprojekte sind bereits am Netz. Noch heuer sollen auch tatsächlich auf Wirtschaftlichkeit ausgelegte Doppelnutzungen umgesetzt werden.
Verschiedene Systeme
Ein wesentlicher Player ist dabei die RWA Solar Solutions, eine Tochter der Raiffeisen Ware Austria (RWA). Sie betreibt am Standort des Mischfutterherstellers Garant bereits eines der größten Versuchsfelder für Agri-PV in Österreich. Im sogenannten „Öko-Solar-Biotop Pöchlarn“ werden verschiedene Aufstellungsarten und Systeme mit einer Gesamtleistung von 4,1 Megawatt Peak getestet. Damit soll die Stromversorgung des angrenzenden Werkes sichergestellt werden. Konkret die „Südernte“, also fix ausgerichtete Elemente, zwischen denen klassische Landwirtschaft ohne erhöhten Aufwand möglich ist.
Bei der „Wanderfrucht“ drehen sich die Ost-West-PV-Tracker, Nomen est Omen, mit dem Sonnenstand mit und sorgen so für die optimale Ausbeute. Will der Bauer mit seinem Gerät die Zwischenräume, die im Abstand von drei Meter und jeweils einem vielfachen davon angelegt sind, bewirtschaften, winkelt er die Module vertikal an. So kann das Feld trotz Stromproduktion optimal ausgenutzt werden. Unter den Paneelen wird jeweils eine Biodiversitätsmischung angebaut, die die Vielfalt in der Natur erhöht.
Sehr speziell ist das dritte System, das unter dem Namen „Powerkultur“ firmiert. Dabei werden Apfelbäume mit Photovoltaik überspannt. Sie produzieren nicht nur Energie, sondern schützen auch die Kulturen. Bewiesen hat sich das beim jüngsten Frost, bei dem es in der Versuchsanlage dank des „Carport-Effekts“ zu keinen Schäden gekommen ist. Aber auch vor Elementarereignissen wie Hagel, Sturm oder Starkregen kann die Überdachung schützen. Im Vorjahr konnten erstmals Äpfel gepflückt werden, die, nach wissenschaftlicher Auswertung durch die begleitende Universität für Bodenkultur und das Francisco Josephinum in Wieselburg, von exzellenter Qualität waren.
Schafe als Zusatznutzung
Längst ist die RWA aber nicht die einzige Institution, die sich mit der Errichtung von Agri-PV befasst. Auch die Wien Energie hat an ihrem Standort in einer ehemaligen Schotterdeponie in der Schafflerhofstraße in Wien-Aspern 11,5 Megawatt installiert. Insgesamt erzeugt die Anlage 13 Gigawattstunden Strom und spart dabei 4.500 Tonnen CO₂ ein. Einerseits werden die Flächen dabei mit Jura-Schafen beweidet, was eine oft praktizierte Zusatznutzung bei Freiflächen darstellt.
Allerdings bringt dies bei ackerfähigen Böden meist nicht den nötigen volkswirtschaftlichen Nutzen. Also wird andererseits auch klassische Feldwirtschaft zwischen senkrecht stehenden bifazialen (also beidseitigen) Modulen betrieben. Für die Zukunft sucht die Wien Energie landwirtschaftliche Partner, die ihre Flächen zur Verfügung stellen.
Fokus auf Rückbaubarkeit
Auf einem als Industriegrundstück gewidmeten 5,5 Hektar großen Acker neben der Autobahn in Bruck an der Leitha hat die EWS Sonnenfeld 4 Millionen Euro in einen Energiepark investiert. Entscheidend ist auch hier, wie bei allen Projekten, die völlige Rückbaubarkeit. Die Steher für die Photovoltaikanlagen werden in den Boden gerammt und können nach Ende der Nutzungsdauer rückstandsfrei entfernt werden.
Für den Betreiber ergibt sich ein doppeltes Einkommen aus dem Ackerbau und dem Stromertrag. Auch dieser Agri-PV-Versuch wird von der Universität für Bodenkultur begleitet, um das optimale Verhältnis zwischen Paneelen und Kulturpflanzen und die geeignetste Art der technischen Umsetzung herauszufinden.
Gesetzliche Hürden
Generell könnte die Agri-PV eine ideale Ergänzung im Energiemix darstellen. Dafür müssen aber noch gesetzliche Hürden aus dem Weg geräumt werden. So wurden die ersten Versuchsanlagen alle nicht auf landwirtschaftlich gewidmeten Flächen errichtet. Ein Flaschenhals ist auch der Netzanschluss. Sinnvoll ist ein Energiepark nur, wenn eine Möglichkeit besteht, den gewonnenen Strom einzuspeisen.
Immer besser wird zumindest die Effizienz der PV-Platten. Sie sind zuletzt auch spürbar günstiger geworden. Dennoch bringt die Errichtung einer großen Anlage Kosten mit sich, die ohne die Mithilfe eines Investors nur schwer zu stemmen sind. Sind diese Anlaufschwierigkeiten einmal ausgeräumt, sollte dem Sonnenstrom vom Acker aber eine strahlende Zukunft bevorstehen.